Babler hält mit hochgehobenen Armen eine Rede vor sozialdemokratischen Gewerkschaftern in Wien.
SPÖ-Chef Andreas Babler jagt offenbar so manchem Unternehmen Angst ein.
APA/ROLAND SCHLAGER

Wer fürchtet sich vor einer linken SPÖ? Der Industrie ziehen die Schwerpunkte des neuen SPÖ-Chefs Andreas Babler echte Sorgenfalten auf. Die Stimmung bei den Unternehmen sei angesichts der Forderungen nach einer 32-Stunden-Woche und dem Ruf nach Vermögens- und Erbschaftssteuer denkbar schlecht, sagt Industriellenvereinigung-Generalsekretär Christoph Neumayer vor Journalisten. In der aktuellen Lage mit einem massiven Arbeitskräftemangel "eine 32-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich einzufordern ist gelinde gesagt absurd", sagte Neumayer. Man müsse nicht einmal einen Schulabschluss haben, "um zu verstehen, dass sich das nicht ausgeht".

Die Lage sei mit hoher Inflation, anstehenden Lohnverhandlungen und hohen Lohnstückkosten schwierig genug. Vor allem die vielen exportorientierten Betriebe würden Maßnahmen wie eine Arbeitszeitverkürzung mit einem Verlust der Wettbewerbsfähigkeit bezahlen, warnt der IV-General. Allein die 32-Stunden-Woche ginge mit Kostensteigerungen von 20 bis 25 Prozent einher. Wenig abgewinnen kann die Industrie einer Vermögenssteuer: "Das ist vor allem eine Schnüffelsteuer", so Neumayer. Wenn man über Verteilungsfragen rede, dann solle man gezielt gegen Armut vorgehen. Neumayer fordert – "bei aller Sehnsucht nach Romantik" –, ideologiefrei "über die Zukunft zu reden".

"Zurück in eine Leistungsgesellschaft"

Ähnlich tönt Julia Aichhorn, Chefin des steirischen Anlagenbauers Dr. Aichhorn Group und Bundesvorsitzende der Jungen Industrie, im Gespräch mit dem STANDARD. Auch sie verweist die 32-Stunden-Woche ins Reich der "Sozialromantik. Am Ende zahlen das die Kunden, oder die Betriebe sind nicht mehr wettbewerbsfähig", sagt Aichhorn. Eine Erbschaftssteuer fällt für die Steirerin unter "Neidsteuer", auch einer Vermögenssteuer kann sie nichts abgewinnen. "Wir sollten zurück in eine Leistungsgesellschaft kommen." Auch zu den Klimaklebern hat Aichhorn eine klare Meinung: "Was ändert das?" Der Klimakrise müsse man mit Verstand und Emotion zu Leibe rücken, "aber das heißt ja nicht, dass ich das Hirn ausschalten muss". Aichhorn sieht als eine der großen Herausforderungen die Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Abgesehen von Ganztagesschule hält sie hinsichtlich der Ferien einen Blick nach Australien für lohnenswert. Dort gibt es nach jedem Quartal zwei bis drei Wochen Ferien. Das wäre für berufstätige Eltern leichter zu bewerkstelligen, sagt Aichhorn.

Sie schließt sich der Forderung der Sozialpartner nach einem Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung im ersten Jahr an. Damit würden Arbeitskräfte mobilisiert, meint Aichhorn. Der Fachkräftemantel sei ohnehin ein Symptom davon, was alles nicht rundlaufe. Die Lehre sei unterbewertet, das habe man lange viel zu wenig gesehen. Dazu komme: Bildung sei nach wie vor stark vererbt. Kinder in Fremdbetreuung, so rasch wie möglich, damit würden viele Fliegen mit einer Klappe geschlagen, ist Aichhorn überzeugt. Das würde dem Karriereknick und den oft kargen Frauenpensionen entgegenwirken: "Ein Mann ist keine Altersvorsorge", das sei in den Köpfen der Österreicherinnen noch nicht ausreichend verankert. (Regina Bruckner, 20.6.2023)