Mann am Schreibtisch sitzt vor Ventilator.
Bei Hitze kann das sogenannte Sick-Building-Syndrom eintreten.
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Wir spüren es gerade und haben es nun (mal wieder) schwarz auf weiß: Es ist und wird sehr heiß. So heiß sogar, dass das Arbeiten in den eigenen vier Wänden schon bald nicht mehr möglich sein könnte. Schuld daran ist die von uns Menschen verursachte Klimakrise. Das fand die neue Studie "Heat vs. Health: Home Office under a Changing Climate" im Zuge des Projekts "NORM" unter Mitwirkung der Medizinischen Universität Wien heraus.

In dem Forschungsprojekt wurden die Auswirkungen des Klimawandels auf die Gesundheit der Menschen untersucht und städtebauliche Lösungsansätze zur Erleichterung der Arbeitsbedingungen formuliert.

Gründe für höhere Temperaturen

Hitzewellen, die aufgrund der Klimakrise immer extremer werden, haben erhebliche negative Auswirkungen auf das Wohlbefinden. Insbesondere davon betroffen sind Menschen in städtischen Gebieten. Das ist gravierend, da die Mehrheit der Weltbevölkerung in Städten lebt und arbeitet. 

Urbanisierung und die zunehmende Bodenversiegelung tragen erheblich zu diesem Problem bei. Auf lokaler Ebene erhöht der städtische Wärmeinseleffekt das thermische Unbehagen und den Kühlbedarf. Das Forschungsteam unter anderem der Medizinischen Universität Wien, der Universität für Bodenkultur und der Wien Greenpass GmbH simulierte für die Studie auf der Grundlage von Klimaszenarien die repräsentativsten städtischen Typologien und Freiraumstrukturen. Damit wurden zukünftige Bedingungen und deren Auswirkungen auf den Menschen berechnet.

Hitzestress und das Sick-Building-Syndrom

In der obersten Etage ist die Gefahr vor Überhitzung am größten. In der Studie wurden 32 Grad Celsius tagsüber und 24 Celsius nachts als maximale Temperaturen definiert, die eine Überhitzung verhindern. Auch Licht, Luftqualität, Luftfeuchtigkeit und der Zustand des Gebäudes haben Auswirkungen auf die Gesundheit.

Studien ergaben, dass hohe Außentemperaturen zum Sick-Building-Syndrom (wörtlich übersetzt "Krankes-Gebäude-Syndrom") beitragen können – einer Reihe unspezifischer Symptome, die bei Bewohnern auftreten, wenn sie sich in einem Gebäude mit schlechter Raumluftqualität aufhalten. Diese ist der wichtigste Risikofaktor, der zu Gesundheitsproblemen beiträgt und möglicherweise Schläfrigkeit, Halsschmerzen oder akute Atemwegsprobleme verursacht.

Die Ergebnisse der Studie deuten darauf hin, dass in zukünftigen Klimaszenarien eine Überhitzung des Innenraums ohne Kühlmaßnahmen nicht mehr verhindert werden kann. Deshalb seien Empfehlungen zu ergonomischer Ausstattung, Verhalten in der Klimakrise und während hoher Temperaturen – zum Beispiel durch Lüftungstechniken oder andere wärmeeindämmenden Maßnahmen – für Mitarbeitende im Homeoffice dringend erforderlich, um Schadstoffe und Sick-Building-Syndrom-Symptome gering zu halten.

25 Grad Celsius als ideale Temperatur

Um die geistige Leistungsfähigkeit im Homeoffice bei überwiegend sitzenden Tätigkeiten zu erhalten, empfiehlt sich eine Temperatur von maximal 25 Grad Celsius. Bei Temperaturen deutlich über 30 Grad ist ein konzentriertes Arbeiten deutlich erschwert.

