Frau arbeitet mit Laptop auf einer Sitztreppe
Bye-bye Schreibtisch, hallo Sitztreppe: Neue Arbeitsweisen halten auch in der Gestaltung der Büros Einzug.
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Volle Büros gehören vielerorts der Vergangenheit an. Das zeigte zuletzt eine neue Erhebung des Wiener Immobilienberatungsunternehmens Team Gnesda: Die Belegung der Schreibtische in den Firmen liegt laut der Studie im Durchschnitt bei nur mehr rund 61 Prozent.

Für den "Office Report 2023" wurde eine Datenbasis von rund 97.000 Mitarbeitenden in 76 Organisationen ausgewertet. Die von der Umfrage betroffene Bürofläche von 2,2 Millionen Quadratmetern entspricht einem Äquivalent von sechs Prozent des österreichischen beziehungsweise 20 Prozent des Wiener Büromarkts und einem Mitarbeiter-Äquivalent von 5,2 Prozent der in Österreichs Büros arbeitenden Menschen.

90 Prozent der Befragten haben demnach die Möglichkeit im Homeoffice zu arbeiten und haben zudem ein sogenanntes Desk-Sharing-Modell im Unternehmen. Das durchschnittliche Sharing-Verhältnis der befragten Mitarbeitenden liegt derzeit bei 0,78. Das heißt, auf zehn Büroangestellte entfallen rechnerisch nur 7,8 Schreibtische. Bei drei Viertel der sharenden Beschäftigten ist das Verhältnis sogar noch geringer. Und wie sieht es künftig aus? Die maximal mögliche Sharing-Ratio wird von der Hälfte der Teilnehmenden auf sechs Schreibtische auf zehn Personen geschätzt.

Diese Annahme deckt sich zwar mit der durchschnittlichen Auslastung von 61 Prozent, aber nicht mit der derzeitigen maximalen Belegung von 82 Prozent der Büroarbeitsplätze. Diese ist vor allem mittwochs erreicht. An diesem Tag tauschen die meisten Beschäftigten den Schreibtisch in den eigenen vier Wänden gegen das Arbeiten im Unternehmen.

Neues Miteinander

Auch wenn der gesamte Flächenbedarf durch neue Arbeitsweisen nach wie vor zurückgeht, zeigen sich deutliche Unterschiede zwischen den einzelnen Unternehmen. Während in den vergangenen zwei Jahren der Flächenbedarf für 42 Prozent der Firmen gesunken ist, ist er für 35 Prozent gestiegen, bei den restlichen 23 Prozent ist er unverändert. Betriebe mit einem Sharing-Modell benötigen im Durchschnitt bis zu 30 Prozent weniger Fläche pro Person.

Extremes Einsparungspotenzial habe beispielsweise ein Kunde von Team Gnesda bewiesen: Das IT-Unternehmen mit rund 1000 Beschäftigten habe sogar nur mehr 250 Einzelarbeitsplätze. Die Ergebnisse der Studie verdeutlichen einmal mehr, dass der Wandel in der Arbeitswelt sich auch in der Umgestaltung vieler Büros niederschlägt. "Die Digitalisierung hat Formen der Zusammenarbeit möglich gemacht, die vor wenigen Jahren nicht realisierbar gewesen wären. Dennoch bedeutet sie nicht das Ende des Büros. Der simple Grund dafür ist, dass Menschen das Miteinander suchen – und zwar im Setting Büro", ist Oliver Bertram, Co-CEO von Team Gnesda, überzeugt.

Attraktivität steigern

So ist in den vergangenen zwei Jahren bei 81 Prozent der Teilnehmenden der Bedarf an Interaktionsflächen gestiegen. Drei Viertel sagen, es braucht mehr Maßnahmen zur Förderung der Zugehörigkeit, und das Büro müsse mehr Anziehungskraft haben. Vor allem das tätigkeitsbasierte Arbeiten müsse dafür laut Team Gnesda stärker in den Büros Einzug halten. Das gelinge, indem Schreibtische nun immer öfter Gemeinschaftsflächen weichen.

"Insgesamt sehen 83 Prozent der Organisationen Potenzial bei der Flächenoptimierung. Die Auswirkung auf den Büroimmobilienmarkt ist evident. Laut einer CBRE-Studie werden in Paris dauerhaft 15 bis 20 Prozent weniger Bürofläche gebraucht", sagt Geschäftsführer Andreas Gnesda. Im Vorjahr prognostizierte der Office-Report eine Büroflächenreduktion von bis zu 500.000 Quadratmetern in Wien. Analog zur Studie über den Pariser Büromarkt könnte das in Wien künftig sogar bis zu 2,2 Millionen Quadratmeter bedeuten.

"Im Vergleich zu Paris ist der Kostendruck in Wien aber weitaus geringer, infolge niedriger Nettomieten. Qualitativ mittelmäßige bis mindere Flächen in sogenannten B- und C-Lagen sind davon betroffen. Gleichzeitig ist das Interesse an hochwertigen Neuflächen groß, weil hoher Veränderungsbedarf besteht. Die Nachfrage nach Eins-a-Flächen kann derzeit vom Markt jedoch nicht erfüllt werden", sagt Gnesda.

Konkret bedeutet das: Der Kampf um Büros in Bestlagen hat begonnen, um Beschäftigte wieder für das Arbeiten außerhalb der eigenen vier Wände zu begeistern. Eine Lösung abseits zentral gelegener Arbeitsstätten könnten laut Gnesda auch Satellitenbüros in Randbezirken oder rund um die Stadt sein. Diese könnten zudem nicht nur von einer Firma, sondern wie Coworking-Spaces von mehreren Unternehmen gemeinsam genutzt werden.

Gekommen, um zu bleiben

Dass Homeoffice gekommen ist, um zu bleiben, dem stimmen 93 Prozent der Befragten zu. Mehr als drei Viertel sind überzeugt, dass die Produktivität durch Remote Work gefördert wird, und 87 Prozent geben an, dass Homeoffice nicht missbräuchlich genutzt wird. Das Vertrauen in das "bürounabhängige" Arbeiten ist auch seitens der Firmen sehr hoch. Laut Office-Report arbeiten derzeit 81 Prozent mehr als einen Tag nicht im Büro, 36 Prozent mehr als zwei Tage. Die Idealvorstellung ist für die große Mehrheit (89 Prozent), mehr als einen Tag nicht vom Büro aus zu arbeiten und für 40 Prozent sogar mehr als zwei Tage.

Dafür spricht aber nicht nur das Wunschdenken der Befragten, sondern auch die Nachhaltigkeit: Zwei Tage Homeoffice in Österreich würden laut dem Office-Report eine Einsparung von 754.000 Tonnen CO2 pro Jahr – das entspricht knapp einem Prozent der gesamten CO2-Emissionen im Land. (dang, 13.7.2023)