Beim Formel-1-Wochenende rund um den Großen Preis von Spielberg werden dieses Jahr rund 300.000 Besucherinnen und Besucher erwartet. Nur wenige von ihnen werden per Privatjet anreisen – doch jene, die es tun, werden dabei gleich viel Treibhausgas-Emissionen verursachen wie 116.000 Bahnreisende. Zu dieser Zahl kommt die Umweltschutzorganisation Greenpeace.

Im vergangenen Jahr zählte Greenpeace am nahegelegenen Militärflughafen Hinterstoisser 151 Privatjetflüge, die mit dem Rennen in Spielberg in Verbindung standen. Die Organisation erwartet für dieses Jahr ähnliche Zahlen.

Ein allgemeines weißes Düsenflugzeug auf einem Flugfeld vor klarem, blauen Himmel
Privatjets verursachen pro Passagier ein Vielfaches der CO2-Emissionen von Linienflügen.
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Großteil der Flüge unter 1.500 Kilometern

Etwa 80 Prozent der Privatflüge zum Grand Prix in Spielberg flogen vergangenes Jahr nicht mehr als 1.500 Kilometer. Ein Viertel der Flüge seien sogar Ultrakurzstrecken von weniger als 250 Kilometern gewesen. Zu den beliebtesten Relationen zählten vergangenes Jahr etwa Nizza–Spielberg oder Salzburg–Spielberg. Letztere Strecke beträgt nur 150 Kilometer und wäre mit dem Auto in dreieinhalb, mit dem Zug in fünf Stunden bewältigbar.

"Die Superreichen fliegen in ihren klimaschädlichen Privatjets, während die Klimakrise eskaliert. Ein einstündiger Privatflug zum Formel-1-Rennen verursacht so viele Emissionen wie eine durchschnittliche Person in Österreich in fünf Monaten", sagte Jasmin Duregger, Klima- und Energieexpertin bei Greenpeace Österreich. Sie plädiert für ein EU-weites Verbot von Privatjets, da Steuern auf Privatflüge, so Duregger, nicht ausreichen würden, um das Problem zu lösen. Denn wer sich einen Privatflug leisten könne, ließe sich auch durch höhere Steuern nicht davon abbringen.

Privatjetbranche boomt

Privatflugzeuge verursachen pro Passagierkilometer ein Vielfaches der CO2-Emissionen eines Verkehrsflugzeugs. Dennoch boomt die Branche: Laut einer Analyse des Instituts CE Delft sei die Zahl der Privatjetflüge in Europa im vergangenen Jahr um 64 Prozent auf 572.000 gestiegen.

Der Red-Bull-Ring in Spielberg sieht sich als Vorzeigebeispiel in Sachen Nachhaltigkeit. Die Rennstrecke sei vom Autosport-Weltverband Fia zuletzt mit dem höchstmöglichen Rating von drei Sternen beim Environmental Accreditation Programme ausgezeichnet worden.

Für die Verleihung der Bewertung habe die Rennstrecke "Nachweise von vorbildlichen Verfahren sowie das Bekenntnis zur kontinuierlichen Verbesserung mithilfe eines Umweltmanagementsystems" nachweisen müssen, wie es in einer Aussendung des Red-Bull-Rings heißt. Dazu zählen 17 Punkte, etwa Maßnahmen in Bezug auf Lärmvermeidung, Recycling oder Schulung der Mitarbeitenden.

Öko-Auszeichnung für Red-Bull-Ring

Der Red-Bull-Ring hat 2014 die Initiative "Nimm's Radl" gestartet, die vergangenes Jahr um "Nimm's Shuttle" ergänzt wurde. Das würde laut Red Bull nicht nur Staus, sondern auch CO2-Emissionen vorbeugen. Wie viel Treibhausgase dabei vermieden würden, konnte die APA auf Nachfrage nicht in Erfahrung bringen.

Gottfried Kirchengast, Klimaforscher vom Wegener Center der Universität Graz, hält die Richtlinien des Automobilverbands allerdings für "zahnlos" und sprach gegenüber der APA von "Greenwashing-PR". Die Aussagen von Red Bull seien bei einer "desaströsen Gesamtklimabilanz mit einem hoch überwiegenden Anteil an Luxus- und Verschwendungsemissionen" eine "ziemlich dreiste Irreführung".

Klimaforscher sieht nur kleine Verbesserungen

Eine konkrete Klimaschutzinitiative der Grand-Prix-Organisatoren in diesem Jahr ist das kohlenstoffarme System zur Stromerzeugung, das im Infield der letzten Kurve installiert wurde. Im Vergleich zur Veranstaltung vor einem Jahr soll die dadurch erzielte Verringerung des CO2-Ausstoßes beim Betrieb des Fahrerlagers, der Boxengasse und des Übertragungsbereichs bei etwa 90 Prozent liegen.

Das Energiesystem werde "genügend Energie erzeugen, um den Spitzen- und Dauerbedarf während des Rennwochenendes zu decken, und wird aus nachhaltigeren Quellen gespeist, einschließlich eines Biokraftstoffs aus mit Wasserstoff behandeltem Pflanzenöl", teilte die Formel 1 mit.

Kirchengast meinte, dass auch dabei "im Vergleich zum ungleich größeren Ausmaß der durch den globalen Formel-1-Zirkus pro Grand Prix direkt verursachten und ausgelösten Emissionen wie Großevent-Massenanreisen und Verherrlichung der Automobilität kleine Vor-Ort-Verbesserungen groß hinausposaunt" würden. Es werde damit ein "dünnes grünes Mäntelchen am Laufsteg adrett präsentiert, während es darunter fossil schmutzig und ignorant gegenüber einem fairen Beitrag zu den Pariser Klimazielen" bleibe.

Der Klimaforscher meinte, es sei "schon nett, Solarpaneele zu machen, aber ein ernsthafter Klimaschutzbeitrag beim Business-Case Formel-1-Zirkus erfordert einen tiefgreifenden Wandel dort, wo die großen Emissionen herkommen: also Verkleinerung des Autozirkus durch weniger Teams oder weniger Termine pro Jahr, Wegkommen von der Verbrennungsmotorik und Pushen anderer Mobilitätsformen als Auto, Besucherbegrenzungen pro Event und so weiter." Er sagte auch, dass die kostbaren energieintensiven Biofuels anderswo sinnvoller eingesetzt wären. (pp, APA, 2.7.2023)