Die Beschlagnahme von durch das Redaktionsgeheimnis geschützten Datenträgern, konkret Handy und Computer eines Kärntner Investigativjournalisten, ist für den Richter und Autor Oliver Scheiber "niederschmetternd". Bei einem Vortrag im Presseclub Concordia in Wien sagte Scheiber am Freitag: "Es ist ein bisschen niederschmetternd, wenn so etwas in demokratischen Zeiten passiert. Wie wollen wir die Grundrechtsordnung verteidigen, wenn so etwas in ruhigen Zeiten passiert?"

"Darf nicht passieren", wie die Klagenfurter Staatsanwaltschaft gegen einen Journalisten vorging: Richter Oliver Scheiber.
Matthias Cremer

"Vielleicht zeigt das auch die Labilität unserer Systeme", erklärte der erfahrene Jurist: "Vor ein paar Jahren haben wir gedacht, dass das viel stabiler ist. Wir sehen jetzt, dass die demokratische Grundordnung sehr viele Einfallstore für autoritäre Entwicklungen hat."

Scheiber räumte allerdings auch ein, dass die "Justiz noch nie so schnell einen Fehler korrigiert hat" – das Verfahren wurde nach einem öffentlichen Aufschrei von Medien und Justiz von der Oberstaatsanwaltschaft Graz im Einvernehmen mit Justizministerin Alma Zadić (Grüne) eingestellt, und die Rückgabe der beschlagnahmten Geräte wurde angeordnet. Man müsse bedenken, "wie schwer sich Systeme wie Polizei und Justiz tun, Fehler einzuräumen und zu korrigieren", betonte Scheiber.

Der erfahrene Jurist arbeitet auch in der Fortbildung der Justiz mit dem Ziel im Hinterkopf: "das System Gerichtsbarkeit fit zu machen für autoritäre Anwandlungen, die kommen können". Denn: "So etwas, wie es in Klagenfurt passiert ist, darf nie passieren." Das allerdings hat sich Scheiber auch schon bei der Hausdurchsuchung im Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) unter Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) und bei den Entscheidungen von Landesgericht und Oberlandesgericht Graz zugunsten der inzwischen eingestellten rechtsextremen Zeitschrift "Aula", die Holocaustüberlebende als "Landplage" bezeichnet hatte, gedacht. Erst der Oberste Gerichtshof hob die Grazer Urteile zugunsten des Mediums als "rechtsfehlerhaft" auf. (fid, 23.6.2023)