Eines müssen selbst die Vertreter von Big Tech eingestehen: Ohne die erfolgreichen Kampagnen von Datenschutzorganisationen würde es um die Privatsphäre der Nutzerinnen und Nutzer im Internet wohl deutlich schlechter aussehen. Eine wichtige Rolle spielt dabei die Beobachtung und Kommentierung laufender Prozesse. Genau das könnte nun aber erheblich schwerer oder in manchen Fällen ganz unmöglich werden, warnt jetzt die Datenschutz-NGO Noyb.

Alles geheim

Bereits in wenigen Tagen soll das irische Parlament über ein Gesetz abstimmen, dem in letzter Minute eine ziemlich pikante Passage hinzugefügt wurde. Mit Abschnitt 26A des "Courts and Civil Law (Miscellaneous Provisions)" wird der irischen Datenschutzbehörde erlaubt, fast alle Verfahren als "vertraulich" zu klassifizieren. Dies würde es etwa für Verfahrensbeteiligte illegal machen, über entsprechende Details zu sprechen, etwa "haarsträubende Behauptungen von 'Big Tech' oder unfaire Verfahren, die oft Millionen von Nutzer:innen betreffen", öffentlich zu machen, wie Noyb in einer Aussendung kritisierte.

Max Schrems von der Datenschutz-NGO Noyb
Datenschützer Max Schrems warnt vor einem neuen Gesetz in Irland.
APA/AFP/JOE KLAMAR

Datenschützer Max Schrems zeigt sich über diese Pläne erzürnt: "Anstatt auf berechtigte Kritik zu reagieren, versucht man nun, sie zu kriminalisieren: Das vorgeschlagene Gesetz in Irland macht es strafbar, Informationen über ein Verfahren weiterzugeben. Das zeigt, dass sie die Öffentlichkeit und die Presse mehr als alles andere fürchten. Das Gesetz würde der Behörde erlauben, Informationen selektiv weiterzugeben, ganz wie sie es für hilfreich hält. Es ist unglaublich, dass so etwas in einem europäischen Land passiert."

Spät eingefügt

Auch die Art, wie diese Gesetzesänderung durchgedrückt werden soll, sorgt für Kritik – wurde die entsprechende Passage doch erst vor wenigen Tagen dem Gesetz hinzugefügt. Bereits diesen Mittwoch, also am 28. Juni, soll dieses aber nun beschlossen werden. Die Datenschützer hoffen, durch die öffentliche Aufmerksamkeit noch einzelne Abgeordnete der Regierungsparteien zum Umdenken zu bewegen, um das zu verhindern.

Schrems verweist dabei auch auf den Unterschied zur gewohnten Praxis in der EU: Während EU-Behörden sonst lediglich Geschäftsgeheimnisse schwärzen und etwa auch der Europäische Datenschutzausschuss Dokumente im Rahmen des Informationsfreiheitsgesetzes weitergibt, will Irland nun offenbar eine strikte Geheimhaltungspflicht durchsetzen, von der vor allem die großen Techkonzerne profitieren könnten.

Sonderrolle

Der irischen Datenschutzbehörde kommt in der EU eine besonders wichtige Rolle zu, da dort große Unternehmen wie Meta/Facebook oder auch Google ihre Europazentrale haben und diese Behörde somit auch für entsprechende Verfahren zum Thema zuständig ist. Gleichzeitig wird den irischen Datenschützern immer wieder vorgeworfen, vergleichsweise milde gegenüber den für die irische Wirtschaft wichtigen Konzernen zu agieren. (apo, 26.6.2023)