Die Zugänge zu den heimischen Seen sind schon seit einigen Jahren ein großes Thema.
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Österreichs Seen sind beliebte Ferienziele, doch ihre Uferzonen sind in regelmäßigen Abständen auch Gegenstand politischer Diskussionen. Denn die Zugänge zu den Seen wurden in der Vergangenheit vielerorts immer mehr eingeschränkt: Ufergrundstücke wurden verbaut oder sonst wie privatisiert, stehen oft nur noch exklusiv für Hotelgäste zur Verfügung. Die SPÖ forderte vor wenigen Tagen, das Recht auf freien Seezugang in der Verfassung zu verankern. Und auch in den Bundesländern wird das Thema seit einigen Jahren immer wieder aufs Tapet gebracht.

Projektgruppe in Oberösterreich

In Oberösterreich hat man den Ernst der Seenlage spätestens 2020 erkannt. Gemeinsam mit den Bundesforsten als Österreichs größtem "Seemanager" wurde die Projektgruppe "Erweiterung der Seezugänge" initiiert. Ziel ist es, Flächen für mögliche Erweiterungen an den heimischen Seen zu lokalisieren und auf deren Eignung als öffentliche Seezugänge hin zu prüfen.

Aktueller Stand der heiklen Badehosenmission: Seit 2021 seien acht neue Badestellen und freie Seezugänge dazugekommen, und es wurden so 1,2 Hektar an zusätzlichen Liegewiesen geschaffen, heißt es aus dem Büro von Wirtschaftslandesrat Markus Achleitner (ÖVP). "Das Land Oberösterreich bekennt sich seit jeher zum Erhalt und der Ausweitung des Angebots an freien Seezugängen für die Öffentlichkeit", stellt Achleitner klar.

Aktuell würden sich im Besitz der Landesimmobilien GmbH (LIG) keine Seegrundstücke befinden, die eine Nutzung durch die Öffentlichkeit ausschließen. "Es bestehen Pachtverträge mit privaten Betreibern von Gastronomiebetrieben, Badebuffets oder Stand-up-Paddle-Verleih-Anbietern, die im Sinne der Allgemeinheit tätig sind."

DER STANDARD

Vor allem diese Pachtverträge sorgen immer wieder für Kritik vonseiten der Tourismusverbände. Bemängelt wird, dass Gemeinden durch Pachtzahlung an die Bundesforste (ÖBF) die öffentliche Benutzung von Seezugängen quasi erkaufen müssten - obwohl diese gemäß Bundesforstegesetz "bei der Verwaltung von Seeuferflächen oder Seen auf den freien Zugang besonders Bedacht zu nehmen hat".

Für den grünen Klubobmann Severin Mayr hat zwar schon "ein Umdenken" stattgefunden, dennoch brauche es klare gesetzliche Regeln. "Seit 2019 ist der freie Seezugang in der Landesverfassung, bindend ist der Erwerb von möglichen Seegrundstücken durch das Land aber nicht." Vor allem rät Mayr zu einem zweiten Blick auf die Seeufer: "Man neigt von offizieller Landesseite zu einer extrem geschönten Darstellung." Am Traunsee würden 17 Kilometer als freier Seezugang geführt, darunter aber auch Passagen direkt an der Bundestraße oder am Fuß des Traunsteins. "Da braucht man einen Paragleiter, um hinzukommen."

SPÖ macht in Salzburg Druck

Auch in Salzburg ist der freie Seezugang ein Dauerbrenner. Aktueller Aufreger ist ein Grundstückstausch am Wolfgangsee zwischen der Gemeinde St. Gilgen und Stiegl Immobilien, der sich mehr als zehn Jahre hinzieht und Ende Mai beschlossen wurde.

Stiegl will im alten Braugasthof Lueg ein Apartmenthotel errichten. Der Uferweg und 2500 Quadratmeter Grund gehen dafür von der Gemeinde an Stiegl. Die Gemeinde erhält im Gegenzug ein 925 Quadratmeter großes Seegrundstück, auf dem ein öffentlicher Badestrand errichtet werden soll. Zudem übernimmt Stiegl die Kosten für die Sanierung der baufälligen Kaimauer, und für den Gehweg erhält die Gemeinde ein Öffentlichkeitsrecht.

Der Tausch erfolgt zum Nulltarif. Die beiden Grundstücke sind aber sehr unterschiedlich bewertet: die 925 Quadratmeter Stiegl-Grünland mit 1.029.368 Euro, die 2500 Quadratmeter Gemeindebauland mit 1.048.800 Euro. Die SPÖ ist strikt gegen das Tauschgeschäft und hat wegen des Verdachts der Untreue sogar die Staatsanwaltschaft eingeschaltet. Die Ermittlungen wurden eingestellt.

