E-Scooter sind einigermaßen in der breiten Bevölkerung angekommen. Immerhin werden sie von 15 Prozent aller Menschen ab 16 Jahren genutzt, wenn man nach Zahlen aus Deutschland geht, die der ADAC im Mai veröffentlicht hat. Immerhin 45 Prozent davon setzen primär auf ein eigenes Gerät anstelle der Leihroller von Bird, Lime und Co.

Ein Blick auf eine Marktanalyse auf Basis von Versicherungsdaten aus dem Jahr 2021 zeigt allerdings, dass in diesem Segment chinesische Hersteller dominieren. Gut ein Drittel der Nutzer setzen demnach auf Produkte von Xiaomi oder dem zum Konzern gehörenden Unternehmen Segway-Ninebot. Doch es tut sich etwas. In Österreich probiert es neben der KSR Group unter anderen auch Comscoot. Die Firma hat ihren Sitz im südsteirischen Lebring und will sich besonders mit langem Support hervorheben. Ihr Scooter-"Flaggschiff" nennt sich Comscoot Performance und wird um 990 Euro verkauft, DER STANDARD hat sich damit auf Testfahren gewagt.

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Doch bevor es um den Roller selbst geht, ist ein kurzer Exkurs zum Versprechen der Firma angebracht. Der Scooter selbst wird zwar in China gefertigt. Der Aftersale-Support – von Beratung über Reparaturen bis zu Lagerung und Versand von Ersatzteilen – läuft aber ausschließlich in Österreich. Damit verbleibt zumindest ein Teil der Wertschöpfungskette abseits der Distribution im Land. Zumindest sieben Jahre lang garantiert man die Verfügbarkeit von Ersatzteilen im eigenen Lager. Darüber, wie es nach diesem Zeitraum aussieht, kann man noch keine konkreten Angaben machen. Besitzer der Scooter finden auf der Website auch Informationen und Videos zu Reparaturarbeiten, wobei die Sammlung an Anleitungen sukzessive vergrößert werden soll.

Während Dinge wie Bereifung oder Bremskabel sich auch recht unproblematisch über Dritthersteller organisieren lassen, ist die Versorgung mit Einzelteilen besonders hinsichtlich der Elektronik relevant. Dabei spielt besonders der Akku eine Rolle, zumal dieser gerade bei intensiver Nutzung des Rollers nach ein paar Jahren deutlich an Kapazität abbaut. Auch dieser soll sieben Jahre lang verfügbar sein und lässt sich ohne Bastelei tauschen.

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Der Energiespeicher kommt auf eine Kapazität von nominell 350 Wh, die eingesetzten Zellen werden laut Hersteller von LG zugeliefert. Er sitzt in einem Fach unter dem Trittbrett, aus dem man ihn mittels eines Schlüssels (zwei sind beigelegt) "befreien" kann. Das eröffnet die Möglichkeit, die Reichweite durch das Mitführen eines Reserveakkus zu steigern, aber auch den Akku ans Ladegerät zu stecken, während der Scooter in der Abstellkammer bleibt. Aber auch am Roller selbst findet sich rechts des Trittbretts ein mit robuster Abdeckung versehener Anschluss.

Der Aufbau des Rollers ist nur geringfügig schwerer als bei vielen anderen Modellen. Der Lenker ist gleich mit acht Schrauben an der Stange zu sichern, die ebenfalls hinter einer Abdeckung versteckt sind. Das Bremskabel muss mit etwas Kraftaufwand am entsprechenden Hebel fixiert werden. Die schlauchlosen 10-Zoll-Luftreifen sind ab Werk ausreichend aufgepumpt. Wer auf Nummer sicher gehen will oder mit der Papieranleitung Probleme hat, kann auch auf ein Aufbauvideo zugreifen.

In der voluminösen Verpackung befindet sich allerlei Zubehör. Neben drei Inbusschlüsseln und einem Pumpenadapter legt Comscoot auch eine Ersatzschraube, ein Kettenschloss mit Zahlencode sowie eine am Griff montierbare Handyhalterung bei.

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Wie vorgeschrieben, bringt der Roller zwei Bremssysteme mit. Am Vorderrad findet sich die Trommelbremse, dazu kommt eine elektronische Bremse für den Motor am Hinterrad. Auch die Beleuchtung entspricht den behördlichen Vorgaben, das Rücklicht geht beim Bremsen zudem automatisch an. Dazu gibt es eine schön laute, helle Klingel. Was leider fehlt, ist ein Blinker, sodass Abbiegevorhaben per Handzeichen zu signalisieren sind. Blinker, die sich an die Lenker stecken lassen, können aber für ein paar Euro nachgerüstet werden.

