Kräuterbeet
Da sieht man das Beet vor lauter Kräutern nicht: Diese Pflanzen müssen nicht mehr versorgt werden, das erledigt eine Maschine.
Der Standard / Stefan Mey

Wer – so wie ich – trotz Ermangelung eines grünen Daumens im Garten aktiv sein möchte, der fängt meist mit einem simplen Kräuterbeet an. "Simpel"? Selbst diese vermeintlich einfache Aufgabe stellt notorische Stubenhocker vor scheinbar unlösbare Aufgaben, die vom täglichen Gießen bis zum Bekämpfen gefräßiger Schnecken reichen. Noch schlimmer wird das Ganze in der Urlaubszeit, wenn Nachbarn und Verwandte zur Erhaltung der Hobby-Feldfrüchte ausrücken müssen. Doch zum Glück leben wir ja im 21. Jahrhundert und können daher auch dieses Problem – zumindest teilweise – mit Technik lösen.

smart Sensor Control Set
Teil 1 unserer Ausstattung: das "Smart Sensor Control Set".
Der Standard / Stefan Mey

Das Herz unseres mehrmonatigen Tests ist dabei eine smarte Bewässerungsanlage von Gardena, welche die Pflanzen automatisch gießt und sich bei den Bewässerungsplänen auch an Faktoren wie der Wettervorhersage oder der Feuchtigkeit des Bodens orientiert. Günstig ist das nicht: Das smarte Gesamtset inklusive Hub, Sensor und Steuerung des Wasserhahns kostet direkt beim Hersteller 289,99 Euro, das ebenfalls empfohlene Micro-Drip-System bewegt sich je nach Größe im niedrigen bis hohen zweistelligen Eurobereich. Für unseren Test kam ein Set für 15 Pflanzen (Herstellerpreis: 39,99 Euro) zum Einsatz.

Nach über zwei Monaten Testzeit lässt sich zusammenfassend sagen: Alle Pflanzen haben überlebt, obwohl ich kein einziges Mal selbst gegossen habe. Es gab jedoch auch manchmal Ärgernisse, die man sich bei einem Gesamtpreis von über 300 Euro nicht erwarten würde.

Micro-Drip-System
Teil 2 des Systems: Micro-Drip-Paket.
Der Standard / Stefan Mey

Einrichtung

Schritt eins eines solchen Projekts ist freilich die Anschaffung diverser Kräuter im Gartenmarkt, in meinem Fall reichte die Palette von simpler Pfefferminze bis zu diversen Chilisorten. Nachdem diese in alte Eternit-Tröge und einen größeren Topf (in welchem später auch der Sensor steckte) eingepflanzt wurden, geht es sogleich an die Einrichtung des smarten Systems, und dieser Schritt beginnt mit der Installation der Gardena-App sowie der Einrichtung des Gardena-Hubs.

Gardena Hub.
Steht unauffällig in der Wohnung herum: der Gardena-Hub.
Der Standard / Stefan Mey

Der Hub befindet sich im Inneren des Hauses und dient als Brücke zwischen den Geräten im Garten und dem hauseigenen WLAN, sodass die Bewässerung auch aus der Ferne gesteuert werden kann. Die Einrichtung des Hubs ist weitgehend idiotensicher: Das schwarze Kastl wird an den Strom angeschlossen und mit dem Heimnetz verbunden, die App führt verständlich durch den Prozess und bittet unter anderem um einen Scan der Gateway-ID. Empfohlen wird die Einbindung via LAN-Kabel, anschließend kann dieses aber auch getrennt und die Box im WLAN genutzt werden.

Die nächsten Schritte finden in der wilden Gartenwelt statt. Hier kommen verschiedene Geräte zum Einsatz: Das Gerät namens "Water Control" wird direkt an den Wasserhahn angeschlossen und öffnet oder schließt auf Befehl eine kleine Schleuse. Beim Öffnen wiederum fließt das Wasser über einen dünnen Schlauch in das Micro-Drip-System, das wiederum so heißt, weil es jede einzelne Pflanze  mit einer individuellen Düse tröpfchenweise mit Wasser versorgt. Der Smart Sensor wiederum steckt im Boden und misst dort Temperatur und Feuchtigkeit.

Gardena Water Control
Steuert die Bewässerung: "Water Control" von Gardena.
Der Standard / Stefan Mey

Sowohl Water Control als auch Sensor werden mit AA-Batterien bestückt und anschließend über die App mit dem Gardena-Hub vernetzt, also in das Smart Home eingebunden. Es empfiehlt sich, diesen Schritt als Erstes durchzuführen, da sogleich ein Update der Firmware installiert wird. Das hat mit meiner äußerst ländlich geprägten Internetverbindung für beide Geräte rund eine Stunde gedauert – Zeit, die aber längst nicht ungenutzt verstreicht: Währenddessen kann nämlich das Micro-Drip-System eingerichtet werden, indem der mitgelieferte Schlauch in kleine Teile zerschnitten, nach jedem Abschnitt eine Düse angebracht und schließlich das Gesamtkonstrukt im Beet angebracht wird.

