Nach der Insolvenz von Kika/Leiner werden nicht nur im Möbelhandel die Karten neu gemischt. Schwer in der Bredouille steckt auch die Schuhbranche. Hunderte Angestellte müssen sich auf dem Arbeitsmarkt neu orientieren. Betroffen sind vor allem Frauen.

Delka-Filiale
Neue Schuhe wurden zu Luxus, auf den viele Österreicher in Zeiten starker Teuerung verzichten. Händler sind auf dem Rückzug.

Seit 54 Jahren ist die Schuhhandelskette Salamander in Österreich vertreten. Knapp 100 Jahre Bestand hatte die Marke Delka. Künftig sind beide hierzulande Geschichte. Salamander meldete Mitte dieser Woche beim AMS (Arbeitsmarktservice) fast 200 Beschäftigte zur Kündigung an, Delka zeitgleich rund 100 Angestellte, erfuhr DER STANDARD aus gut informierten Kreisen. Sämtliche Filialen beider Unternehmen, die zur deutschen Ara-Gruppe gehören, sollen aufgelassen werden.

Troubleshooter verwertet Standorte

Salamander-Chef Jens Peter Klatt bestätigt auf Anfrage den Rückzug der zwei Vertriebslinien aus Österreich. Salamander sei an eine neue Gesellschaft verkauft worden. "Die Ara-Gruppe hat sich vollumfänglich von den Einzelhandelsaktivitäten um Salamander Österreich und Delka getrennt", bestätigt Klatt. Beide wurden an eine Privatperson rund um den Sanierer Rainer Schrems verkauft.

Schrems führt die Wiener Salono Companysolutions Gmbh. Diese bezeichnet sich als ein Spezialist für "schwierig zu handhabende Unternehmensphasen".

Verkauft habe Salamander auch alle Aktivitäten in Ungarn, erläutert Klatt. Die Geschäfte in der Slowakei und Tschechien seien vor kurzem ebenso eingestellt worden.

Harter Schnitt

Salamander hat die Zahl an Filialen in Österreich bereits in den vergangenen Jahren Schritt für Schritt auf zuletzt 19 reduziert. Prominente und einst umsatzstarke Lagen wurden geräumt, von der Salzburger Getreidegasse bis zum Wiener Graben und der Kärntner Straße.

Delka kam 2011 von der Bawag-Tochter Stiefelkönig unter das Dach der Ara, um neben Salamander "als Billa unter den Schuhhändlern" zu reüssieren. Seither sank das Netz an Shops von 35 auf nunmehr 18. Überraschend kommt der harte Schnitt nicht, zumal dieser nur einer von vielen in der krisengeschüttelten Schuhbranche ist.

Salamander ist in Deutschland bereits Ende des Vorjahres zum Zwecke der Sanierung unter ein Schutzschirmverfahren geschlüpft. 2009 war das Unternehmen erstmals insolvent. Jüngst ließ der bisherige Eigentümer Ara deutsche Medien wissen, sich auf die Marke Ara Shoes konzentrieren zu wollen. Für Salamander würden Investoren und Partner gesucht.

Im Vorjahr soll Salamander dem Vernehmen nach mit der Grazer Leder & Schuh AG rund um Humanic verhandelt haben, ohne auf einen gemeinsamen Nenner zu kommen. Konzernkenner führen komplexe Firmenstrukturen ins Treffen, die eine Neuausrichtung erschwerten. Klatt nennt etwaige frühere Gespräche Spekulationen, zu denen man sich nicht äußere. So hält es auf Anfrage auch die Leder & Schuh.

Mit dem Rücken zur Wand

Salamander hat in Österreich im Jahr 2021 einen Bilanzverlust in Höhe von mehr als neun Millionen Euro angehäuft. Die Umsätze brachen um 14 Prozent auf 22 Millionen Euro ein, belegt der Lagebericht der veröffentlichten Bilanz. Über die Cofag flossen infolge der Lockdowns mehr als 3,3 Millionen Euro an staatlichen Covid-Hilfen ins Unternehmen.

Mit dem Rücken zur Wand stehen auch Schuhhändler wie Reno. Kurz nach der Pleite des Konzerns in Deutschland im März folgte die Insolvenz in Österreich. Die Zukunft der 29 Filialen mit mehr als 100 Angestellten ist ungewiss. Finden sich keine Geldgeber, droht die Auflösung. Görtz trat ebenso den Rückzug an wie zahlreiche kleine regionale Schuhhändler. Dominici ist nur einer von vielen Einzelkämpfern, die angesichts des widrigen Marktumfelds ins Straucheln gerieten.

Erst trocknete die Pandemie die Geschäfte aus. Nun drückt die starke Inflation die Kaufkraft. An Schuhen herrscht in vielen Haushalten kein Mangel. Sneaker und Kinderschuhe finden zwar weiterhin guten Absatz – vieles darüber hinaus gilt jedoch als verzichtbarer Luxus.

Viele Vorerkrankungen

An Vorerkrankungen fehlt es der Branche nicht. Der rasant gewachsene Onlinehandel lichtete ihre Reihen ebenso wie Textil- und Sporthandelsketten, die in ihren Revieren wilderten. Wer in der Produktion nicht selbst die Fäden zieht und eigene Marken aufbaute, steht oft auf verlorenem Boden.

Österreichs Handel kämpft seit Jahresanfang mit realen Umsatzrückgängen. Im ersten Quartal sank der Umsatz um 2,9 Prozent. Einziger Trost für hunderte Beschäftigte von Salamander und Delka, die sich nach neuen Arbeitsplätzen umsehen müssen: Derzeit sind im Einzelhandel dem Handelsverband zufolge 13.200 Stellen als offen gemeldet. (Verena Kainrath, 29.6.2023)