Eine Bergkette in den Alpen als Symbol für die steigenden Ausgaben der öffentlichen Hand. 
In der Pandemie und der Energiekrise sind die Staatsschuldenberge kräftig angewachsen.
Unsplash / Stefano Bernardo

Nach den US-Ratingagenturen, die Österreichs Budgetpolitik und vor allem die Staatsverschuldung kritisch sehen, ist nun auch der Ausblick der europäischen Bonitätsagentur Scope verhalten ausgefallen. Mit dem Triple-A der "Frugalen Vier", zu denen sich Österreich in der Pandemie zusammen mit Schweden, Dänemark und den Niederlanden zählte und die vor drei Jahren noch gegen eine EU-Schuldenunion zu Felde zogen, wird die Alpenrepublik auf Dauer kaum mithalten können. Das von Scope verliehene AAA dürfte ohne Budgetmaßnahmen nicht zu halten sein. Bei US-Agenturen wie Fitch rangiert die Alpenrepublik nur mehr auf Platz zwei (AA+), das treibt die Zinsaufschläge nach oben.

Das liegt nicht nur an den ungünstigen Langfristverträgen für Gaslieferungen aus Russland, sondern insbesondere an der Budgetdisziplin, die während der Pandemie und danach in der Energiekrise mehr oder weniger abhandengekommen ist.

Ausgabenbremse

Kritisch sieht die Entwicklung erklärtermaßen auch der Fiskalrat, mit drei Prozent Budgetdefizit sei Österreich schlechter als die Vergleichsgruppe. Die Budgetpolitik sei nicht ambitioniert genug, mahnen die Staatsschuldenwächter seit Monaten und zuletzt im Juni.

FRED, EZB

Als längst nicht mehr AAA-würdig bezeichnet auch der Leiter der Neos-Parteiakademie ("Neos-Lab"), Lukas Sustala, die Entwicklung. Man habe sich auf den niedrigen Zinsen ausgeruht und sei hinter die Frugalen Vier zurückgefallen, man zahle um einen halben Prozentpunkt höhere Zinsen als Deutschland. "Das kostet", sagt Sustala.

Zinsendienst steigt

Zwar sei die Steuer- und Abgabenquote in Österreich um rund zwei Prozentpunkte höher als im Schnitt der EU-Länder mit AAA-Rating, aber der Aufwand für den Schuldendienst steigt kontinuierlich – allein heuer dürften es mit 2,64 Prozent der Einnahmen aus Steuern und Abgaben um 1,2 Prozentpunkte mehr werden, als AAA-Länder dafür brauchen (1,46 Prozent).

In "echtem Geld" kostet der Zinsendienst damit um rund 2,5 Milliarden Euro mehr als in Ländern mit Spitzenbonität. Deren Staatsschuldenquote sei mit 40 Prozent um schlanke 35 Prozentpunkte niedriger als hierzulande.

Österreichs Staatsverschuldung über AAA-Länder-Niveau.
FRED, EZB

Als auf den ersten Blick nicht besorgniserregend scheint der Zinsaufschlag von etwas mehr als 60 Basispunkten. Allerdings dürften diese die öffentliche Hand bald stärker einschränken. Denn beim aktuellen Schuldenstand von rund 360 Milliarden Euro bedeuten Zinskostensteigerungen von 0,4 Prozentpunkten Mehrkosten von 1,45 Milliarden Euro pro Jahr. Zur Veranschaulichung: Das entspricht gut drei Vierteln des diesjährigen Justizbudgets im Bundeshaushalt.

Inflation verpufft

Stichwort Kostensteigerungen: Von der anhaltend hohen Inflation profitiert die Republik nur vordergründig. Sie senkt die Schuldenquote, allerdings nur im ersten Jahr. In den Folgejahren schlagen Lohnanpassungen, Pensionsautomatismus und diverse Indexierungen voll durch – und diese Effekte wirken langfristig und schränken den Ausgabenspielraum gewaltig ein.

"Schönreden kann man sich diese Entwicklung nicht", sind sich Budgetexperten einig. Als Erstes gehöre die "Koste-es-was-es-wolle-Mentalität", die mit Corona-Pandemie, Energie- und Teuerungskrise Einzug gehalten habe, abgestellt. Das heißt auf gut Deutsch: temporäre wirtschaftspolitische Hilfsmaßnahmen auslaufen lassen und – im Lichte der Klimakrise unerlässlich – klimaschädliche Subventionen schrittweise zurückfahren.

Ausgabendynamik einbremsen

Tempo und vor allem "ein starkes Zeichen zurück zu einem soliden Budgetpfad" fordert auch der Fiskalrat, um die kommende Dynamik der Kostensteigerungen einzubremsen – insbesondere bei den Verhandlungen zwischen Bund und Ländern über die Aufteilung der Steuereinnahmen (Finanzausgleich). Das interessiere die Ratingagenturen. Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) strebt denn auch eine Halbierung des Defizits an, ab 2024 soll es Maastricht-konform unter drei Prozent liegen.

Eine höhere "Zukunftsquote", also mehr Geld und Investitionen in Bildung, Innovation und zukunftsorientierte Ausgabenfelder, fordert auch Neos-Experte Sustala. (Luise Ungerboeck, 13.7.2023)