Will man die Hitze in den Städten in den Griff kriegen, muss man vor allem auf Bäume setzen, schreibt Landschaftsarchitekt Daniel Zimmermann in seinem Gastkommentar.

Dieser Tage wird uns vor Augen geführt, dass es nicht mehr besser werden wird. Weder mit der Hitze noch mit dem Wasser. Im Sommer ist es ungemütlich in unseren urbanen Siedlungsräumen. In den kommenden Jahrzehnten wird es mitunter sogar unerträglich werden. Dennoch handeln viele Verantwortliche so, als gäbe es kein drängenderes Problem. Es wird "gemenschelt", also weiterhin verdrängt und aufgeschoben.

Als Landschaftsarchitekt sehe ich naturgemäß vor allem, was mit den Freiräumen und den Bäumen passiert. Und das ist angesichts der Temperaturen dramatisch. Hitze- und Trockenschäden bereits vor dem Sommer, absterbende Bäume und schlohweiße Wiesenflächen trotz eines vermeintlich feuchten und kühleren Frühjahrs. Das ist der Status quo. Und wie sieht es auf der Seite unserer Städte und Gemeinden aus? Was wird aktiv als Reaktion auf den Klimawandel getan? Reichen die Maßnahmen aus, um die Effekte für uns Menschen so gering wie möglich zu halten? Um die Antwort vorwegzunehmen – es passiert angesichts der deutlichen Verschlechterungen noch immer viel zu wenig.

Hitze Stadt Sommer Klima
Im Sommer wird es in den Städten immer heißer. Was tun? Weniger versiegeln und mehr Begrünung, am besten mit Bäumen, wäre wohl eine gute Lösung.
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So viele Straßen und Plätze werden saniert und umgebaut, ohne dass eine echte mikroklimatische Verbesserung herbeigeführt wird. Wir vergeuden damit Zeit und verschwenden wertvolle Ressourcen, dabei gibt es bereits Lösungen. Die fortschreitende Klimaerhitzung stoppen wir damit zwar auch nicht – so ehrlich muss man sein, denn das können wir nur durch die radikale Vermeidung des Ausstoßes treibhausrelevanter Gase schaffen –, aber wir könnten Lösungen anwenden, die technisch gut funktionieren und die die dramatischen Auswirkungen der laufenden klimatischen Verschärfungen in unseren Städten abschwächen. Die Hitze, die Trockenheit und die Bedrohung durch Starkniederschläge. Aber damit müssten wir jetzt beginnen!

"Der Klimawandel und die notwendigen Maßnahmen zur Abminderung der Auswirkungen auf uns Menschen sind bei uns noch nicht angekommen."

Eine der vorhandenen Lösungen ist das Schwammstadtprinzip für Bäume. Dabei werden Bäume an Straßen und in Siedlungsräumen so gepflanzt, dass sie alterungsfähig und vital werden. Mit einem einfachen Bauprinzip wird im Untergrund genügend Platz für Wurzeln und Oberflächenwasser für jeden Baum geschaffen. Die gesunde Wurzelentwicklung der kommenden Jahrzehnte wird vorbereitet, und die Bäume können sich prächtig entwickeln und all ihre positiven Effekte zum Einsatz bringen: vor allem Schatten spenden, CO2 binden, Wasser verdunsten, Biodiversität erhalten, eine angenehme Atmosphäre schaffen … Und, was für die Menschen in den Städten der nächsten Jahrzehnte wesentlich sein wird, die gefühlte Temperatur deutlich reduzieren. Das ist der "Schanigarteneffekt" – dort, wo große, ausgewachsene Bäume Schatten spenden, dort halten wir uns am liebsten auf. Das haben auch die letzten heißen Tage wieder gezeigt.

Neben dem vitalen Baum bringt das Schwammstadtprinzip einen weiteren Nutzen: Der Untergrund wird dank der richtigen Mischung aus groben Steinen, Hohlräumen (= große Poren) und der Beigabe eines lokalen Feinsubstrats mit Pflanzenkohle (= sehr viele feine Poren) zum Schwamm. Dieser Schwamm kann bei starken Niederschlagsereignissen viel Wasser aufnehmen und zwischenspeichern. Es wird also zusätzlich Wasser, das sonst zur Bewässerung verwendet werden muss, gespart. Denn derzeit werden noch immer mehr als 90 Prozent des Oberflächenwassers der versiegelten Stadt über den Kanal und die Kläranlagen in die großen Flüsse gespült. Kein System kann sich das auf Dauer leisten! Ziel muss es sein, unsere Städte weitestgehend "klimafit" zu bekommen. Und klimafit bedeutet, Straßen so zu entsiegeln, dass wichtige Funktionen wie die sichere Wasserableitung oder die Begrünung, vor allem mit Bäumen, gewährleistet sind. Es bedeutet aber auch, viel unversiegelten Boden als wichtigen Klimapuffer und die Bestandsbäume zu erhalten. Deshalb muss (!) der Bestandsbaumschutz in Österreich – in jeder Gemeinde – neu formuliert und aus der Sicht des Klimawandels neu verordnet werden. Am besten gleich inklusive der Nutzbäume – die Obstgehölze gelten in unserem Land in Sachen Baumschutz noch immer als "Freiwild".

So sind zum Beispiel Nussbäume als sehr klimaangepasst bekannt und weisen einen tiefen, angenehmen Schatten auf. Es gilt ab sofort bei jeder baulichen Maßnahme bei Plätzen und Straßen im Bestand den vorhandenen Raum so zu verteilen, dass Bäume an der Oberfläche und im Untergrund Platz zum Wachsen haben und das Wasser sinnvoll genutzt werden kann.

Mehr Grün

Aber wie ist der Status quo? Der Klimawandel und die notwendigen Maßnahmen zur Abminderung der Auswirkungen auf uns Menschen sind bei uns noch nicht angekommen. So tragen parkende Pkws in den Städten wesentlich zur Erhöhung der Temperatur in der Nacht bei. Dies, weil sie die heiße Luft unter der Karosserie erst langsam in der Nacht abgeben und so "Tropennächte" unterstützen. Und diese sind in Grätzeln wie dem Wiener Fasanviertel jetzt schon deutlich spür- und messbar. Dass Nebelduschen nicht zur dauerhaften Reduzierung der gefühlten Temperatur im öffentlichen Raum beitragen, daran ist nicht nur der Wind schuld, der die Tröpfchen verträgt. Das System ist sehr ressourcenaufwendig und maximal im Umfeld von zwei Metern spürbar.

Für echte Klimawandelanpassungsmaßnahmen in unseren Städten reicht das nicht. Wir brauchen vor allem mehr Grün. Aufgrund unserer übertechnisierten Bauweisen im Straßenbau der letzten 40 Jahre wurde aus den Standorten für Straßenbäume ein Unort für Bäume. Daran ist vor allem der fehlende Durchwurzelungsbereich schuld. Es ist noch immer so, dass ein Großteil der Bäume 15, 20 Jahre nach der Pflanzung – noch bevor sie richtig klimawirksam sind – gefällt werden muss. Das ist derzeit die Realität in jeder österreichischen Stadt.

Fragen Sie nach, wie in Ihrer Gemeinde die Bäume gepflanzt werden! Schauen Sie beim Pflanzen zu, ob das Loch eines Baums würdig ist. Bringen Sie sich aktiv ein und seien Sie sensibel im Umgang mit Bestandsbäumen, denn bis wir eine Neupflanzung wieder in die entsprechende Größe bekommen, sind die Wachstumsbedingungen wesentlich erschwerter.