Die seit Monaten schwelende Fehde zwischen der Söldnertruppe Wagner und dem Kreml hat am vergangenen Samstag mit einem Aufstand seinen (vorläufigen) Höhepunkt erreicht. So schnell der Konflikt ausbrach, war er auch beendet. Das erinnert teilweise an einen rechtsextremen Putschversuch im Jahr 1931 in Österreich, der als "Pfrimer-Putsch" in die Geschichte eingegangen ist.

Drahtzieher des Coups war der Judenburger Rechtsanwalt und Burschenschafter Walter Pfrimer. Er war einer jener Deutschnationalen, die ihre politische Heimat in den Heimwehren der Ersten Republik gefunden haben. Weit rechts stehend, war den paramilitärischen Einheiten jedes Mittel recht, um ihren Hauptfeind zu bekämpfen: den Marxismus, verkörpert von der Sozialdemokratischen Partei und den Kommunisten.

Walter Pfrimer (rechts) bei einer Heimwehrveranstaltung.
Foto: Bundesarchiv

Pfrimer war Gründungsmitglied sowie Anführer des Steirischen Heimatschutzes, der für seinen unerbittlichen Judenhass bekannt war. Im Mai 1931 wurde er Bundesführer der österreichischen Heimwehrbewegung, die sich zuvor mit den Christlichsozialen zerstritten hatte und deswegen bei den Parlamentswahlen mit einer eigenen Liste antrat – dabei aber lediglich 6,2 Prozent der Stimmen erreichte und von den Christlichsozialen nicht in die Regierung geholt wurde.

Pfrimers Putschplan

Um trotzdem an die Macht zu kommen, schmiedeten Pfrimer und seine Gefährten einen Plan: Der Steirische Heimatschutz sollte in der Obersteiermark sozialdemokratische Veranstaltungen angreifen und die daraus entstehenden Unruhen zum Vorwand nehmen, um gegen die Bundesregierung zu putschen und die Macht in Österreich an sich zu reißen.

Am 12. September wurde der Plan umgesetzt. An der Seite Pfrimers standen 14.000 schwerbewaffnete Männer, die obersteirische Verkehrswege blockierten, Bezirkshauptmannschaften sowie Postämter besetzten und politische Gegner verhafteten; dabei kam es zu Kämpfen mit dem republikanischen Schutzbund. In der Industriestadt Kapfenberg forderte ein Feuerangriff auf das Arbeiterheim zwei Tote und vier Schwerverletzte, in Pernegg wurde bei einem ähnlichen Zusammenstoß ein Heimwehrmann tödlich verletzt.

Als das Bundesheer eintraf, war der Putsch schon mehr oder weniger beendet.
Foto: Bundesarchiv

Die örtlichen Behörden leisteten nirgendwo nennenswerten Widerstand. Die steirische Landesregierung, deren Chef von den Putschisten als Regierungschef vorgesehen war, kollaborierte mit den Putschisten. Pfrimer plante einen Marsch auf Wien, ähnlich wie der "Marsch auf Rom" der Schwarzhemden des faschistischen Diktators Benito Mussolini. Nach Anfangserfolgen ließ sich Pfrimer als "Staatsführer" ausrufen, doch die Heimwehrführer außerhalb der Steiermark verweigerten die Gefolgschaft oder setzten seine Befehle nur zögerlich um. Weder das Bundesheer, noch Teile der Bevölkerung schlossen sich Pfrimer und seinen Leuten an. Der spätere Bundeskanzler Julius Raab, der damals der Leiter der niederösterreichischen Heimwehr war, stellte sich gegen den Aufstand und unterstellte seine Truppen dem Bundesheer, um zur Niederschlagung der Revolte beizutragen.

Druck auf die Regierung

Zusätzlich übten die Sozialdemokraten starken Druck auf die christlichsoziale Regierung in Wien aus. Sollte sie nicht gegen die Putschisten vorgehen, würde der Schutzbund den Aufstand niederschlagen, lautete ihre Ansage. Das reichte. Schließlich wurden Bundesheer und Polizei in Bewegung gesetzt.

Ohne fehlende Unterstützung blies Pfrimer den Putsch ab, erklärte ihn zu einer "bewaffneten Demonstration" und floh in das benachbarte Jugoslawien.

Als Bundesheer und Polizei mit beachtlicher Verspätung in den von den Putschisten kontrollierten Gebieten eintrafen, waren viele längst wieder zu Hause. Zuvor konnten sie auch noch ihre Waffen in Verstecke bringen. 24 Stunden nach Beginn des Putschversuches herrschte in ganz Österreich wieder Ruhe.

Die Zeitungen hatten in jenen Tagen nur ein Thema: "Heimwehrputsch in Steiermark", titelte die "Salzburger Chronik".
Foto: Nationalbibliothek

Nach seiner Rückkehr aus Jugoslawien wurde Pfrimer im Dezember 1931 in einem Prozess vom Vorwurf des Hochverrats freigesprochen. Er schloss sich später der österreichischen NSADP an, die ein Auffangbecken für Mitglieder des Heimatschutzes wurde.

"Juliputsch" der Nazis

1934 versuchten die Nazis mit dem "Juliputsch" in Österreich an die Macht zu kommen. Putschpläne gab es bereits seit dem Verbot der NSDAP in Österreich im Juni 1933. Dem Putschversuch war eine massive Terrorwelle vorausgegangen, die die Nazis in der Illegalität fortsetzten. Die Auflösung des Parlaments durch den christlichsozialen Bundeskanzler Engelbert Dollfuß hatte ihnen die Möglichkeit verbaut, wie in Deutschland durch Wahlen an die Macht zu kommen. Dollfuß nutzte eine Geschäftsordnungskrise bei der Nationalratssitzung vom 4. März 1933 für einen erfolgreichen Staatsstreich.

Im Zuge des Putsches der Nationalsozialisten 1934 wurde Dollfuß erschossen. In Wien wurde der Coup von der SS vorbereitet und durchgeführt, der Aufstand in den Bundesländern war eine Aktion der SA. Zentrum des Aufstands in den Bundesländern waren die Hochburgen des Nationalsozialismus – Kärnten, Oberösterreich und die Steiermark. Unter den Putschisten war auch Robert Haider, der Vater des späteren FPÖ-Obmanns Jörg Haider.

Laut den Recherchen des Historikers Kurt Bauer wurde der Putsch in Wien von Adolf Hitler befohlen. Es war nach dem sogenannten Marsch auf die Feldherrnhalle 1923 in München sein zweiter Putschversuch.

Im Reichstag

Nach dem sogenannten Anschluss Österreichs an Deutschland im Jahr 1938 wurde Pfrimer übrigens Mitglied des Reichstags. Nach Ende des Zweiten Weltkriegs war er bis 1947 inhaftiert und nahm danach seine Tätigkeit als Rechtsanwalt wieder auf, 1968 starb er im Alter von 87 Jahren. (Markus Sulzbacher, 1.7.2023)