Nicht überall kann man so elegant ins Wasser hüpfen.
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SPÖ-Gemeinderätin Helga Stadler kritisiert weiterhin: Für die Gemeinde gebe es damit deutlich weniger Uferzugang und einen halb so breiten Weg, der rechtlich jederzeit verlegt werden könne. Auch SPÖ-Chef David Egger ärgert, dass die Gemeinde "ein Seegrundstück verscherbelt, damit der private Investor mit seinem geplanten Aparthotel noch mehr Profite macht".

In Salzburg sind viele Seen für die Öffentlichkeit schwer zugänglich. Die SPÖ wollte deshalb eine weitere Privatisierung der Seen stoppen und den freien Seezugang als Staatszielbestimmung in die Landesverfassung aufnehmen. Alle Fraktionen bis auf die ÖVP unterstützen den Antrag. Damit wurde die dafür notwendige Zweidrittelmehrheit verfehlt. Angenommen wurde am 15. Juni in der Ausschusssitzung aber ein Abänderungsantrag der ÖVP, der den Zugang zu Seen in vereinzelten Gesetzesmaterien festlegt – gegen die Stimmen von SPÖ und FPÖ.

Seenvolksbegehren in Kärnten

Im südlichsten Bundesland fand 2021 ein "Seenvolksbegehren" statt, das von rund 12.000 Menschen unterschrieben wurde. Eine Folge davon: Seit dem Vorjahr steht in der Kärntner Landesverfassung der Satz "Der Zugang der Allgemeinheit zu Bergen, Seen, Flüssen und sonstigen Naturschönheiten ist – unter Achtung des Eigentumsrechts – zu sichern." Schönheitsfehler: Richtig Zähne hat das Gesetz nur, wenn es um Flächen "im Einflussbereich des Landes" geht - das kritisierten die Initiatoren des Volksbegehrens nach dem Beschluss der Gesetzesänderungen heftig. Flächen im Eigentum der Gemeinden sind davon nicht betroffen.

Wenn Seegrundstücke der Kärntner Beteiligungsverwaltung verkauft werden sollen, muss die Landesregierung nun aber zustimmen. Und das Kärntner Motorbootabgabegesetz wurde novelliert: Die Erträge daraus sind nun "für den Ankauf und die Bewirtschaftung von Seeufergrundstücken im überwiegenden öffentlichen Interesse" vorgesehen.

Andere Voraussetzungen in Tirol und Vorarlberg

In Tirol und Vorarlberg gibt es jede Menge freie Ufer. Das hat historische Gründe. Der NS-Reichstatthalter in Tirol und Vorarlberg hatte die Verbauung der Seen im damaligen Gau Tirol-Vorarlberg streng geregelt. Ab 1943 war es verboten, in einer Zone von 500 Metern um das Ufer "Bauwerke aller Art, einschließlich Mauern und Zäunen, zu errichten oder zu verändern".

Vorarlberg hatte diese Bestimmungen nach 1945 beibehalten und im Verordnungsweg ausgebaut. Trotz des strengen Naturschutzgesetzes, das Verbauung oft eindämmt, regelt auch das Vorarlberger Straßengesetz, dass "ein zehn Meter breiter Streifen am Ufer des Bodensees" jederzeit von Fußgängern betreten werden dürfe - und das auch "ohne Einverständnis des Grundeigentümers". Doch eine Studie des Instituts für Standort-, Regional- und Kommunalentwicklung aus dem Jahr 2021 legt nahe, dass dem in der Praxis wohl nicht immer so sei. So werde der freie Zugang unter anderem durch Yachthäfen und private Nutzungen eingeschränkt.

Immerhin wurde am Bodensee zwölf Jahre lang an der Umgestaltung des Ufers zwischen Bregenz und Lochau gearbeitet, kürzlich wurde das letzte Teilstück der sogenannten Pipeline eröffnet, die für Badegäste noch attraktiver sein soll: Das Ufer wurde mit Kies aufgeschüttet, Fuß- und Radweg voneinander getrennt. Außerdem gibt es zwei neue Badestege und eine neue WC-Anlage samt Dusche. Auch mehr Sitzbänke und 200 neue Bäume brachte die 17,5 Millionen Euro teure Aufwertung mit sich. (Lara Hagen, Martin Putschögl, Maria Retter, Markus Rohrhofer, Stefanie Ruep, 30.6.2023)