Thierry Breton
EU-Binnenmarktkommissar Thierry Breton bei einer Rede zum DGA im Europäischen Parlament in Straßburg.
EPA/RONALD WITTEK

In drei Monaten muss Österreich die EU-Regeln zum Umgang mit Daten der öffentlichen Hand umsetzen. Allerdings ist hierzulande noch nicht einmal geklärt, welches Ministerium dafür zuständig sein wird. "Die Zuständigkeit ist noch in finaler politischer Abklärung" hieß es auf APA-Anfrage aus dem Staatssekretariat für Digitalisierung. Dabei ist der "Data Governance Act" (DGA) der EU seit einem Jahr in Kraft und muss bis 24. September in allen EU-Staaten umgesetzt werden.

Es geht um die Frage, wie die EU-Staaten mit den Daten der öffentlichen Hand umgehen und diese zugänglich machen. Dazu gibt es verschiedene Modelle. Für Österreich kann sich Statistik-Austria-Chef Tobias Thomas eine Variante nach Schweizer Vorbild vorstellen. Dabei wird eine Stelle als Drehscheibe für den Informationszugang ausgebaut. Ein Vorbild sei auch das "Austrian Micro Data Center" (AMDC), das Forschern den anonymisierten Zugang zu ausgewählten Daten ermöglicht, so Thomas zur APA.

Datentransparenz nach Vorbild der Schweiz

"Mehr Daten heißt nicht mehr Information", sagt Thomas. Wichtig sei es, die Daten nutzbar zu machen, sie zu verknüpfen und mit Metadaten zu versehen. Das würde auch für die Politik bessere Entscheidungsgrundlagen schaffen. Thomas fehlt in Österreich derzeit eine umfassende Datenstrategie. Immerhin wurde mit dem am 1. Juni verabschiedeten Digital Austria Act Digitalisierungsstaatssekretär Florian Tursky (ÖVP) mit der Erstellung einer Datenstrategie beauftragt. Für den EU Data Governance Act wird er dadurch aber nicht zuständig.

Thomas schwebt die Schaffung eines Portals vor, über das bei entsprechender Berechtigung und datenschutzkonform alle dafür zugelassenen Daten zugänglich gemacht werden. Die Daten selber würden in den zuständigen Institutionen bleiben. Die Statistik Austria habe das Know-how, wie man Datenqualität sichert und den Zugang organisiert, versichert Thomas.

In der Schweiz hat das Bundesamt für Statistik (BFS) nach einer jahrelangen Entwicklung so eine Aufgabe inne, erläuterte dessen Direktor Georges-Simon Ulrich im Gespräch mit der APA. Es habe eine breite politische Übereinkunft gegeben, die Daten nutzbar zu machen. Der erste Schritt sei gewesen, herauszufinden "was wir überhaupt haben", so Ulrich. Daher musste eine Suchmaschine erstellt werden, "die zeigt was du hast" und ein Metadatenkatalog, um die Daten zu beschreiben.

"Die Statistiker machen die Daten transparent", so Ulrich. Allerdings anonymisiert und nur für jene Personengruppen, die dafür die gesetzliche Grundlage haben - etwa Forscher. Außerdem achten die Statistiker darauf, dass nur hochwertige Datensätze auf diesem Weg zugänglich gemacht werden.

Zusätzlich helfen die Statistiker denen, die das wollen, ihre Daten zu harmonisieren und eine Schnittstelle zur zentralen Plattform zu bauen. Wobei in der Schweiz jede Teilnahme am zentralen System auf Freiwilligkeit beruht. Es gebe keine Verpflichtung, "aber wir machen es transparent. Und die Transparenz ergibt Druck", die Daten in ein harmonisiertes Format zu bringen.

Keine Konkurrenz durch Google

Google und andere private Datenanbieter werden von Ulrich und Thomas nicht als Konkurrenz gesehen. Für sie zählt nicht die Schnelligkeit und auch nicht das schiere Volumen der Daten. Vielmehr geht es um Verlässlichkeit - dass die Daten stimmen - und Validität, dass die Daten aussagekräftig sind. Und genau das sei die Kernkompetenz der Statistikämter, die im EU-Verbund auf harmonisierten Austausch von verlässlichen Daten spezialisiert sind.

Ulrich sieht das Projekt, verlässliche Daten zugänglich zu machen, durch die modernen Modelle der künstlichen Intelligenz wie ChatGPT noch unterstützt. Denn die Menschen würden rasch merken, wie unzuverlässig die Ergebnisse solcher Sprachmodelle sind. Würde man aber ChatGPT nur auf Basis verlässlicher Daten trainieren, dann hätte man ein inhaltlich besseres Ergebnis bei gleicher Bequemlichkeit des Zugangs. (APA, red, 26.6.2023)