"Ideale Bedingungen für Homeoffice sind bei steigenden Temperaturen im eigenen Wohnraum zunehmend schwierig herzustellen", erklärt die Umweltmedizinerin Daniela Haluza, die in der Abteilung für Umwelthygiene und Umweltmedizin am Zentrum für Public Health der Medizinischen Universität Wien arbeitet. "Viele derzeitige städtebauliche Gegebenheiten wie Bodenversiegelungen und großflächige Glasfassaden heizen die Temperaturen an. Und der Betrieb von Klimaanlagen beruht auf fossiler Energie, was wiederum zur globalen Erwärmung beiträgt."

Aber es gibt auch gute Nachrichten: Es gibt Hinweise darauf, dass die Arbeit von zu Hause aus den CO2-Ausstoß senken kann, selbst wenn neue Geräte gekauft werden und sowohl Büros als auch Wohnungen beheizt und beleuchtet werden müssen. 

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In Graz könnte es kritisch werden

Die Studie verglich auch die Temperaturen in Wien, Graz und Innsbruck. Die Forschenden fanden in ihren Simulationen heraus, dass Wien die höchsten Temperaturen verzeichnen wird. Aber Graz könnte es laut den berechneten Zukunftsszenarien noch schlechter treffen: Denn hier herrsche eine höhere Luftfeuchtigkeit als in den anderen beiden Städten.

Der Maximalwert (20 Grad Celsius Taupunkttemperatur) könnte in Graz nicht nur wie jetzt zweimal im Jahr überschritten werden, sondern jährlich sogar 16-mal oder bis zu einem Monat. Das ist unter anderem in der Beckenlage der Stadt begründet, da dadurch weniger Luftaustausch stattfindet. Und das kann dann für Menschen sehr unangenehm werden.

"Die Luftfeuchtigkeit ist ein wichtiger Indikator für das Wohlbefinden von Menschen. Herrscht höhere Luftfeuchtigkeit, kann Schweiß weniger gut trocken. Damit ist unser körpereigenes Kühlsystem weniger funktionstüchtig, und wir können uns schlechter abkühlen", erklärt Daniela Haluza.

Vorteile von Homeoffice an heißen Tagen

Jede und jeder reagiert auf Hitze anders. "Wer im Homeoffice arbeitet, kann eventuell die Pausenzeiten selbst einteilen, eine Siesta halten – sofern das die Tagesplanung zulässt, oder sich mit einem Fußbad abkühlen", sagt Huzla. Ihr ist aber bewusst, dass dies ein Luxus ist, so arbeiten zu können und zu dürfen. Und falls das alles nicht hilft, hat sie noch einen Tipp gegen Hitze: alles so leicht wie möglich – leichte Kleidung und einfache Routineaufgaben statt anstrengender Herausforderungen.

Für Personen, die in warmen Wohnungen arbeiten, könnte die Flucht ins klimatisierte Büro besser sein. "Sinnvoll wäre aus meiner Sicht, dass Unternehmen Arbeitsort und Arbeitszeit noch weiter flexibilisieren – gerade an heißen Tagen", meint Huzla. 

Höchste Zeit, Maßnahmen gegen die Klimakrise zu ergreifen

Die Klimakrise betrifft selbstverständlich nicht nur die Menschen, die Homeoffice machen, sondern alle. Vor allem jene, die grundsätzlich keine Möglichkeit haben, remote zu arbeiten.

Laut den Forschenden müssten Regierungen und Unternehmen Maßnahmen zur nachhaltigen Gesundheitssteigerung von Arbeitnehmenden ergreifen. Dazu wären mehrere Strategien erforderlich, die auch über den Einflussbereich des Arbeitsalltags hinausgehen, wie zum Beispiel die Integration naturbasierter Lösungen wie horizontale und vertikale Begrünung in die Stadtplanung. Denn klar ist: Die Treibhausgasemissionen müssen reduziert werden, um die Auswirkungen der Klimakrise auf die Umwelt und die Menschen zu verringern. (APA, red, 12.7.2023)