Frau sitz vor einem Laptop mit Lernunterlagen
Lernen fürs Studium: Das ist notwendig, wenn ein Test über die Zulassung entscheidet.
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Am heutigen Freitag fand der Aufnahmetest für Medizin als größtes Aufnahmeverfahren für eine Studienrichtung in Wien, Graz, Linz und Innsbruck bereits zum elften Mal statt. Auf die 1850 Studienplätze für das kommende Wintersemester kamen 11.735 Teilnehmende. Der Test dauert inklusive Mittagspause rund acht Stunden: Neben Basiskenntnissen aus Biologie, Chemie, Physik und Mathematik, werden auch Textverständnis, kognitive Fähigkeiten sowie sozial-emotionale Kompetenzen abgefragt.

Und wie bereitet man sich am besten darauf vor? "Drei bis vier Monate habe ich bestimmt gelernt", erzählt Karim. Der 25-Jährige hat den Medizinaufnahmetest im Vorjahr bereits zum zweiten Mal absolviert – und einen der begehrten Studienplätze bekommen. Teure Onlinekurse, wie sie von diversen Plattformen angeboten werden, brauche man seiner Einschätzung nach nicht. "Aber man kann und sollte für jeden Prüfungsabschnitt mit Beispielen und Erklärungen lernen", sagt er.

Keine Alternativen

Bei Studien mit so großem Andrang gebe es laut der Bildungspsychologin Christiane Spiel keine Alternativen zu Aufnahmeverfahren. Doch wie aussagekräftig sind solche Eignungstests? Ganz grundsätzlich könnten diese zwar zeigen, wie wahrscheinlich jemand ein Studium in der vorgesehenen Zeit absolviert. Und sie seien auch dahingehend fair, dass nur die Leistung im Test als Kriterium herangezogen wird.

Einen Kritikpunkt sieht die Bildungspsychologin jedoch bei den Prüfungsinhalten: "Aktuell sind viele Aufnahmeverfahren sehr akademisch aufgebaut. Denn kognitive Fähigkeiten können zuverlässig geprüft werden, was für soziale Fähigkeiten nicht in gleicher Weise gilt. Sie geben auch wenig Einblick in das tatsächliche Studium." Medizinstudent Karim sieht das ähnlich: "Der Test zeigt schon, ob man das Studium wirklich machen möchte, weil viel Zeit für die Vorbereitung notwendig ist. Es wird aber nicht direkt medizinisches Wissen abgefragt, wodurch wenig Bezug zum Studium besteht."

Im Idealfall bieten Auswahlverfahren daher laut Spiel einen Blick in die Zukunft, damit potenzielle Studierende besser abwägen können, ob sie sich für einen Studiengang interessieren. Denn über die Berufsfähigkeit könne man ohnehin keine Aussage treffen: "Ob jemand später einmal eine gute Ärztin oder ein guter Arzt wird, kann ein Test sowieso nicht zeigen", sagt sie.

Breitere Zusammensetzung

Ein grundlegendes Problem sieht die Bildungspsychologin zudem darin, dass Unterschiede im Vorfeld, wie etwa finanzielle Hürden oder fehlende Unterstützung durch die Familie, nicht berücksichtigt werden. "Das führt zu einer sozialen Selektion – wie sie auch schon in der Schule stattfindet. Die Folge davon ist eine Bildungsvererbung, die in Österreich besonders hoch ist", sagt sie, "und um diese einzuschränken, müssten Maßnahmen so früh wie möglich – am besten bereits ab dem Kindergarten gesetzt werden." Denn abgesehen davon, dass Eltern mit niedrigem Bildungshintergrund oft nicht in der Lage seien, ihre Kinder so zu fördern wie Eltern mit Matura oder Hochschulstudium, würden sie ihre Kinder häufig trotz guter Leistungen nicht in ein Gymnasium oder eine weiterführende Schule geben.

Solange über das Bildungssystem Chancengleichheit nicht ausreichend erreicht wird, könne das Einbeziehen weiterer Faktoren daher laut Spiel sinnvoll sein: "Vorstellbar wäre, dass Personen, die bereits ein paar Jahre im Medizinbereich gearbeitet haben, unter anderen Voraussetzungen zugelassen werden." Ist das denn fair? Ja, sagt Spiel. Denn auch bei gezielter Vorteilsgewährung für manche Gruppen müssen die Studierenden das Studium schaffen – genauso wie diejenigen, die auf Basis von guten Testergebnissen aufgenommen wurden. Außerdem würde das dazu beitragen, dass die Gruppe an Absolventinnen und Absolventen heterogener wird – so, wie es auch die Menschen sind, die sie später behandeln. (Anika Dang, 7.7.2023)