Es ist die erste umfassende Abschätzung zum CO2-Ausstoß der öffentlichen Beschaffung – also der gesamten Einkäufe des Staates. Eine neue Studie des Instituts für Wirtschaftsforschung (Wifo) im Auftrag der Arbeiterkammer beziffert die Emissionen, die der Staat dabei verursacht, mit jährlich 19 Millionen Tonnen CO2. Die Ausgaben, die der Staat dabei tätigt, quantifiziert die Studie mit zuletzt rund 70 Milliarden Euro im Jahr, das sind rund 18 Prozent des österreichischen BIPs. Mit dem Geld werden etwa Gebäude und Infrastruktur errichtet, medizinische Güter gekauft oder IT-Waren und -Dienstleistungen bezogen.

Öffentliche Investitionen, Bau, Infrastruktur, Emissionen
Der größte Teil öffentlicher Investitionen fließt in den Bau von Infrastruktur. Hier verursacht der Staat rund 30 Prozent seiner Emissionen
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"Wir wollen damit aufzeigen, welche Sektoren bei der Einsparung von CO2 besonders wichtig sind", erklärt Wifo-Ökonom Michael Klien. Ganz vorne liegt dabei das Bauwesen mit knapp über 30 Prozent der öffentlichen Emissionen. Medizinische Güter sorgen für rund 15 Prozent und IT-Waren und -Dienstleistungen für sieben Prozent.

Damit Österreich die Klimaziele erreicht, müssen die Emissionen sinken. Ein Schlüssel dazu liege in der staatlichen Auftragsvergabe – sie müsste sehr viel strengere Kriterien ansetzen, so Klien. "Öffentliche Unternehmen sind zwar auch heute schon zu einer umweltorientierten Beschaffung verpflichtet. Aber der Auslegungsspielraum, was das genau bedeutet, ist groß."

Direkt in Österreich wird nur rund ein Drittel der Emissionen der Beschaffung verursacht. Der Rest entsteht in der globalen Lieferkette. Entsprechend wichtig sei, die Vorleistungen im Ausland bei Klimaschutzplänen mitzudenken, betont die Studie.

Öffentlicher Kapitalstock umfasst 500 Milliarden Euro

Nicht nur bei der Beschaffung, auch bei seinem bestehenden Kapitalstock hat der Staat einen großen Hebel in der Hand. Dieser wird, so schließt eine Studie der TU Wien und des Umweltbundesamts im Auftrag der AK, kaum genutzt. "Forscherinnen haben erstmals untersucht, welches Klimapotenzial eigentlich in der öffentlichen Hand steckt. Entdeckt haben sie einen schlafenden Riesen", sagt Lukas Oberndorfer, Leiter der Abteilung Umwelt und Verkehr bei der der AK Wien.

In Zahlen: Den öffentlichen Kapitalstock – also das gesamte Eigentum von Bund, Ländern, Gemeinden und öffentlichen Unternehmen – beziffert die Studie für 2021 mit 500 Milliarden Euro. Und diese Summe, die zum ersten Mal erhoben wurde, sei konservativ gerechnet, erklärt Oberndorfer. Um die Energieversorgung, die Gebäude und den Verkehr in öffentlicher Hand in die Klimaneutralität zu führen, wären bis 2030 rund 68 Milliarden Euro an Investitionen nötig. 

Somit wäre es nötig, dass Investitionen in den Umbau zumindest vier Prozent der öffentlichen Gesamtinvestitionen ausmachen. "Heute macht der Staat genau der Gegenteil", kritisiert Oberndorfer. So seien die dafür vorgesehenen Ausgaben von 3,5 Prozent auf 3,3 Prozent gesenkt worden – dabei fehle in der Budgetplanung 2026 bereits jetzt rund eine Milliarde Euro, um das Investitionsniveau zumindest konstant zu halten.

Staat könnte Planungssicherheit schaffen

Eine Schlüsselrolle beim Umbau hätten die Gemeinden, so Oberndorfer. Sie stünden vor enormen Herausforderungen, hätten aber kaum Finanzierung dafür. Dennoch wird der kommunale Investitionsfonds eingestellt, wie die AK kritisiert. 

In einem zweiten Szenario zeigt die Studie auch auf, was es bräuchte, um die Klimaziele zu erreichen. Ein Ergebnis: Rund die Hälfte jener Investitionen, die es brauchen würde, damit Österreich seinen Beitrag zu den Pariser Klimazielen leistet, könnten von der öffentlichen Hand kommen. "Das würde Planungssicherheit für die Privatwirtschaft schaffen", so Oberndorfer.

Aus Sicht der AK müsste dieses Geld etwa in den Ausbau erneuerbarer Energieanlagen, des Stromnetzes und der Strom- und Energiespeicher, der öffentlichen Verkehrsmittel und der Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge sowie das ÖBB-Schienennetz fließen. Gleichzeitig könnten Teile des Kapitalstocks, der Umwelt und Klima schadet, rückgebaut werden, so die Studie – in erster Linie durch den Rück- und Umbau von Straßen, wenn gleichzeitig Zugverbindungen ausgebaut würden. (Alicia Prager, 23.6.2023)