Die Beschleunigung wird mit einem Daumenhebel auf der rechten Seite geregelt, alle weiteren Funktionen mittels einer Taste unter dem Display. Dieses zeigt in großen Ziffern die Geschwindigkeit und dazu mit Symbolen den genutzten Modus, Lichtbetrieb und ob der Tempomat aktiviert ist. Die Darstellungshelligkeit ist gut, unter direktem Sonnenlicht könnte es aber besser ablesbar sein. Angetrieben wird der Performance von einem Motor, der 450 Watt Dauerleistung liefert und maximal 740 Watt Peakleistung erreicht.

Das Gesamtpaket ist sehr gut verarbeitet und erweckt einen stabilen Eindruck. Der Roller ist mit 20 Kilogramm aber auch nicht ganz leicht. In ausgeklappter Form liegen die Maße bei 114 x 45 x 117 cm, eingeklappt bei 118 x 45 x 38 cm. Das Trittbrett kommt auf etwa 48 x 18 cm, der Abstand davon zu den Griffen (Oberkante) kommt auf ungefähr 97 cm. Für Menschen zwischen geschätzt 160 und 190 cm Körpergröße sollte der Scooter daher komfortabel zu fahren sein. Höhenverstellbar ist die Lenkstange nicht. Als maximale Traglast (Fahrer plus Fracht) werden 120 Kilogramm angegeben.

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Griffe und Trittbrett bieten guten Grip, verantwortlich dafür ist ein wertig wirkender Gummibezug. Das Trittbrett hätte etwas länger ausfallen können, zwei Füße passen in der Regel nur darauf, wenn man einen seitwärts stellt oder am hinteren Kotflügel rasten lässt. Damit wäre aber höheres Gewicht einhergegangen – und der Roller ist auch so schon kein Leichtgewicht.

Gut gelöst ist der Klappmechanismus. Ein ins Design der Lenkstange integrierter Hebel, gepaart mit etwas Gegendruck auf die Lenkstange, ermöglicht das schnelle Einklappen, wobei man den Lenker am Kotflügel einrasten und den Scooter einfach transportieren kann. Wer den Scooter abstellen will, findet dafür einen schönen breiten Standfuß, mit dem das Vorderrad vom Boden abgehoben wird. Damit ist der Comscoot Performance deutlich weniger vom Umkippen gefährdet als Roller mit dem typischen "Stäbchen".

Aber nun zum Wichtigsten: Wie fährt sicher der Scooter? Hat man sich an das Format des Trittbretts gewöhnt, muss man sich zunächst auch noch damit arrangieren, dass sowohl Beschleunigung als auch Tommelbremse und Klingel mit der rechten Hand gemanagt werden müssen. Generell ist zwar für Bremsmanöver die elektronische Variante – weil am Hinterrad – zu empfehlen, gerade wenn man schnell zum Stillstand kommen will, bleibt die mechanische Lösung aber erste Wahl.

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Der Scooter beschleunigt angenehm gleichmäßig und schaffte es mit 90 Kilogramm schwerer Testperson auf ebenem, trockenem Asphalt in circa sieben Sekunden von 0 auf die maximal möglichen 25 km/h im Sportmodus. Der Bremsweg bei ebenjenen Bedingungen liegt mit der Trommelbremse bei rund sechs Metern, mit der elektronischen Bremse fährt man bis zu zwei Meter weiter.

Selbst bei solchen Bremsmanövern, die man nur im Notfall durchführen sollte, zeigt sich der Scooter sehr fahrstabil, das Heck des Rollers brach dabei so gut wie gar nicht aus. Das liegt nicht nur an den recht breiten 10-Zoll-Reifen, sondern auch an einer günstigen Schwerpunktverteilung.

Es stehen noch zwei andere Geschwindigkeitsmodi mit 12 und 20 km/h zur Auswahl. Auch hier hält sich der Scooter brav ans Limit. Laut Herstellerangaben nutzt der Scooter ein System für Energierückgewinnung im Leerlauf. Das fällt aber fast nicht auf, man kann mit ihm ganz ohne Motorunterstützung nahezu ungebremst bergab rollen. Paradoxerweise führt das dazu, dass man auf diesem Wege auch über 25 km/h fahren kann (verkehrsrechtlich unbedenklich), was dazu führt, dass bei Betätigung des Beschleunigungshebels zunächst die elektronische Bremse zur Entschleunigung anspringt.

