Kika/Leiner: Ex-Chef und Ex-Eigentümer weisen Vorwürfe zurück
"Die gesetzlichen Bestimmungen wurden immer eingehalten", betont der frühere Geschäftsführer Reinhold Gütebier.
APA/HELMUT FOHRINGER

Wien / St. Pölten – Nach der Insolvenz von Kika/Leiner unmittelbar nach dem Verkauf von Rene Benkos Signa-Gruppe an den Investor Hermann Wieser gibt es heftige Kritik am früheren Eigentümer. Der frühere Geschäftsführer Reinhold Gütebier und Signa-Vorstand Christoph Stadlhuber wiesen am Donnerstag in Interviews mit "Kurier" und "Presse" alle Vorwürfe zurück. Insbesondere habe es keinen Anlass gegeben, eine Insolvenz des Möbelhändlers anzumelden, die Sanierung sei auf Kurs gewesen, sagen beide.

"Wir waren bei Kika/Leiner auf einem Weg der Strukturierung und Sanierung", so Stadlhuber in der "Presse". Bei der Übernahme 2018 habe das Unternehmen 70 Millionen Euro Ebitda-Verlust (Gewinn vor Zinsen, Abschreibungen und Steuern) geschrieben, 2021 habe das Minus nur mehr 3,9 Millionen Euro betragen. Noch im Vorjahr sei die Umsatzentwicklung "im Plan" gewesen, erst heuer habe es Umsatzeinbrüche gegeben. Signa habe von der Übernahme bis zum Verkauf 140 Millionen Euro zugeschossen, zuletzt noch heuer.

Signa hätte keine Insolvenz einleiten müssen, betont Stadlhuber, "die gesetzlichen Bestimmungen wurden immer eingehalten" und "allfällige Vorwürfe einer Insolvenzverschleppung sind unbegründet und treffen nicht zu". Auch Gütebier sagt auf mehrmaliges Nachfragen im "Kurier": "Es bestand für mich kein Anlass, Insolvenz anzumelden." Denn "wir waren auf dem Weg der Sanierung. Der Eigentümer hat investiert." 2018 sei das Unternehmen kurz vor der Insolvenz gestanden, aber "Signa hat dies durch die Übernahme verhindert. Tausende Arbeitsplätze blieben deshalb über Jahre erhalten." Die laufende Finanzierung des Unternehmens sei gesichert gewesen. "Bis 2024 hätten wir auch die Steuerrückzahlungen aus den Stundungen in der Coronazeit bedienen können."

Verkauf als "strategische Entscheidung"

Die Einleitung eines Sanierungsverfahrens sei eine Entscheidung des neuen Eigentümers, so Stadlhuber. Allerdings räumt er ein, dass er nicht von einem "sehr guten Investment" Signas beim Verkauf gesprochen hätte, wenn er mit dem Verlust vieler Arbeitsplätze nach dem Verkauf gerechnet hätte. Der Verkauf sei nur der strategischen Entscheidung geschuldet gewesen, sich aus dem österreichischen Möbelhandel zurückzuziehen. Stadlhuber vermied eine Antwort, von wem die Verkaufsinitiative ausgegangen sei. Mit dem Geld aus den Immobilienverkäufen sei ein Bankkredit getilgt worden. Gütebier wiederum verweist darauf, dass der Verkauf eine Entscheidung des Eigentümers sei: "Wir wurden in der Geschäftsführung im März darüber informiert, dass es Kaufinteressenten gibt."

Die Mieten lagen pro Quadratmeter knapp über drei Euro und seien damit "viel niedriger als zu Zeiten von Steinhoff", also dem Kika/Leiner-Eigentümer vor Signa, gewesen, hebt Stadlhuber hervor. Gütebier nennt die drei Euro pro Quadratmeter "eine mehr als adäquate Miete für den Möbelhandel". Außerdem "haben wir von Vermieterseite substanzielle Zuschüsse erhalten". Laut Stadlhuber hat Signa seit 2018 keine Mieten erhöht. "Die Mieten waren nur indexiert." Die Miete habe sieben Prozent vom Umsatz ausgemacht und sei unter den im Möbelhandel marktüblichen Mieten gelegen. Gütebier rechnet vor, dass die Mietzahlungen "in Summe über die Jahre betrachtet annähernd gleich geblieben" seien.

Verschmelzung ohne "bilanziellen Hintergrund"

Bei den Covid-Hilfen habe es keine Sonderregelung für Kika/Leiner gegeben. Die Verschmelzung der beiden Möbelfirmenzu einer gemeinsamen GmbH sei "Teil der Restrukturierungsmaßnahmen" gewesen, "mit hohem Einsparungspotenzial bei den Verwaltungskosten und Overhead-Kosten. Einen bilanziellen Hintergrund hatte das nicht", sagte Stadlhuber der "Presse". "Viele unrichtige Sachverhaltsannahmen, die in der Öffentlichkeit diskutiert werden", könnten in der aktuellen Prüfung aufgeklärt werden.

Unter Signa seien nur "punktuell Schließungen diskutiert" worden, "nur dort, wo Kika- und Leiner-Standorte im gleichen Einzugsgebiet liegen. Wir hätten vielleicht sechs bis acht Schließungen in Erwägung gezogen", sagte Gütebier im "Kurier". Druck auf ihn habe es zu keiner Zeit gegeben. Zwar lägen schon alle "wesentlichen" Dokumente bei Kika/Leiner, aber Signa stehe für alle Fragen des vom Insolvenzgericht eingesetzten Sonderverwalters zur Verfügung, verspricht Stadlhuber. (APA, 22.6.2023)