Sony Alpha 6700 Frontansicht
Die Sony Alpha 6700 richtet sich vor allem an Hobbyisten, die zwar selbst diverse Einstellungen vornehmen, aber nicht zu viel schleppen wollen.
Der Standard/Stefan Mey

Sony hat am 12. Juli 2023 neben einem neuen Objektiv und einem neuen Mikrofon eine neue spiegellose APS-C-Kamera, die Alpha 6700, vorgestellt. In puncto Zielgruppe ist diese bei den "Hobbyisten", also zwischen Laien und Profis, angesiedelt, unter anderem sollen Traveler und Wildlife-Fotografen mit der vergleichsweise leichten, aber dennoch recht leistungsfähigen Kamera angesprochen werden. Ein Asset des Geräts ist unter anderem ein KI-Chip, der bei bestimmten Motiven das automatische Fokussieren erleichtern soll. DER STANDARD hat vor einem ausführlichen Test bereits erste Eindrücke gewinnen können. 

Alle Anschlüsse, die man sich wünscht ...

Bevor wir aber über KI-Funktionen und erste Eindrücke der Bildqualität sprechen, ein paar Worte zu den Äußerlichkeiten. Denn wenn es um Anschlüsse geht, dann muss sich die Alpha 6700 wahrlich nicht verstecken. Das beginnt mit dem einheitlichen Sony-Mount für die Objektive, über welches alle der inzwischen insgesamt 73 hauseigenen Objektive – davon 23 spezifisch für APS-C-Kameras – angebracht werden können, wie Sony stolz verkündet. Wer Objektive anderer Hersteller nutzen will, braucht einen Adapter.

Unter den seitlichen Abdeckungen findet sich ein Slot für eine SD-Karte, ein Kleine-Klinke-Ausgang für Kopfhörer, ein HDMI-Ausgang, ein Kleine-Klinke-Eingang für ein externes Mikrofon – wiewohl sich passende Mikrofone laut Sony auch kabellos mit der Kamera verbinden, wenn sie auf den Blitzschuh gesteckt werden – und ein USB-C-Port. Über Letzteren kann die Kamera mit einem handelsüblichen Handyladekabel geladen werden, was gerade auf Reisen unnötigen Ballast erspart. Der Akku der Kamera ist dennoch herausnehmbar. Klitzekleiner Wermutstropfen: ein Ladekabel ist im Lieferumfang nicht enthalten. 

Anschlüsse Sony Alpha 6700
Die Sony Alpha 6700 verfügt über einen USB-C-Anschluss, lässt sich also mit üblichen Handyladekabeln aufladen.
Der Standard/Stefan Mey

Diverse Buttons sind sinnvoll angebracht, die 493 Gramm schwere Kamera (Abmaße ca. 12 × 7 × 8 Zentimeter), liegt angenehm in der Hand. Der Sucher hat laut Sony eine 1,07-fache Vergrößerung, eine Auflösung von 2,36 Millionen Pixeln und lässt sich wahlweise auf 60 oder 120 Frames pro Sekunde umstellen.

Das LCD-Display mit dem Aspect Ratio von 3:2 kommt auf eine Auslösung von 1,03 Millionen Bildpunkten und ermöglicht, diverse Einstellungen per Toucheingabe durchzuführen, was angesichts teils sehr kleiner Menüpunkte aber eine gewisse Zielgenauigkeit voraussetzt: Im ersten Test ertappte ich mich oft genug dabei, letztlich doch wie gewohnt mit den Hardwaretasten zu arbeiten. Praktisch ist, dass hier – wie auch bei vielen Geräten der Konkurrenz – das LCD-Display in diverse Richtungen schwenkbar ist. Das dürfte für Influencer ebenso wie für reguläre Reisende – Stichwort: Selfie – ein praktisches Asset sein.

