Der litauische Verteidigungsminister Arvydas Anušauskas, sein deutscher Amtskollege Boris Pistorius, Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg und Litauens Präsident Gitanas Nausėda stehen vor Panzern.
Der Zusage sind etliche gegenseitige Besuche vorausgegangen: Hier wohnen der litauische Verteidigungsminister Arvydas Anušauskas, sein deutscher Amtskollege Boris Pistorius, Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg und Litauens Präsident Gitanas Nausėda der Nato-Großübung Griffin Storm bei.
EPA/Valda Kalnina

Das kleine Litauen ist zwischen der russischen Exklave Kaliningrad und dem mit Moskau verbündeten Belarus eingeklemmt. Mit den beiden anderen baltischen Staaten teilt das EU- und Nato-Land das Schicksal, an der osteuropäischen Nato-Flanke zu liegen, die als eine der Schwachstellen des Verteidigungsbündnisses gilt. Die Suwalki-Lücke, die nur etwa 65 Kilometer breite einzige Landverbindung der baltischen Staaten mit den übrigen Nato-Partnern, wird gar als die militärisch anfälligste Region in Europa angesehen. Das Horrorszenario der Balten: Sollte Russland seinen Krieg ausweiten, wären die drei Länder bei einer Einnahme der Lücke relativ einfach vom Rest der Nato – und der Europäischen Union – abzuschneiden.

Dementsprechend intensiv waren seit Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine auch die Forderungen der baltischen Staaten nach mehr Militärpräsenz, vor allem aus Deutschland, zuletzt wuchs der Frust merklich. Zwar wurde bereits 2017 – auch als Reaktion auf den russischen Überfall auf die Krim – die Nato-Mission Enhanced Forward Presence (EFP) in Litauen gegründet, bei der Deutschland einen wesentlichen Teil stellt. Aber die 1.500 Personen starke EFP wechselt alle sechs Monate das Personal.

Es müssen Taten folgen

Die Ankündigung des deutschen Verteidigungsministers Boris Pistorius, nun "dauerhaft eine robuste Brigade in Litauen zu stationieren", ist die im Baltikum lange und ungeduldig ersehnte Zusage, die Sorgen und Befürchtungen dort endlich ernster zu nehmen. 4000 Soldaten und Soldatinnen sollen dauerhaft ihren Dienstort an die Suwalki-Lücke verlegen, um die kleine litauische Armee, die nicht einmal 20.000 Köpfe zählt, zu entlasten.

Der Ankündigung sollten nun so bald wie möglich Taten folgen. Damit kann Deutschland noch einmal deutlich den Paradigmenwechsel seiner Verteidigungspolitik hin zur einsatznahen Bündnisverteidigung unterstreichen. Und die Nato-Russland-Grundakte, wonach die Nato in Osteuropa "eher" keine "substanziellen Kampftruppen dauerhaft stationiert", landet spätestens jetzt auf dem Misthaufen der Geschichte. Putin hat sie ohnehin schon am 24. Februar 2022 dorthin befördert.

Letztlich dürfte auch US-Präsident Joe Biden von der Aufstockung in Litauen angetan sein. Dass Europa Schritte in die Richtung macht, sich besser selbst verteidigen zu können, kann er im Wahlkampf zu Hause gut gebrauchen. (Manuela Honsig-Erlenburg, 27.6.2023)