Anfang Mai filmte eine Wildkamera einen Wolf nördlich von Graz.
APA/STEIRISCHE LANDESJÄGERSCHAFT

Linz/Graz – Ab 1. Juli dürfen nach Kärnten, Tirol und Niederösterreich auch in Oberösterreich Problemwölfe abgeschossen werden. Die entsprechende Wolfsmanagementverordnung wurde am Montag in der Landesregierung mehrheitlich beschlossen. Wegen der Zunahme der Zahl an Rissen und Sichtungen hatte Agrarlandesrätin Michaela Langer-Weninger (ÖVP) die neue Verordnung veranlasst. In Steiermark arbeitet aktuell eine Kommission mit Fachleuten an der Ausarbeitung einer ähnlichen Verordnung.

Die Notwendigkeit, das in Europa unter besonderem Artenschutz stehende Tier künftig unter bestimmten Voraussetzungen abschießen zu können, untermauerte Landesrätin Langer-Weninger mit aktuellen Zahlen. So gab es allein im Juni in Oberösterreich drei bestätigte Wolfsichtungen. In einem Fall, bei dem 200 Masthühner in Walding gerissen wurden, wartet man noch auf eine zweite DNA-Probe, um die Täterschaft zu klären.

Verordnung im Widerspruch zur EU-Richtlinie

Der Entwurf der neuen Verordnung ging zur Begutachtung an alle relevanten Interessenvertretungen. 20 Stellungnahmen wurden verfasst, von denen acht den Entwurf ablehnten, vier teilweise, zwei neutral ausfielen und sechs zustimmten. Ein wesentlicher Kritikpunkt in den negativen Rückmeldungen war, dass die Verordnung EU-rechtswidrig sei. Die AG Wildtiere des Forums Wissenschaft & Umwelt bemängelt, dass Wölfe nun "auf Verdacht" getötet werden können, so der Sprecher und Verhaltensbiologe Kurt Kotrschal.

Laut der europäischen Fauna-Flora-Habitatrichtlinie dürfen Wölfe nur nach Einzelfallprüfungen der zuständigen Behörden entnommen werden. Mit der neuen Wolfsmanagementverordnung wird diese Entscheidung auf die Jägerschaft verlagert, was auch die Grünen als Problem sehen. Nachdem kein Bescheid notwendig sei, könnten Naturschutzorganisationen nicht dagegen berufen. Daher solle zumindest ein Wolfs-Entnahme-Team mit Experten und der regionalen Jägerschaft über eventuelle Abschüsse entscheiden.

Langer-Weninger hingegen betont, der Abschuss sei immer die "Ultima Ratio" und erfolge nach genau festgelegten Voraussetzungen. Bei "mehrmals auffälligem Verhalten im Nahbereich von Siedlungen müssten zuerst Vergrämungsversuche unternommen werden". Und bei Nutztieren gelte, dass trotz "ordnungsgemäßer Sicherung der Zäune" Tiere wiederholt gerissen worden seien. Für sie sei die Verordnung daher "wichtig und richtig für die Sicherheit der Bevölkerung und natürlich für unsere Alm- und Landwirtschaft". Das Land sei gefordert gewesen, nachdem es "die EU verschlafen hat, den Schutzstatus des Wolfes anzupassen". Der sogenannte günstige Erhaltungszustand sei "längst erreicht und auch für die Zukunft gesichert", argumentiert Agrarlandesrätin Langer-Weninger.

Warten in der Steiermark

In der Steiermark ist aktuell eine Verordnung zum leichteren Abschuss des Wolfs in Ausarbeitung. Mitte Juni hatte sich die Gruppe getroffen, "die Stimmung ist sachlich und konstruktiv", hieß es auf APA-Nachfrage aus dem Büro von Umweltlandesrätin Ursula Lackner (SPÖ). Bis die Verordnung allerdings in Kraft tritt, könnte der Almsommer schon wieder vorbei sein.

Ein mittlerweile bestätigter Wolfsriss Anfang, bei dem drei Schafe getötet wurden, hatte die Debatte in der Steiermark angeheizt. "Ich nehme die Sorgen und Befürchtungen von betroffenen Interessengruppen ernst. Denn wenn ein Wolf Schafe angreift, so sorgt das für viel Leid bei Tier und Mensch", so Landesrätin Lackner. Nun soll die Kommission eine Verordnung, die die Entnahme von Problemwölfen konkret regelt, erstellen. In der Gruppe sind Vertreterinnen und Vertreter des Landes Steiermark, die Landwirtschaftskammer und die steirische Jägerschaft.

Bisher gab es seit 2021 einen Wolfsmanagementplan des Landes Steiermark, der die Gewährleistung einer möglichst konfliktfreien Koexistenz des Menschen mit dem Wolf unter Berücksichtigung der Interessen aller Betroffenen und der gesetzlichen Vorgaben regeln sollte. Dieser ermöglicht bereits jetzt eine möglichst rasche Entnahme von Wölfen, die sich mehrfach Hunden in menschlicher Begleitung in Leinendistanz nähern und auf diese reagieren würden, unterstrich man im Büro der Landesrätin.

Sobald die Expertengruppe einen Entwurf für die neue Verordnung fertig hat, geht dieser in die öffentliche Begutachtung. Dabei kann dann jeder eine Stellungnahme abgeben. Diese werden dann gesichtet und gegebenenfalls eingearbeitet. Anschließend muss der Entwurf von der Landesregierung noch einstimmig beschlossen werden, ehe die Verordnung in Kraft treten kann. Das wird wohl mit dem Fristenlauf bestenfalls im September der Fall sein. (APA, red, 26.6.2023)