Tom Cruise Mission Impossible
Vanessa Kirby (rechts) hat Ethan Hunt und seinen Maßanzug gut im Griff.
Paramount Pictures

Fast scheint es, als führte uns der siebte Mission: Impossible-Film, Dead Reckoning Part One, zurück in die Ära des Kalten Krieges. Ein russisches U-Boot schiebt sich durchs arktische Meer. Dank moderner Technologie kann niemand es orten. Jagd auf Roter Oktober lässt grüßen. Doch wir leben im digitalen Zeitalter, Währungsmittel der Mächtigen sind keine Atombomben, sondern Wahrheit und Fakten. Zumindest jener, "wie wir sie kennen", wie die Protagonisten später festhalten.

Die Camouflage des Boots stammt von einer künstlichen Intelligenz, die ein Bewusstsein entwickelt hat. Als "Entität" strebt sie nun nicht nur nach Kontrolle über alles Wissen, sie macht sich auch den Kontrollwahn der Menschen zunutze, um sich auszubreiten. Die Regierungen der Welt wollen die KI als Waffe nutzen. Dafür brauchen sie aber die zwei Hälften eines Schlüssels, der zuletzt auf dem russischen U-Boot gesehen wurde.

Impossible-Mission-Force-Agent Ethan Hunt, erneut dargestellt von Action-Tausendsassa Tom Cruise, soll die beiden Hälften des Schlüssels finden. Er will die Entität jedoch zerstören. Dafür rekrutiert er seine alten IMF-Mitstreiter Luther Stickell (Ving Rhames), Benji Dunn (Simon Pegg) und Ex-MI6 Ilsa Faust (Rebecca Ferguson). Das Abschalten der Entität gelingt allerdings nur, wenn man an ihren unmanipulierten Quellcode kommt. Niemand weiß, wo der zu finden ist. Die Entität selber will mithilfe von Gabriel (Neuzugang Esai Morales), einem alten Widersacher Hunts, dafür sorgen, dass es auch so bleibt.

Gelöschte Daten

Die Figur Gabriels erscheint Ethan nicht nur in Rückblenden, sie ist ein Geist, dessen Existenz die Entität fortwährend aus allen Datenbanken dieser Welt löscht. Der Kampf um die Weltdominanz geht ohne Aufsehen vor sich. Geister der Vergangenheit sind es auch, die Tom Cruise’ Ethan seit dem Beginn der Reihe 1996 jagen. Sie bedeuten Gefahr für die Frauen in seinem Leben. Sie bewirken, dass jede Person, die mit ihm in Kontakt gerät, ein Ablaufdatum hat.

Kein Ablaufdatum hat das Franchise selber: Mission: Impossible ist eine der wenigen modernen Actionreihen, die durch die Bank positiv von Kritikern und Publikum aufgenommen wurden. Inzwischen untrennbar mit dem Namen Tom Cruise verbunden, begann Mission: Impossible 1966 als Fernsehserie, die hier unter dem Titel Kobra, übernehmen Sie bekannt wurde. Namhafte Stars waren Martin Landau, Leonard Nimoy, Leslie Ann Warren oder Sam Elliott.

KinoCheck

Brian De Palmas geübte Thriller-Handschrift, der hohe Verschleiß an Hollywoodstars in den ersten paar Minuten sowie ikonische Szenen wie das Abseilen in einen Sicherheitsraum machten die filmische Adaption 1996 zum Kult. Seither haben sich einige Regisseure an der Reihe versucht. Doch es ist Christopher McQuarrie, der seit dem fünften Film Rogue Nation gemeinsam mit Cruise am Erfolgsrezept bastelt.

So wie Cruise ein Held der alten Schule ist, dessen Name größer ist als das Franchise selbst, so hat sich auch McQuarrie dem altmodischen Actionkino verschrieben. Wie schon seine Vorgänger besticht Dead Reckoning dadurch, dass er die Handlung genauso ernst nimmt wie die Actionsequenzen. Wo andere immer größere Pixelschlachten im Minutentakt bieten, setzten Cruise und McQuarrie auf Stunts, die von Cruise selbst durchgeführt werden.

Flotte Choreografien

Auch wenn der siebte Teil manchmal zu sehr mit visuellen Effekten liebäugelt, so fühlt er sich stets geerdet an. Die Actionsequenzen sind durchdachte Choreografien mit flotten und komödiantischen Momenten, kein hastig zusammengewürfelter Clip. Dazwischen findet der Film Zeit für eine dramaturgische Pause und führt auch Neuzugänge wie Hayley Atwells Diebin Grace ein.

Tom Cruise Mission Impossible
Der Berg hat gerufen, nun geht es via Motorrad möglichst ohne Umweg zu Tale.
Paramount Pictures

Das Setzen auf Altbekanntes geht auch an den Figuren der Handlung nicht spurlos vorüber. Es gäbe ein Muster in seinen Missionen, meint CIA-Direktor Eugene Kittridge, ein aus dem ersten Teil zurückgekehrter Henry Czerny, zu Hunt. Er hat nicht unrecht. Erneut findet man die bereits erwähnte Sorge Ethans, dass er seinen Mitstreitern den Tod bringt, Luthers weise Kommentare, Ilsas unklare Loyalitäten sowie Benjis und Ethans Kabbelei, wenn Ersterer Ethan einen spektakulären Stunt aufzwingt – sei es ein Sprung auf ein startendes Flugzeug, über Häuser oder, wie hier, mit einem Motorrad von einem Berg.

Doch es liegt auch eine gewisse Eleganz darin, das Beständige neu verpackt wiederzusehen. Der Erfolg der Reihe liegt nicht nur darin, dass McQuarrie und Cruise spannendes Popcorn-Kino für die größtmögliche Leinwand schaffen. Sie haben auch ein Oxymoron des modernen Publikumkinos geknackt. Im Zeitalter der Franchises, Sequels und Prequels befriedigen sie sowohl den Wunsch, "noch einmal dasselbe" zu sehen, wie sie neue Szenerien und inhaltliche Höhepunkte bieten. Eine fast unmögliche Mission. Doch sie haben sich ihrer angenommen. (Susanne Gottlieb, 7.7.2023)