EU- und Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP)
Eine Aberkennung des Ehrenzeichens kann laut Verfassungsministerin Edtstadler "bei groben Verstößen gegen die Grundwerte der Gesellschaft" erfolgen.
APA/EVA MANHART

Wien – Österreich will in Kürze dem früheren westdeutschen Kanzleramtsminister und Mitverfasser der Nürnberger Rassegesetze, Hans Globke, posthum das Ehrenzeichen der Republik entziehen. Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) wies gegenüber der deutschen Tageszeitung "Welt" vom Freitag darauf hin, dass ein Gesetzesentwurf der Bundesregierung es möglich machen soll, Ehrenzeichen der Republik wieder abzuerkennen.

Dies könne "bei groben Verstößen gegen die Grundwerte der Gesellschaft" erfolgen – "auch im Fall von Ehrenzeichenträgern, die bereits verstorben sind", sagte Edtstadler, die auch Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung ist.

Zwei Aberkennungen in Deutschland

Sobald das Ehrenzeichengesetz in Kraft sei, könne "dem Mitverfasser und Kommentator der Nürnberger Rassengesetze und späteren Kanzleramtsminister von Konrad Adenauer, Hans Globke, das Große Goldene Ehrenzeichen am Bande für Verdienste um die Republik Österreich aberkannt" werden, sgte Edtstadler.

"Durch diese Feststellung machen wir postum klar, dass Globke niemals Ehrenzeichenträger der Republik Österreich hätte sein dürfen", so Edtstadler. Globke hatte die Auszeichnung in Österreich bereits 1956 erhalten. Im Jahr 1963 wurde ihm dann auch in Deutschland das Großkreuz des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland durch den damaligen Bundespräsidenten Heinrich Lübke überreicht.

In Deutschland wurde bisher zwei Personen das Bundesverdienstkreuz aberkannt: dem früheren IG-Farben-Vorstandsmitglied und verurteilten Kriegsverbrecher Heinrich Bütefisch (1894–1969) und dem früheren SS-Hauptsturmführer Hans Ernst Schneider (1909–1999), der sich nach dem Krieg unter dem falschen Namen "Hans Schwerte" eine neue Existenz als angesehener Literaturwissenschafter aufbaute. Beide lebten zum Zeitpunkt der Aberkennung noch. Globke kann nach deutschem Recht das Großkreuz nicht mehr aberkannt werden, weil er bereits verstorben ist. (APA, 30.6.2023)