Bildschirm Sony Alpha 6700
Das Display der Sony Alpha 6700 lässt sich schwenken – Stichwort: Selfies.
Der Standard/Stefan Mey

... aber eine verschlimmbesserte App

Freilich ist es auch möglich, die Kamera drahtlos mit dem Smartphone zu verbinden, um Fotos etwa während eines Urlaubs zu sichern oder direkt auf Social Media zu posten. Als "interessant" darf hier Sonys Entscheidung bezeichnet werden, die bekannte "Imaging Edge"-App durch eine neue "Creator's"-App zu ersetzen. Diese gestaltete sich in einer ersten Bedienung nicht unbedingt optimal, verlangte sie doch unter anderem, die Bluetooth-Verbindung des Smartphones zu deaktivieren. Die Installation der App war zum Zeitpunkt des Tests nur durch Scan eines kleinen QR-Codes auf dem Display der Kamera möglich.

Ist die App einmal installiert und eingerichtet, so lassen sich damit ferngesteuert Fotos aufnehmen und auf der Kamera gespeicherte Bilder importieren. Der Import funktioniert dabei problemlos, bei der Fernsteuerung gibt es jedoch weitere Kinderkrankheiten: Bei schwachem Kameraakku war die Übertragung deutlich ruckelhaft, und es lassen sich zwar manche, aber längst nicht alle Einstellungen remote vornehmen: So war es im ersten Test etwa nicht möglich, im Aperture-Modus die Blendenöffnung vom Smartphone aus zu steuern.

Darauf vom STANDARD angesprochen, gesteht man bei Sony ein, dass man sich der Probleme bewusst sei. Die aktuelle Version der App sei noch keine finale, in ein paar Monaten soll eine fertige Version erscheinen, die außerdem praktische Features bringen soll: darunter eine Nachbearbeitung der Bilder über KI-Tools und 15 Gigabyte kostenloser Cloudspeicher.

Autofokus mit künstlicher Intelligenz

Doch was hat es nun wirklich mit dieser ominösen künstlichen Intelligenz (KI) auf sich, auf deren Zug auch Sony aufgesprungen ist? Konkret werden hier mithilfe eines KI-Chips verschiedene Kategorien an Motiven – Menschen, Tiere/Vögel, Insekten, Autos/Züge und Flugzeuge – erkannt, um auf Basis dessen den Autofokus zu optimieren. So sollen Objekte auch dann komplett scharf gestellt werden, wenn sie sich bewegen. Bedingung dafür ist, dass zuvor die korrekte Objektkategorie im Menü ausgewählt wurde.

Sony demonstrierte dies gegenüber den Medien anhand eines Zuges, bei dem je nach Betrachtungswinkel automatisch zuerst auf die Front und dann auf die gesamte Seitenansicht des Zuges fokussiert wurde. Bei den ersten Versuchen des STANDARD ist es gelungen, mit wenig Aufwand vergleichsweise scharfe Aufnahmen eines Katers während seiner "narrischen Stunde" – die interessanterweise mit derGoldenen Stunde zusammenfällt – zu machen.

Sitzende Katze
Nervöser Kater, fotografiert mit Blende 1.4 und Belichtungszeit 1/125.
Der Standard/Stefan Mey
Sitzender Kater.
Gleicher Kater, gleiche Stimmung, gleiche Einstellungen. Das Motiv bleibt scharf.
Der Standard/Stefan Mey

Foto- und Videoqualität

Die Alpha 6700 verfügt über einen rückwärtig belichteten Exmor R CMOS APS-C-Bildsensor mit 26,0 effektiven Megapixeln sowie den BIONZ-XR-Bildprozessor von Sony. Damit sind 4K-Videos mit bis zu 120 Frames pro Sekunde beziehungsweise Videos in Full-HD mit bis zu 240 Frames pro Sekunde möglich. Der Belichtungsspielraum bietet über 14 Blendenstufen, unser Testobjektiv reicht von 1.4 bis 16. Der Standard-ISO-Bereich reicht bei Fotos ebenso wie bei Filmen von 100 bis 32.000. 

