Die Schulden der Kika/Leiner-Kette betragen rund 340 Millionen Euro.
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Wien / St. Pölten – Die Insolvenz des Möbelhauses Kika/Leiner zieht immer weitere Kreise. Wie der AKV Europa (Alpenländische Kreditorenverband) Mittwochfrüh berichtet, hat das Insolvenzgericht einen besonderen Verwalter bestellt. Der Wiener Rechtsanwalt und Insolvenzrechtsexperte Stephan Riel soll die medialen Vorwürfe aufarbeiten und allfälliger Ansprüche gegen Gesellschafter und Organe sowie allfälliger Dritte für den Zeitraum vor der Insolvenzeröffnung überprüfen.

Der zuvor bestellte Insolvenzverwalter Volker Leitner soll sich vor allem auf das operative Geschäft konzentrieren, der besondere Verwalter ist an keine Weisungen von ihm gebunden. Riel war schon in das Insolvenzverfahren rund um die Alpine Bau involviert. Zwei Wochen nach dem Verkauf der beiden Möbelhäuser durch die Signa-Gruppe von René Benko hatte der Käufer, der Investor Hermann Wieser, Insolvenz angemeldet. Danach wurde bekannt, dass Kika und Leiner schon seit Jahren Verluste schreiben.

1.096 Beschäftigte zur Kündigung angemeldet

Laut AKV ist der besondere Verwalter auch deswegen bestellt worden, damit "die zeitintensive und aufwendige Prüfung möglicher Ansprüche den normalen Ablauf eines Insolvenzverfahrens nicht gefährdet". Die Insolvenzexperten des AKV gehen davon aus, dass der Fokus des besonderen Verwalters vor allem auf Ansprüche aufgrund einer möglichen Insolvenzverschleppung sowie der Verschmelzung der Kika Möbelhandelsgesellschaft m.b.H. und der Rudolf Leiner Gesellschaft m.b.H. gerichtet sein wird. In der Insolvenzdatei der Justiz (Ediktedatei) heißt es heute zur Aufgabe von Riel, dieser sei für die "Prüfung der Ursachen des Vermögensverfalles" zuständig.

Laut Insolvenzverwalter Leitner wurden mittlerweile 1.096 Beschäftigten von den Filialen, die geschlossen werden, beim AMS zur Kündigung angemeldet. Die weiteren betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus den Bereichen Logistik und Zentralverwaltung würden Zug um Zug bis spätestens Ende September 2023 folgen. Die Gehälter seien durch den Insolvenzentgeltsicherungsfonds gesichert, dies betreffe auch sämtliche Sonderzahlungen, hieß es Mittwochmorgen zur APA.

FPÖ fordert Untersuchungsausschuss

Die FPÖ fordert derweil einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss zur Insolvenz. Mit der SPÖ beginne man dazu Sondierungsgespräche und empfange positive Signale, sagte der freiheitliche Generalsekretär Christian Hafenecker am Mittwoch in Wien. Er ortet "einen weiteren ÖVP-Skandal der ersten Güte" und mögliche Gefälligkeiten oder gar Amtsmissbrauch im Sinne von Investor René Benko und dessen Signa, die Kika/Leiner kurz vor der Insolvenz mit Gewinn verkauft hat.

Das alles sei geschehen, während fast 2.000 Menschen ihren Job im Zuge der Kika/Leiner-Insolvenz verlieren. Dazu komme, dass der "Kika/Leiner-Deal der Signa etwa 300 Millionen Euro Gewinn in die Taschen von Benko und dessen Teilhaber spült und 150 Millionen Euro Steuerschulden bleiben, die die Steuerzahler ausbaden müssen".

Verweis auf Cofag-Hilfen 

Daher gebe es vieles, aber in erster Linie drei zentrale Punkte in einem U-Ausschuss aufzuklären, sagte der FPÖ-Politiker vor Journalistinnen und Journalisten. "Wie weit hat die schwarz-türkise ÖVP Herrn Benko bei diversen Investments Vorschub geleistet, inwieweit gab es gegenseitige Gefälligkeiten, Amtsmissbrauch?". "Hat es eine Insolvenzverschleppung durch Wegschauen der Behörden gegeben?". "Was ist mit den 150 Millionen Euro und wie können wir die raschest von Benko zurückbekommen?".

Wenn die Sozialdemokraten die Corona-Hilfsagentur Cofag im Rahmen eines neuen U-Ausschusses aufgeklärt haben wollen, dann sei man als freiheitliche Partei auch dafür. Schließlich spielten die von der Cofag ausbezahlten Hilfen an Kika/Leiner auch eine Rolle, das Unternehmen sei schon in Schieflage gewesen, als es Hilfen ohne Sicherheiten bekam, kritisierte Hafenecker. (APA, red, 21.6.2023)