Joe Biden
Die USA sind als Führungsmacht wichtiger denn je: Präsident Joe Biden in Vilnius.
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Wer glaubt, dass es bald eine eigene europäische Verteidigungspolitik geben könnte, EU-geführt und unabhängig von der Nato, wurde beim Gipfel des Atlantischen Bündnisses in Vilnius eines Besseren belehrt. Es wurden Beschlüsse gefasst, die Europas Sicherheitsarchitektur auf lange Zeit verändern und prägen werden.

Seit Putins Eroberungskrieg gegen die Ukraine hält die Nato einen Krieg mit Russland für gut möglich. Dementsprechend ist ein großes Aufrüstungsprogramm angelaufen, 300.000 Soldatinnen und Soldaten sind künftig in Kampfbereitschaft.

Die USA sind als Führungsmacht wichtiger denn je. Nach dem Brexit haben 23 der 27 EU-Staaten in der Nato an Gewicht verloren. Der Beitritt Schwedens und Finnlands verändert die innere Ordnung in Außen-, Sicherheits- und Militärpolitik der EU. Im Norden entsteht ein neues Kraftzentrum. Was heißt das für die Neutralen, für Österreich, das sich nach 1955 gerne an Schweden orientierte?

Vilnius lieferte indirekt eine klare Antwort: Österreich war trotz "Nato-Partnerschaft für den Frieden" wie die Schweiz oder Irland nicht eingeladen. Die Neutralen werden marginalisiert. Österreich wird sich überlegen müssen, wo es in zehn Jahren stehen will. Es war richtig, dass die Regierung die Teilnahme an Sky Shield beschlossen hat. Die Ansage von Kanzler Karl Nehammer, über Neutralität und Nato dürfe es keine Diskussion geben, ist aber verfehlt. Rückwärtsgewandt. (Thomas Mayer, 13.7.2023)