Sony brüstet sich damit, dass dank einer verbesserten Farbwiedergabe Motive wie Menschen oder Pflanzen in authentischen Farbtönen dargestellt werden. Die Funktion "Kreativer Look" fällt hingegen wohl eher in die Kategorie "Spielerei für Insta-Influencer": Hier können die Bilder schon auf der Kamera mit Filtern versehen werden. Aus zeitlichen Gründen konnten für das erste Hands-on noch keine ausführlichen Testfotos in allen erdenklichen Situationen geschossen werden. Das nachfolgende Bild soll aber einen ersten Eindruck vermitteln. 

Blume
Blume, aufgenommen mit Blende 10.0 und Belichtungszeit 1/30. Die Farbdarstellung ist äußerst realistisch, Details sind gut erkennbar.
Der Standard/Stefan Mey

Neues Objektiv: SEL70200G2

Vorgestellt wurde von Sony auch das neue Objektiv mit dem Namen SEL70200G2. Dessen Brennweite reicht von 70 bis 200 Millimeter beziehungsweise durch Kombination mit einem Teleconverter bis zu 400 Millimeter. Dadurch soll sich das Objektiv neben Alltags- und Reisefotografie auch für Natur- und Sportfotografen eignen, die ihren Motiven naturgemäß nicht immer sehr nahe kommen können.

Auch betont Sony, dass die Geschwindigkeit des Autofokus mit diesem Modell gegenüber dem Vorgänger SEL70200G um 20 Prozent steigt. Mit zum Beispiel der Alpha 1 sollen damit 30 Bilder pro Sekunde fotografiert werden können, während des Zoomens wird Autofokus-Tracking unterstützt, was sich ebenfalls unter anderem in der Sportfotografie bewähren dürfte. Gleichzeitig wiegt das SEL70200G2 "nur" 794 Gramm, beim Vorgänger waren es 840 Gramm. 

Neues Mikrofon: ECM-M1

Das ebenfalls neu vorgestellte Mikrofon ECM-M1 wartet mit einer interessanten Besonderheit auf: Es verfügt über ein Einstellrad, mit welchem die Audio-Aufnahmewinkel eingestellt werden können. So können etwa nur 30 Grad der Umgebung aufgenommen werden, was sich perfekt für Interviews eignet, oder aber es wird ein breiteres Sichtfeld aufgenommen – wenn etwa eine Band gefilmt wird –, oder aber es wird die gesamte Umgebung aufgenommen.

Wie eingangs erwähnt, kann das Mikrofon direkt auf den Blitzschuh einer Kamera montiert werden und verbindet sich sogleich kabellos mit selbiger, sofern diese damit kompatibel ist.

Preise und Verfügbarkeit

Das Objektiv SEL70200G2 ist ab Juli für 2.000 Euro erhältlich, das Mikrofon ECM-M1 gibt es ebenfalls ab Juli für 400 Euro. Der Body der Alpha 6700 kostet 1.700 Euro, eine Kombination mit Objektiv kostet je nach Zusammenstellung 1.800 oder 2.100 Euro.

Im ersten Hands-on mit der Kamera wirkt diese recht vielversprechend – und zwar eben genau für die anvisierte Zielgruppe der Hobbyisten, die sich nicht auf ihre Smartphonekamera verlassen, sondern selbst diverse Einstellungen vornehmen möchten, um das gewünschte Ergebnis zu erzielen. Gleichzeitig ist die Kamera klein und leicht genug, um auf Reisen keine zu große Belastung darzustellen. Wünschenswert ist jedenfalls, dass die Kinderkrankheiten der neuen App möglichst bald behoben werden, damit auch diese in vollem Umfang genutzt werden kann. (Stefan Mey, 12.7.2023)

Hinweis im Sinne der redaktionellen Leitlinien: Die Alpha 6700 wurde dem STANDARD zu Testzwecken zur Verfügung gestellt.