Die Neugestaltung und die Attraktivierung des vernachlässigten Heumarkt-Areals rund um Hotel Intercontinental, Wiener Eislaufverein und Konzerthaus beschäftigen die Stadt seit nunmehr elf Jahren. Am Mittwoch erhöhte der private Projektbetreiber Wert­invest von Investor Michael Tojner den Druck, das geplante Vorhaben auch realisieren zu können: Wert­invest machte die neuerlich überarbeiteten Pläne für das Areal in bester Lage inmitten der Wiener Unesco-Welterbezone öffentlich.

Die Adaptierung betraf vor allem den umstrittenen Wohnturm neben dem Hotelkomplex. Das Hochhaus sollte nach den ursprünglichen Plänen 74 Meter hoch werden – und sorgte dafür, dass Wien im Jahr 2017 von der Unesco auf die Rote Liste der gefährdeten Welterbestätten gesetzt wurde. Eine Reduktion auf 66,5 Meter besänftigte die Welterbehüter nicht.

Wohnturm wird kleiner, aber deutlich länger

Heumarkt Wien
Der geplante Wohnturm in der Bildmitte soll niedriger, aber länger werden. Im Sommer ist eine öffentlich zugängliche Freifläche geplant.
Rendering: Wertinvest

Das soll nun laut den Projekt­betreibern aber mit der neuen Gebäudehöhe gelingen: Diese wurde um weitere zehn Meter auf 56,6 Meter verringert, wie Wertinvest-Geschäftsführerin Daniela Enzi be­stätigte. Dafür soll der Wohnturm deutlich in der Länge wachsen und im rechten Winkel zum Hotel realisiert werden. Die neue Basislänge des Wohnturms beträgt 45 Meter. Das Hotel Intercontinental soll abgetragen und neu errichtet werden – wobei der Neubau um rund fünf Meter höher werden soll.

Wie gehabt ist auch ein Konferenzzentrum geplant: Dieses soll statt bisher 500 Personen bis zu 2000 Besuchern Platz bieten. Die zentrale Freifläche von rund 6000 Quadratmetern soll im Winter vom Wiener Eislaufverein (WEV) als Mieter bespielt werden, in den warmen Monaten wird das Areal frei zugänglich. Zusätzlich dazu ist eine unterirdische Eishalle vorgesehen. Die Lothringerstraße wird um rund zehn Meter versetzt.

Heumarkt, Wien
Der Blick auf die Neugestaltung des Heumarkt-Areals vom Stadtpark aus.
Rendering: Wertinvest

Unesco tagt ab Mitte September

Ob die Unesco die neuen Pläne goutiert, ist aber noch offen. Bisher argumentierte die Unesco mit einer maximalen Bebauungshöhe von rund 43 Metern – der Höhe des bestehenden Hotelkomplexes.

Mitte September findet in Riad in Saudi-Arabien die nächste Sitzung des Welterbekomitees statt. Landtagspräsident Ernst Woller (SPÖ), seines Zeichens auch Wiens Welterbebeauftragter, bezeichnete die neuen Pläne als "welterbeverträg­liche Lösung". Er geht demnach davon aus, dass Wien von der Roten Liste gestrichen wird. Wien habe sich zuletzt als "Unesco-Musterschüler" präsentiert und zahlreiche Forderungen erfüllt, sagte er. Woller verwies auch darauf, dass das Wiener Welterbe aus 2600 Objekten bestehe, das Projekt am Heumarkt sei nur eines davon. Er stellte fest: "Es ist undenkbar, dass wir das Welterbe verlieren."

Auch die Frage nach einer mög­lichen Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) für das Bauvorhaben nahe der Inneren Stadt beschäftigte zuletzt die Stadt und den Projektbetreiber. Laut Wertinvest wurde das neue Vorhaben bereits seit Februar 2022 einer UVP-Feststellungsprüfung "auf Basis der geltenden EU-Richtlinien und des neuen UVP-Gesetzes unterzogen".

Ein Modell des neuen Heumarkt-Projekts zeigt das Hotel Intercontinental sowie den neu geplanten und länglichen Wohnturm. Teil des Ensembles ist ein weiteres Bauwerk in Richtung Konzerthaus. Die Freifläche soll im Winter wie bisher als Eislauffläche dienen, abseits der Eislauf-Saison soll der Platz zum öffentlich zugänglichen Areal werden.
APA/HELMUT FOHRINGER

Im Rahmen dieses Verfahrens wurde von der Stadt Wien ein Gutachten in Auftrag gegeben: Darin kam Städtebauexpertin Christa ­Reicher zum Schluss, dass die zu ­erwartenden Beeinträchtigungen des Heumarkt-Projektes auf die Unesco-Welterbestätte "nicht als erheblich bzw. wesentlich einzustufen" sind. Daraus ergibt sich für Wertinvest-Geschäftsführerin Enzi, dass auch keine UVP für das Projekt durchzuführen ist.

Noch keine finale Entscheidung zu UVP

Entscheiden muss das aber die rot-pinke Landesregierung. Laut Woller ist die Entscheidung noch nicht getroffen: Es gebe aber einen Entwurf des Bescheids, der in der Landesregierung behandelt werden müsse. Woller rechnet "mit einer Entscheidung im Herbst". Dass die Stadt diese Entscheidung verzögert, ist wohl bewusst gewählt: Damit wartet die Regierung die Entscheidung der Unesco in Riad ab.

Daniela Enzi, Wertinvest
Daniela Enzi, Geschäftsführerin von Projektbetreiber Wertinvest, stellte am Mittwoch die neuen Pläne vor.
APA/HELMUT FOHRINGER

Auf eine weitere Anfrage des STANDARD bei Woller heißt es in einer Stellungnahme, dass eine Baugenehmigung erst dann erteilt werde, "wenn sichergestellt ist, dass die Verträglichkeit mit dem Welterbe gegeben ist". Es wird also vor einer Baugenehmigung nicht nur die Entscheidung der Unesco abgewartet, sondern auch die finale Entscheidung zu einer möglichen UVP. Sollten Projektgegner Beschwerde einlegen, falls festgestellt wird, dass keine UVP notwendig ist, kann das den Baustart auch wesentlich verzögern. Wertinvest rechnet ungeachtet dessen mit einem Baustart im Jahr 2026. (David Krutzler, 28.6.2023)