Im Einrichtungsprozess zeigt sich eine erste Herausforderung: Wer wie ich in einer alten Immobilie lebt, der hat eventuell mit Wasserhähnen zu kämpfen, deren Gewinde nicht mehr ganz dicht ist. Während dies beim regulären Pflanzengießen ein eher kleines Problem darstellt, kann dies bei einem Gerät, das 24/7 an einen offenen Hahn angeschlossen wird, schon zu einem gewissen Wasserverlust führen. Die Lösung für dieses Dilemma: ein spezielles Tape aus dem Baumarkt, das auf das Gewinde aufgetragen wird und dieses somit abdichtet. Nach etlichen Versuchen mit viel Fummelei bin ich nun wieder um eine Erfahrung reicher.

Gewinde-Dichtband. 
Dinge, von denen man nicht wusste, dass man sie braucht: ein Gewinde-Dichtband.
Der Standard / Stefan Mey

Alles smart?

Ist der leidige Teil im Garten einmal erledigt, so können wir endlich wieder das tun, was wir am besten können: auf unser Smartphone starren. Denn zwar ist es auch möglich, die Bewässerung per Druck einer großen Taste auf dem Water-Control-Gerät zu aktivieren, viel mehr Spaß macht es aber natürlich vom Sofa aus, bzw. ist die automatisierte Bewässerung sinnvoller, damit man nicht immer von selbst daran denken muss.

Wie viel Wasser die Pflanzen nun tatsächlich brauchen, das wird zumindest theoretisch von einer Datenbank in der App beantwortet. "Theoretisch" muss es an dieser Stelle leider heißen, weil die angebliche Objekterkennung via Handykamera die Pflanzen meist nicht identifizieren konnte und auch eine Texteingabe oft keine befriedigenden Ergebnisse lieferte: Keine einzige meiner Chilisorten kannte das System, so musste ich mich also stattdessen mit der verwandten, hundsgewöhnlichen Paprika begnügen. Immerhin: Das Gesamtbild meiner Sammlung zeigt mir, dass meine Pflanzen viel Licht und wenig Wasser brauchen. Und dass bei vielen Pflanzen die Tröge eine gute Wahl waren, da sich die Pflanzen sonst unkontrolliert ausbreiten würden.

Micro Drip von Gardena
Gießt die Pflanzen Tropfen für Tropfen: das Micro-Drip-System.
Der Standard / Stefan Mey

Anschließend wird im "Gardena-unterstützten Modus" ein automatischer Bewässerungsplan erstellt. Clever: Das System holt sich die Sonnenauf- und -untergangszeiten aus dem Netz und schaut somit, dass nicht bei voller Sonneneinstrahlung gegossen wird. Ebenso wird bei Regenprognose die Bewässerung übersprungen – es zeigte sich  im zweimonatigen Test jedoch, dass die Gardena-Versprechen nicht immer hielten und trotz Regen automatisch gegossen wurde. Hier ist eine entsprechende Feinjustierung im Lauf der Nutzung nötig. Praktisch ist wiederum vor allem im Frühjahr, dass die App vor prognostiziertem Frost warnt: Wer hier aufmerksam ist, der kann ein zu frühes Einpflanzen und somit ein Sterben der Pflanzen verhindern.

Hinzu kommen freilich die Möglichkeit, eine zusätzliche Bewässerung bei Bedarf über die App zu starten, sowie die Option, die Gardena-Produkte in Smart-Home-Systeme von Amazons Alexa (nicht getestet) oder Google einzubinden. Und das kann vor allem in Verbindung mit den dazugehörigen Sprachassistenten Spaß machen, indem man sich vor Gästen Fragen wie "Okay Google, wie feucht ist das Kräuterbeet?" beantworten lässt. Diese Informationen lassen sich freilich auch unterwegs abrufen beziehungsweise die Bewässerung aus dem Urlaub heraus starten.

Und wer besonders motiviert ist, der erstellt sich einen Ablauf: Wenn ich morgens meinen Smart Speaker mit einem freundlichen "Guten Morgen" begrüße, dann liefert mir dieser neben Terminen, Wettervorhersage und Nachrichten auch stets ein Update zum Zustand des Kräuterbeets. Dass hier immer von "Luftfeuchtigkeit" anstatt von "Bodenfeuchtigkeit" die Rede ist, verbuche ich als digitale Schrulligkeit, die irgendwo in der Vernetzung der verschiedenen Systeme entstanden ist.

