In einem der spannendsten Wirtschaftsprozesse des heurigen Jahres ist ein erstes Urteil gefallen. Die MKAO Rasperia Trading mit Sitz in der russischen Stadt Kaliningrad, die vom russischen Milliardär Oleg Deripaska kontrolliert wird und einen Minderheitsanteil an der Strabag hält, hat beim Baukonzern weiterhin nichts mitzureden, entschied das Landesgericht Klagenfurt. Die Strabag, einer der größten Baukonzerne Europas mit Sitz in Wien, hatte Deripaska, der laut Nachrichtenagentur Reuters als Vertrauter des russischen Präsidenten Wladimir Putin gilt, infolge der Russland-Sanktionen alle Mitspracherechte entzogen. Rasperia war dagegen gerichtlich vorgegangen.

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Der umstrittene Strabag-Miteigentümer Oleg Deripaska.
REUTERS/MAXIM SHEMETOV

"Das Landesgericht Klagenfurt hat die Anfechtungsklage (der Rasperia, Anm.) abgewiesen und bestätigt, dass Strabag SE die Aktionärin Rasperia aufgrund der sanktionsrechtlichen Bestimmungen der EU zu Recht von der Teilnahme an der Hauptversammlung ausgeschlossen und ihr das damit verbundene Stimmrecht verwehrt hat", gab die Strabag am Donnerstagabend per Presseaussendung bekannt. Konkret hatte sich der Prozess, der im Februar in Klagenfurt stattgefunden hat, darum gedreht, ob es zulässig ist, dass der Rasperia seitens der Strabag die Teilnahme an zwei Hauptversammlungen im Mai und Juni letzten Jahres verwehrt worden war. 

"Im Einklang mit dem Sanktionsregime"

"Wir waren von Beginn überzeugt, völlig im Einklang mit dem geltenden Sanktionsregime zu handeln: Asset-Freeze bedeutet, dass nicht nur der Dividendenanspruch eingefroren ist, sondern auch das Teilnahme- und Stimmrecht in der Hauptversammlung. Wir freuen uns, dass dies nun gerichtlich bestätigt wurde", sagt dazu Strabag-Vorstandsvorsitzender Klemens Haselsteiner laut Strabag-Aussendung.

Hinter dem Prozess steckt eine lange Geschichte der Zerrüttung. Im Jahr 2007 ist Deripaska über die MKAO Rasperia bei der Strabag eingestiegen. 27,8 Prozent des Unternehmens hält der Oligarch heute (die wesentlichen Eigentümer daneben sind die Familie des Strabag-Gründers Hans Peter Haselsteiner und die Raiffeisen-Tochter Uniqa). Im Jahr 2007 war der Jubel über den Einstieg noch groß. "Das ist unser Türöffner nach Russland", freute sich damals Hans Peter Haselsteiner, Vater des heutigen Unternehmenschefs.

Schwere politische Hypothek

Doch was als Weg in den großen russischen Markt gedacht war, entpuppte sich bald als Enttäuschung – und als schwere politische Hypothek. Die Entfremdung begann im Jahr 2014, als Putin erstmals in die Ukraine einmarschierte. Nachdem die USA deshalb Sanktionen gegen Russland erlassen hatten, entschied die Strabag, die Dividendenzahlungen an Deripaskas Rasperia auszusetzen. Dann, im Februar des Vorjahres, fand der Überfall Russlands auf die Ukraine statt. Deripaska kam in gleich mehreren Ländern, im April 2022 auch in der EU, auf die Sanktionsliste. Die Strabag entschied infolgedessen, nicht nur ihr Russlandgeschäft einzustellen. Auch wurde jener Aufsichtsrat gefeuert, der von der Rasperia entsandt worden war, ein Mann namens Thomas Bull. Zugleich kündigten Raiffeisen und Haselsteiner jegliche Zusammenarbeit mit der Rasperia auf der Ebene der Eigentümer auf. Der Gesellschafter Rasperia verlor also das Mitspracherecht im Konzern. Nun wird der Rechtsstreit nach dem Urteil in Klagenfurt in der nächsten Instanz weitergehen, vor dem Obersten Gerichtshof (OGH). (Joseph Gepp, 23.6.2023)