Die Wiener Bauordnungsnovelle 2023 nimmt langsam konkrete Formen an. Einen Begutachtungsentwurf gibt es zwar immer noch nicht, er soll aber Ende kommender Woche vorliegen. Das Wohnbauressort der Stadt hat am Donnerstag die Eckpunkte daraus in einer Unterlage vorgestellt. Ein geplantes Mediengespräch musste kurzfristig abgesagt werden.

Fassadenbegrünungen wie hier in Bratislava sollen künftig auch in Wien leichter umsetzbar werden.
Getty Images/iStockphoto

Die Schwerpunkte der Novelle werden laut dem nun vorliegenden Papier auf Dekarbonisierung, Ausbau von Photovoltaik, Entsiegelung, Begrünung, Altbauschutz, Mobilität und Kampf gegen Kurzzeitvermietungen liegen.

Weniger Kurzzeitvermietungen

Beim letztgenannten Punkt ist eine Ausweitung der Wohnzonenregelung geplant. Seit 2018 sind Kurzzeitvermietungen über Plattformen wie Airbnb in Wohnzonen verboten, und auch außerhalb soll es nun "Regeln" geben.

Denn durch die Wohnzonenregelung sei enormer Druck aus den Bezirken entstanden, bei Flächenwidmungsvorhaben großzügige Wohnzonen vorzusehen, berichtet Neos-Chefverhandlerin und Wohnbausprecherin Selma Arapović dem STANDARD. "Das schießt aber übers Ziel hinaus, denn wir wollen ja keine Schlafstädte, sondern 15-Minuten-Städte mit Handel und Gewerbe." All dies wäre in Wohnzonen aber ebenfalls untersagt.

SPÖ und Neos einigten sich also auf neue strenge Regelungen für Kurzzeitvermietungen. Diese werden Aufenthalte bis zu 30 Tagen betreffen, das definiere man nun erstmals in der Bauordnung, sagt Arapović. Insgesamt soll dieses sogenannte Homesharing dann für bis zu 90 Tage im Jahr weiterhin erlaubt sein, alles darüber wird aber nur in Ausnahmen noch möglich sein. Zur Kontrolle der Maßnahmen ist ein Abgleich mit der Ortstaxenerhebung geplant.

Besserer Altbauschutz

Ebenfalls neuerlich verschärft wird der Altbauschutz. Wenn bei einem bestehenden Gebäude durch eine sogenannte Aufkategorisierung von Kategorie D auf A, also eine Sanierung oder sonstige Erneuerung des Gebäudes oder der Ausstattung, höhere Mieten verlangt werden können, soll dies künftig bei der Berechnung der "wirtschaftlichen Zumutbarkeit" ausdrücklich berücksichtigt werden.

Abbruchbescheide wegen "wirtschaftlicher Abbruchreife" sollten damit deutlich erschwert werden, jedenfalls nach den Plänen der Wiener Koalitionäre.

Weniger Pflichtstellplätze

Beim Punkt Mobilität ist eine weitere Reduktion der Stellplatzverpflichtung geplant, allerdings offenbar nicht wirklich in drastischem Umfang. Eine Zonenregelung wie in Zürich soll kommen, also eine Lösung, die nach Zentrumsnähe beziehungsweise öffentlicher Anbindung differenziert. Dafür wird die Stadt in drei Zonen eingeteilt, abhängig von der Erreichbarkeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln.

In Zonen mit besonders guter öffentlicher Anbindung soll die bestehende Verpflichtung, die seit 2014 "ein Stellplatz pro 100 Quadratmeter Wohnraum" lautet, auf 70 Prozent gesenkt werden dürfen. In der nicht ganz so gut angebundenen Zone 2 werden es 80 Prozent sein, in Zone 3 weiterhin 100 Prozent der Stellplatzverpflichtung.

Weitere zehn Prozent sollen möglich sein, wenn Bauwerber beispielsweise "Carsharing-Angebote oder über das verpflichtende Ausmaß hinausgehende E-Ladepunkte vorsehen". Das "verpflichtende Ausmaß" bei der E-Ladeinfrastruktur soll künftig lauten: Jeder zehnte Stellplatz in einem Wohngebäude muss mit einem Ladepunkt ausgestattet werden, bei Nichtwohngebäuden muss auch nachgerüstet werden.