Sensor als größte Schwachstelle

Gerade der Sensor entpuppt sich im Test allerdings auch als die größte Schwachstelle des Systems, ist dieser doch teils etwas ungenau und liefert oft nicht nachvollziehbare Werte. Was ärgerlich ist, da die Bewässerung manchmal ausgesetzt wird, wenn die Feuchtigkeit des Bodens angeblich hoch genug ist. Dies war im Testzeitraum teils der Fall, weshalb ich den Sensor einmal wieder ausgebuddelt, zurückgesetzt und wieder neu eingepflanzt habe. 

Gardena Smart Sensor für Beete
Halluziniert gerne mal falsche Werte: der Smart Sensor.
Der Standard / Stefan Mey

Da beim Einpflanzen zwecks Eichung viel Wasser hinzugefügt werden soll, zeigte der Sensor anschließend tagelang 100 Prozent Bodenfeuchtigkeit an, was laut Gardena auch normal ist. Und tatsächlich waren die Werte dann für ein bis zwei Wochen nachvollziehbar – bis die Hitzewelle einsetzte und der gemessene Wert plötzlich auf null Prozent sank, obwohl es um die Pflanzen herum feucht war. Der Wert sprang erst wieder auf 40 Prozent, nachdem ich drei Tage hintereinander jeweils mehrere Stunden bewässert hatte.  

Warum das so ist? Zu Redaktionsschluss befinde ich mich noch auf Fehlersuche. Gut möglich, dass das Gerät nochmals geeicht werden muss. Oder aber es misst nicht vernünftig, wenn es nicht nah genug an einer Düse des Micro-Drip-Systems platziert wurde. Vielleicht liegt es aber auch daran, dass das Gesamtsystem aufgrund von Problemen mit dem hauseigenen WLAN für zwei Tage offline war. In jedem Fall ist klar: Damit alles aufeinander abgestimmt ist, ist auch hier viel Feintuning nötig.

Mit 3D-Druck gegen die Schneckenplage

So viel zum Gießen – doch bekanntermaßen ist dies nicht die einzige Herausforderung für Hobbygärtnerinnen und -gärtner. Ein anderes Thema sind die Schädlinge, allen voran die Schnecken, welche sich begeistert an meiner Pfefferminze bedient haben. Kurz habe ich in diesem Kontext an die Anschaffung von Laufenten gedacht, dann aber doch beschlossen, mich auch hier an Lösungen aus der Welt der Makerinnen und Maker zu versuchen. Oder, anders gesagt: Höchste Zeit, den 3D-Drucker einzuheizen!

So fand ich auf der Plattform Thingiverse eine angeblich effektive Schneckenfalle, die mit Bier befüllt werden soll, in welchem die Biester einfach ertrinken. Das wäre insofern praktisch, als ich den Rohstoff ja auch selber herstelle. Allerdings ließ die Enttäuschung nicht lange auf sich warten: Schon bald war das Gefäß leer, wie zum Hohn sah ich drum herum die Schleimspuren, ertrunken ist aber keine von ihnen. Vermutlich haben sich die Schleimer also zuerst auf meine Kosten besoffen, um anschließend zum Minzmahl voranzuschreiten. 

Schneckenfalle mit Bier.
Eher ein Fail: die Schneckenfalle.
Der Standard / Stefan Mey

Also habe ich den Rechner angeworfen und in der Freeware Designspark Mechanical eine eigene Lösung gebaut: einen Schneckenzaun, an dem die Viecher nicht hochklettern können und der je nach Bedarf skaliert und angepasst werden kann. Das Modell steht unter diesem Link kostenlos zum Download zur Verfügung. 

Schneckenring
Macht, was er soll: mein Schneckenzaun.
Der Standard / Stefan Mey

Fazit

Der Versuch eines automatischen Kräuterbeets darf insofern als Erfolg gewertet werden, als nach über zwei Monaten noch alle Pflanzen leben, ohne dass ich selbst mit der Gießkanne ausrücken musste. Und das kann angesichts meiner Garten-Inkompetenz durchaus als Erfolg gewertet werden. Das System funktioniert also generell, die Steuerung in der Smart-Home-Integration macht oft Spaß, und man muss nicht mehr jeden Abend ans Gießen denken.

Allerdings heißt das nicht, dass man ein sorgloses Leben führt. So habe ich im Lauf des Tests immer wieder die Feuchtigkeit im Beet abgefragt und anschließend die App gestartet, um Feinjustierungen vorzunehmen, vor allem der Sensor sorgte immer wieder für Kopfzerbrechen. Wer also von dem recht hohen Anschaffungspreis abgeschreckt ist, der kann sich überlegen, zumindest auf das Messgerät zu verzichten. Aber andererseits: Dadurch geht auch ein schöner Teil des Angebereffekts verloren, der ja auch einen gewissen Reiz bei solchen Anschaffungen ausmacht. (Stefan Mey, 10.7.2023)

Hinweis im Sinne der redaktionellen Leitlinien: Das Bewässerungssystem wurde von Gardena zu Testzwecken zur Verfügung gestellt. Der 3D-Drucker wurde von Anycubic zur Verfügung gestellt.