In der Klinik Ottakring ist Ende kommender Woche ein symbolischer einstündiger Warnstreik geplant. Ärztinnen und Ärzte der Zentralen Notaufnahme (ZNA) wollen damit am 30. Juni zwischen 10 Uhr und 11 Uhr auf die prekäre Personalsituation hinweisen. Die Arbeitsniederlegung wird von einem eigenen kleinen Streikkomitee mit zehn Personen organisiert und von der Wiener Ärztekammer unterstützt. Nicht beteiligt sind aber die Personalvertretung in der Klinik sowie die zuständige Gewerkschaft Younion – deren Vorsitzender SPÖ-Gemeinderat Christian Meidlinger ist. In der Abteilung arbeiten 27 Ärztinnen und Ärzte.

Die Wogen gehen vor dem Warnstreik zwischen der Ärztekammer auf der einen Seite sowie der Stadt Wien und dem Gesundheitsverbund (Wigev) auf der anderen Seite hoch. Hintergrund ist auch die Tatsache, dass bisher keine weiteren Spitalsabteilungen in Wien dem Beispiel in der Klinik Ottakring gefolgt sind und öffentlich Streiks angekündigt haben. Dabei hatte die Ärztekammer vergangene Woche in einer E-Mail an alle angestellten Ärztinnen und Ärzte in Wien dazu aufgefordert, "selbst Streikbeschlüsse auf Abteilungs- und Hausebene zu fällen".

Klinik Ottakring, Zentrale Notaufnahme
Der symbolische Warnstreik in der Notaufnahme der Klinik Ottakring ist für eine Stunde geplant. Die Notfallversorgung soll sichergestellt sein.
Heribert Corn

Streiküberlegungen in anderen Spitälern

Aus der Kammer ist zu vernehmen, dass auch in anderen Abteilungen von städtischen Spitälern Streiküberlegungen gewälzt werden. Stefan Ferenci, geschäftsführender Vizepräsident der Wiener Ärztekammer, sagt im Gespräch mit dem STANDARD: "Wir haben momentan das Gefühl, dass der Wigev und die Stadt Wien mit einer Mischung aus Drohungen und Versprechungen, die nicht eingehalten werden können, versuchen, weitere Abteilungen davon abzuhalten, in den Streik zu treten." Konkreter will Ferenci auf Nachfrage vorerst nicht werden. Im Krankenhaus Ottakring wird hinter vorgehaltener Hand bestätigt, dass der Wigev zuletzt zugestimmt hat, eine der Forderungen des Streikkomitees der Notaufnahme zu erfüllen: Es ging hier um die Anschaffung eines Ultraschallgeräts. Gefordert wurden zudem mindestens 20 Prozent mehr Personal für die Abteilung, mehr Geld und weniger Rettungszufahrten.

Der in die Kritik geratene Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) ging am Dienstag im Gemeinderat in die Offensive. Er erläuterte in der Fragestunde den Status quo in der ZNA in Ottakring: Demnach gebe es beim Pflegepersonal "faktisch Vollbesetzung", bei den Dienstposten für ärztliches Personal betrage der Deckungsgrad 88 Prozent. Allerdings seien von den rund 23 Posten für Oberärztinnen und Oberärzte nur sechs mit vollzeitbeschäftigten Medizinern besetzt. Laut Hacker stelle sich die Frage, warum der ärztliche Direktor so viele Nebenbeschäftigungen seiner Mitarbeiter genehmigt habe.

Herausfordernder Job

Aglaia Kotal, Ärztin und Sprecherin des Streikkomitees in Ottakring sowie auch SPÖ-Bezirksrätin, reagierte wenig später darauf: "88 Prozent Deckungsgrad bedeutet, dass wir auch, wenn niemand krank ist, niemand im Urlaub ist, niemand auf Fortbildung ist, niemals zu 100 Prozent besetzt sind. Ich wünsche niemandem, unter solchen Bedingungen arbeiten zu müssen." Den Vorwurf der Nebenbeschäftigungen von Medizinern verteidigte sie mit dem physisch wie psychisch extrem herausfordernden Job in der Notaufnahme. "Die Arbeitsbedingungen sind nicht mit einer Normalstation vergleichbar."

Stadtrat Hacker kritisierte auch direkt die Ärztekammer – oder zumindest die Gruppe rund um Ferenci: Diese habe beschlossen, in einen persönlichen Krieg mit dem Wigev zu ziehen. "Die Ärztekammer möchte das Tohuwabohu haben." Mit der Personalvertretung gebe es hingegen hervorragende Gespräche. Bei der Standesvertretung ortete Hacker einen "Nervositätsmechanismus".

In den Vorbereitungen für den einstündigen Warnstreik in Ottakring wird vonseiten des Streikkomitees auch eine Rettungssperre beantragt. Zwischen 9 Uhr und 11 Uhr, so lautet die Forderung, sollen demnach keine Rettungen die Notaufnahme ansteuern, um den Streik abhalten zu können. Die Akut- und Notfallversorgung werde aber jedenfalls sichergestellt sein, wurde betont. Hacker bekräftigte hingegen im Gemeinderat, dass es diese temporäre Rettungssperre für die Klinik Ottakring nicht geben werde.

Reformen in der Steiermark

Auch vor den Spitälern in der Steiermark macht die Personalnot nicht halt. Am Dienstag kündigte Gesundheitslandesrätin Juliane Bogner-Strauß (ÖVP) Maßnahmen bei der steiermärkischen Krankenanstaltengesellschaft (Kages) an: Demnach werden die 21 Standorte in Spitäler für planbare Eingriffe und in jene für kaum planbare und akute Eingriffe aufgeteilt. Mit 1. September erhalten alle Kages-Mitarbeitende mehr Geld: Die Lohnsteigerungen bewegen sich für viele im zweistelligen Prozentbereich. Gleichzeitig muss künftig mehr Personal aufgrund der Spezialisierung in andere Spitäler pendeln. (David Krutzler, 20.6.2023)