Die 740 Watt Peakleistung zeigen sich vor allem beim Fahren bergauf. Wo günstigere Scooter, die meist mit um die 300 Watt Dauerleistung und 500 bis 600 Watt Peak operieren, bei spätestens 7 bis 8 Grad Steigung teils auf 10 km/h oder weniger absacken, verliert der Comscoot Performance nur kurz zwei bis drei km/h, um dann wieder auf 25 km/h zu beschleunigen. Selbst dabei bleibt der Motor aber recht leise. Wie bei Scootern typisch, lässt die Leistung allerdings ab etwa 40 Prozent Akkuladung spürbar etwas nach.

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In Sachen Wendigkeit trifft das Gerät ein vernünftig erscheinendes Mittelmaß aus Einschlagwinkel und Bodenhaftung. Es gibt Scooter, mit denen man besser "schlängeln" kann, das sichere Fahrgefühl der breiten Reifen ist dem aber vorzuziehen.

Eine Schwäche des Comscoot Performance ist allerdings das Fehlen einer Federung. Zur Dämpfung von Unebenheiten dienen ausschließlich Dämpfergummis und die Luftreifen. Auf den meisten städtischen Untergründen klappt das gut, auf "rauem" Boden wie Kopfsteinpflaster wird man allerdings stärker durchgerüttelt, als es sein müsste.

Keine Blöße gibt man sich bei der Beleuchtung. Das Frontlicht strahlt kräftig und in breitem Winkel. Es ist direkt am Chassis montiert und dreht sich nicht mit der Lenkstange mit. Das Rücklicht bietet ebenfalls gute Helligkeit, um bei abendlichen Fahrten gesehen zu werden.

Comscoot Performance App
Comscoot Performance App
Screenshot

Laut Labormessung sollen mit einer Akkuladung bis zu 50 Kilometer zurückgelegt werden. Comscoot liefert zusätzlich und lobenswerterweise eine "realistische" Angabe von 33 Kilometern, die sich gemäß Auskunft auf 80 Kilo Gewicht und Fahrstrecken inklusive Steigungen bezieht.

Im Test erwies sich eine Distanz von 20 bis 25 Kilometern als realistisch. Allerdings ist hierbei neben dem höheren Fahrergewicht auch zu beachten, dass die Fahrten bei für die Akkulaufzeit nachteiligen Außentemperaturen von 27 bis 30 Grad durchgeführt wurden und so ein Akku ungefähr 10 Ladezyklen benötigt, um seine volle Leistung zu erreichen. Die 33 Kilometer erscheinen also zumindest für leichtere Personen nicht unerreichbar zu sein.

Für den Scooter gibt es auch eine App, die sich mittels Bluetooth verbindet. Unter iOS hat Comscoot ein eigenes Tool (nicht getestet), unter Android muss das Programm "Streetbooster" verwendet werden, wobei eine Eigenentwicklung noch folgen soll. Streetbooster ermöglicht die Nutzung des Handys als Tacho, zeigt den vom Scooter erfassten Kilometerstand sowie die verbleibende Akkuladung und bietet Schnellzugriff auf Geschwindigkeitsmodus, Tempomat und Licht. Dazu kommt die Möglichkeit, den Motor zwecks Diebstahlschutzes zu sperren. Alle 300 Kilometer will die App außerdem an die Notwendigkeit eines Services erinnern, zeigt als Einheit aber kurioserweise km/h an.

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Fazit

Der Comscoot Performance ist ein flotter, gut verarbeiteter und subjektiv recht schicker E-Scooter, der seinem Namen gut gerecht wird und dabei nur wenige Schwächen zeigt. Der starke Motor sorgt für ordentliche Beschleunigung und bringt auch genug Leistung mit, um städtische Steigungen ohne längeren Geschwindigkeitsverlust zu bewältigen. Die breiten Luftreifen geben dabei ein sehr stabiles, sicheres Fahrgefühl.

Allerdings sind sie auch fast allein verantwortlich für die Dämpfung, weswegen rauerer Belag wie Kopfsteinpflaster deutlich zu spüren ist. Ein Defizit ist auch das Fehlen eines Blinkers, der daher nachgerüstet werden muss, wenn man keine Handzeichen geben will.

Besonders gefällt die Möglichkeit des Akkuwechsels nebst gut gelöstem Mechanismus dafür. Damit ermöglicht man mehr Flexibilität beim Laden, die Erhöhung der Reichweite und letzten Endes auch das Vermeiden von E-Waste. Voraussetzung dafür ist natürlich lange Ersatzteilversorgung, die von Comscoot auch versprochen wird. Wer bereit ist, etwas mehr als die üblichen 400 bis 600 Euro für einen Roller auszugeben, findet in dem Fahrgerät aus steirischem Hause eine überlegenswerte Option vor. (Georg Pichler, 24.6.2023)