Das Europäische Parlament hat am Mittwoch mit großer Mehrheit eine unverbindliche Resolution unterstützt, die den Beitritt Rumäniens und Bulgariens zum Schengen-Raum bis Ende 2023 fordert. Die Resolution wurde mit 526 Ja-Stimmen, 57 Nein-Stimmen und 42 Enthaltungen angenommen. Österreich hatte im Dezember des Vorjahres den Beitritt Rumäniens überraschenderweise durch ein Veto verhindert. Die Niederlande waren gegen einen Beitritt Bulgariens gewesen. Österreich hatte sein Nein mit einer angeblich hohen Zahl von Migranten begründet, die über Rumänien ins Land kommen.

EU-Parlament
Das EU-Parlament hat am Mittwoch eine Resolution für den Schengen-Beitritt von Rumänien und Bulgarien verabschiedet.
AFP/FREDERICK FLORIN

De facto verläuft die Hauptroute der Migration über den Balkan aber nicht über Rumänien, sondern über Serbien nach Ungarn. In der Resolution vom Mittwoch heißt es: "Die Abgeordneten bedauern die Entscheidung des Rates vom 8. Dezember 2022, die Mitgliedschaft „ohne Vorlage einer rechtlichen Begründung im Zusammenhang mit den Beitrittskriterien" abzulehnen. Die Abgeordneten wiesen darauf hin, dass alle EU-Staaten das Recht hätten, Schengen beizutreten, sobald sie dazu bereit seien. Sowohl Rumänien als auch Bulgarien erfüllen die Kriterien seit langem.

Neun österreichische Abgeordnete für Resolution

Die Resolution wurde auch von neun österreichischen EU-Abgeordneten unterstützt, darunter von Claudia Gamon von den Neos. "Ich halte die Kritik an der Bundesregierung für völlig berechtigt", sagte Gamon und fügte hinzu, das Veto sei "zutiefst antieuropäisch".

In der Resolution wird auch festgehalten, dass die Verzögerungen an den Grenzübergängen, mit denen Rumänen und Bulgaren konfrontiert sind, einige Stunden bis hin zu Tagen dauern können – im Vergleich zu durchschnittlich zehn Minuten ohne Kontrollen an den Binnengrenzen –, was auch die Arbeitsbedingungen für Lkw-Fahrer verschlechtere.

Neben dem Schaden, der dem EU-Binnenmarkt durch die Behinderung des freien Warenverkehrs zwischen europäischen Mitgliedsstaaten entsteht, weist der Text auf "irreparable Schäden" für die Umwelt hin, die nicht mit den Klimaneutralitätszielen der Europäischen Union vereinbar seien. So seien die Gesundheit von Fahrern, Zollbeamten und Anwohnern von Grenzübergängen durch die erhöhte Schadstoffbelastung gefährdet. Jedes Jahr würden rund 46.000 Tonnen CO2 von Autos und Lastwagen, die an der Grenze warten müssten, ausgestoßen.

Umweltschäden wegen Wartezeiten

Die EU-Parlamentarier fordern deshalb die Umweltschäden, die durch den Nicht-Schengen-Beitritt entstehen, einzukalkulieren. Die Europäische Kommission wurde von den Parlamentariern aufgefordert zu prüfen, ob das österreichische Veto gegen die EU-Verträge verstoße und ob Klagen dagegen möglich seien. Ein EU-Kommissonssprecher meinte: "Die Kommission ist zuversichtlich, dass noch in diesem Jahr eine Entscheidung über den Schengen-Beitritt Bulgariens und Rumäniens getroffen werden kann."

Darüber hinaus wiesen die Abgeordneten darauf hin, dass das Nein zu Schengen von der Anti-EU-Propaganda instrumentalisiert werde und "die Fähigkeit der EU untergräbt, ihre Werte und gute Regierungsführung in Drittländern zu fördern". Vergangenen Monat sagte der rumänische Premierminister Marcel Ciolacu, die Regierung werde einen "erweiterten Plan" für den Beitritt des Landes zu Schengen auf den Weg bringen, der darauf abzielt, Österreich davon zu überzeugen, sein Vetorecht aufzuheben.

"Beleidigung der rumänischen Bevölkerung"

Razvan Nicolescu, der ehemalige rumänische Energieminister und Vorsitzende der Vereinigung für saubere Energie und den Kampf gegen den Klimawandel, sagte am Mittwoch: "Die Annahme der Resolution des Europäischen Parlaments ist ein sehr wichtiges politisches Signal, aber ich glaube nicht, dass sich Kanzler Nehammer wirklich um die europäischen Regeln und Prinzipien kümmert. Er beleidigt die rumänische Bevölkerung, weil er ihr das Recht auf Aufenthalt im Schengen-Raum nimmt. Der Ausschluss Rumäniens aus dem Schengen-Raum hat zu mehr Migration in Österreich und mehr Umweltverschmutzung in der Region geführt. Hunderte ungarische Grenzschutzbeamte verschwenden ihre Zeit an der Grenze zu Rumänien, anstatt die problematische Grenze zu Serbien zu verteidigen."

Rumäniens Schengen-Beitritt könnte Nicolescu zufolge bis zur nächsten Nationalratswahl in Österreich verzögert werden, weil "Herr Nehammer nicht den Mut hat, seine Fehler zu akzeptieren". Deshalb würde die Organisation versuchen, die Österreicherinnen und Österreicher zu informieren und "Herrn Nehammer vor Gericht zu bringen, um die durch seine populistische Entscheidung verursachten ökologischen und wirtschaftlichen Verluste zu kompensieren". (Adelheid Wölfl, 13.7.2023)