Alma Mahler und Oskar Kokoschka vor der Staffelei
Oskar Kokoschka (Valentin Postlmayr) schuf unzählige Bilder der von ihm vergötterten Alma Mahler (Emily Cox). Hier porträtiert der Künstler allerdings Bessie Bruce, die Freundin von Adolf Loos.
Film AG / Alamode Film

Die elegant in Schwarz gekleidete Frau ist begeistert und bezeichnet das Plakat als mutig. Zum ersten Mal steht die frisch verwitwete Alma Mahler vor einem Werk des damaligen Enfant terrible der Wiener Kunstszene, Oskar Kokoschka. Der kaiserliche Thronfolger Franz Ferdinand hingegen findet die Darstellung der frankensteinhaften Frauengestalt mit verzerrtem Gesicht geschmacklos. Die etwa 30-jährige Alma entgegnet ihm fast trotzig: "Guter Geschmack ist das Ende der Kunst."

Daraufhin möchte sich die "berühmteste Witwe Wiens" von dem expressionistischen Maler porträtieren lassen – und eine intensive, nur kurz andauernde Affäre entspinnt sich zwischen den beiden. Um diese dreht sich der neue Film Alma & Oskar des österreichischen Regisseurs Dieter Berner, der bereits den Spielfilm Egon Schiele: Tod und Mädchen produzierte. Die britisch-irische Schauspielerin Emily Cox, die in Österreich aufwuchs, spielt die berüchtigte Alma Mahler, Shootingstar Valentin Postlmayr den exzentrischen Oskar Kokoschka.

Zwei außergewöhnlich spannende Charaktere, zwei Ikonen der Wiener Kunstwelt des frühen 20. Jahrhunderts – und zwei komplexe Figuren. Anziehung und plötzliche Abstoßung folgen aufeinander.

Gesammelte Genies

Ob es wirklich Alma Mahler-Werfels – wie sie nach der geschiedenen Ehe mit Walter Gropius und der Heirat mit Franz Werfel später heißen wird – eigener Wunsch war, von Oskar Kokoschka gemalt zu werden, wie der Film es darstellt, ist ungewiss. Gesichert ist, dass der 26-jährige Künstler 1912 bei Almas Stiefvater Carl Moll zu Gast war und wahrscheinlich der Hausherr die Idee für das Porträt hatte.

Beim ersten Aufeinandertreffen spielt Alma Klavier, Oskar zeichnet sie; schon wenige Tage später schreiben sie einander Liebesbriefe – insgesamt werden es 400 solcher Korrespondenzen –, und nach nur wenigen Treffen möchte Oskar Alma ehelichen. "Man muss doch nicht gleich heiraten", lacht seine Angebetete, die bekannt war für ihre unzähligen, parallel zueinander geführten Liebschaften.

Gerade erst ist ihr Gatte, der große Gustav Mahler, verstorben. Und neben Kokoschka führt sie eine Fernbeziehung mit dem Berliner Architekten Walter Gropius. "Ich fühl’ mich einfach wohl, wenn ich von Genies umgeben bin", sagt Alma einmal in schönstem Wienerisch.

ALMA & OSKAR Trailer German Deutsch (2023)
Kinostart: 06.07.2023 Alma & Oskar Regie: Dieter Berner Besetzung: Emily Cox, Valentin Postlmayr, Táňa Pauhofová, Anton von Lucke Abonniere gern auch unseren Hauptkanal: https://www.youtube.com/channel/UCoxdNlqvQzz0HYtKM0Qidfw?sub_confirmation=1 Wien, 1912:
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Raserei und Besessenheit

Und auch den Oskar, der sich mit seinem modernen Stil gegen den vorherrschenden Konservatismus durchsetzen muss, möchte die gut vernetzte Alma zum Kunststar pushen. Durch seinen Erfolg und ihre Rolle (als Modell) erwartet auch sie sich Ruhm. Wie die Mona Lisa möchte die junge Wienerin auf der Leinwand festgehalten werden.

Als Kokoschka sein Doppelporträt der beiden nicht verkaufen kann, entzieht sie sich ihm. Kein Erfolg – keine Zuneigung. Zahlreiche Zeichnungen und Gemälde wie Die Windsbraut schafft der Maler über die Jahre von seiner Geliebten. Erste Anzeichen seiner Besessenheit von Alma machen sich bald bemerkbar und gipfeln bekannterweise in der Erschaffung seiner Alma-Puppe, die der Künstler extra nach ihrem Vorbild anfertigen lässt.

Leidenschaftliche Sexszenen wechseln sich mit heftigem Streit und toxischen Eifersuchtsszenen ab. Nicht selten kommt es zwischen den beiden zu Handgreiflichkeiten. In einer Szene stürmt Kokoschka sogar die Wohnung von Gropius in Berlin. "Ich dulde keine anderen Götter neben mir", wütet er in seiner Raserei.

Abruptes Ende

Doch bald beginnt sich Alma zu langweilen. Schon 1914 neigt sich die Affäre dem Ende zu, als Oskar zum Militär einberufen wird. Während sich der Künstler von einer Kopfverletzung erholt, heiratet Alma ihren Gropius.

Ab Kriegsbeginn macht der Film konfuse Sprünge, um dann etwas abrupt zu enden. Zwar bleibt man sehr dicht an den Biografien der beiden, dennoch müssen manche Szenen als stilistische Dramatisierungen und nicht unbedingt historische Akkuratesse eingeordnet werden.

Emily Cox spielt sorgenlos mit einer kühlen Distanz, die den starken Stimmungsschwankungen Almas nicht ganz gerecht wird – es ist aber auch keine einfache Rolle. Postlmayr gibt Oskar als fast plumpen und getriebenen Sturkopf, der die große Alma gern für sich allein gehabt hätte. (Katharina Rustler, 4.7.2023)