In Zürich, das als Vorbild für diese Regelung gilt, geht es in zentrumsnahen Gegenden bis auf zehn Prozent der Stellplatzverpflichtung hinunter. Auf eine solch starke Reduzierung konnte man sich offenbar nicht einigen; Neos-Verhandlerin Arapović sieht dennoch in der neuen Regelung immerhin einen "Zwischenschritt" zu einer späteren nochmaligen Reduzierung. "Wichtig ist, dass man eine solche Regelung einmal in der Bauordnung verankert."

Geringere Raumhöhe als Ausnahme

Beim Punkt Dekarbonisierung, der so wie die Mobilität zum Überthema "Klimaschutz und Klimawandelanpassung" gehört, sollen unter anderem Erdwärmesonden künftig gänzlich bewilligungsfrei werden. Eine etwas unorthodoxe Maßnahme in diesem Zusammenhang ist auch die ausnahmsweise Verringerung der Mindestraumhöhe, wenn in Bestandsgebäuden "Flächenwärmeabgabesysteme" wie etwa Infrarot-Deckenpaneele eingebaut werden sollen.

Die Mindesthöhe eines Aufenthaltsraums liegt bei 2,50 Meter, für solche Ausnahmen sollen künftig auch 2,40 Meter erlaubt sein. Nebengebäude für technische Infrastruktur wie beispielsweise für die Einhausung einer Wärmepumpe sollen über eine Sonderbestimmung ermöglicht werden.

Photovoltaik und Begrünungen

Nicht eingeschränkt, sondern ausgeweitet wird andererseits die seit 2020 geltende Solarverpflichtung für Wohnbauten. Derzeit gilt hier ein Schlüssel von 1 kWp pro 300 Quadratmeter Bruttogeschoßfläche, die an solarer Leistung herzustellen ist. Das soll nun verdoppelt werden.

Ausnahmen für die Bauklasse I und für Kleingartenhäuser entfallen beziehungsweise soll es künftig eine verpflichtende Schaffung von Ersatzflächen geben, falls die Errichtung von Solaranlagen aus rechtlichen, technischen oder wirtschaftlichen Gründen oder aus Gründen des Ortsbildschutzes im Einzelfall nicht möglich sein sollte.

Auch Fassadenbegrünungen sollen leichter möglich werden. Rankgerüste dürfen künftig um bis zu 20 Zentimeter über Fluchtlinien ragen. Für die ersten drei Geschoße wird die Errichtung von Rankgerüsten außerhalb von Schutzzonen gänzlich bewilligungsfrei, darüber hinaus bloß noch anzeige-, nicht bewilligungspflichtig.

Städtebauliche Verträge: Veröffentlichungspflicht

Ein paar weitere wesentliche Neuerungen sind in der am Donnerstag bereitgestellten Unterlage nur kurz angerissen. Dazu zählt etwa eine Veröffentlichungspflicht für die "wesentlichen Inhalte von städtebaulichen Verträgen" auf der Website der Stadt Wien. Ein Punkt, der den Neos besonders wichtig war. Außerdem werden hier diverse Verfahrensvereinfachungen und -beschleunigungen erwähnt – Maßnahmen, die insbesondere der Immobilienwirtschaft besonders wichtig wären.

Da der Begutachtungsentwurf noch nicht vorliegt, lässt sich noch nicht im Detail beurteilen, wie gut sich all diese Pläne letztlich umsetzen lassen. Wie schon erwähnt, sollte der Entwurf Ende der kommenden Woche vorliegen.

Beschluss im Herbst geplant

Sechs Wochen wird die Begutachtung dauern, nach dem Sommer soll die Novelle dann im Landtag beschlossen werden. Wann genau sie in Kraft treten wird, lässt sich noch nicht sagen. Falls es der 1. Jänner 2024 wird, dann dürfte aus der "Bauordnungsnovelle 2023" eine "Bauordnungsnovelle 2024" werden. (Martin Putschögl, 22.6.2023)