Büchner-Preis, Lutz Seiler
Der Schriftsteller Lutz Seiler bekommt den Georg-Büchner-Preis 2023, teilte die Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung am 18.07.2023 in Darmstadt mit.
APA/dpa/Hendrik Schmidt

Der deutsche Autor Lutz Seiler (60) erhält den Georg-Büchner-Preis 2023. Die mit 50.000 Euro dotierte Auszeichnung soll am 4. November im Staatstheater Darmstadt verliehen werden. Sie zählt zu den wichtigsten literarischen Preisen im deutschsprachigen Raum. Im vergangenen Jahr war die Schriftstellerin Emine Sevgi Özdamar ausgezeichnet worden. Zu den bisher letzten Preisträgern aus Österreich zählen Josef Winkler (2008), Walter Kappacher (2009) und Clemens J. Setz (2021).

"In Lutz Seiler ehrt die Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung einen Autor, der mit klangvollen Gedichtbänden begann, von dort zum Erzählen fand, stets aber ein so klarer wie rätselhafter, dunkel leuchtender Lyriker bleibt, zuletzt mit 'schrift für blinde riesen'. Die Essays und Poetikvorlesungen wiederum zeugen von argumentierender Präzision", heißt es in der heute veröffentlichten Jurybegründung.

"Lutz Seiler verbrachte seine 'Lehrjahre' in Thüringen, und diese Herkunft hat tiefen Einfluss besonders auch auf sein episches Werk. Edgar Bendler in der abgewirtschafteten Kneipe auf Hiddensee, Hauptfigur in dem Roman 'Kruso', ist längst aus seinem Land emigriert, ohne diese DDR zu verlassen. So wird 'Kruso', gemeinsam mit dem folgenden Roman 'Stern 111', zum großen Epos eines untergehenden Landes. Lutz Seiler hat als Romancier und als Dichter zu seiner eigenen, unverwechselbaren Stimme gefunden, melancholisch, dringlich, aufrichtig, voll von wunderbaren Echos aus einer langen literarischen Tradition."

Literaturpreise ist Seiler gewohnt

Lutz Seiler wurde am 8. Juni 1963 in Gera geboren, studierte Geschichte und Germanistik in Halle (Saale), übersiedelte 1990 nach Berlin und lebt heute in Wilhelmshorst und Stockholm. Seit 1994 arbeitet er als freiberuflicher Schriftsteller. Für die Erzählung Turksib wurde er 2007 mit dem Ingeborg-Bachmann-Preis ausgezeichnet. Für sein Romandebüt Kruso erhielt er 2014 den Deutschen Buchpreis, sein zweiter Roman Stern 111 wurde mit dem Preis der Leipziger Buchmesse 2020 ausgezeichnet. Heuer wurden ihm bereits der Literaturpreis der Konrad-Adenauer-Stiftung, der Bertolt-Brecht-Preis und der Berliner Literaturpreis zuerkannt.

Von der Auszeichnung mit dem Büchner-Preis erfuhr der Schriftsteller knapp eine Woche zuvor. "Ich empfinde diesen Preis als große Ehre und als Ausdruck großer Wertschätzung für das, was ich mache im Schreiben", so Lutz Seiler. Ihn interessieren die Prozesse einer Selbstwerdung der Menschen, beschreibt der Autor die Intention seines Schreibens. "Wie gelangt jemand zu einer eigenen Stimme, einem selbstbestimmten Leben, oder eben auch diverse Faszinationen wie Mechanik, Radioaktivität, Erkenntnisgewinnung, diffuse Bewusstseinszustände." Dies alles seien Aspekte, aus denen seine Ideen kommen.

Auch seine Heimat sei für ihn prägend: "Für das, was ich schreibe, spielt wahrscheinlich meine Herkunftsgeschichte eine ziemlich große Rolle, also die Herkunft aus einer vom Uranbergbau verwüsteten thüringischen Landschaft." Das Schreiben sei aber kein Selbstläufer. "Es kostet sehr viel Kraft und ist mit vielen Zweifeln verbunden, wenn man eine neue Sache anfängt. Im Grunde hat man nicht dieses kontinuierliche Selbstvertrauen, dass man Schreiben kann, man muss es sich mit jedem Buch neu beweisen."

Seit 1951 vergibt die Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung den Preis an Schriftstellerinnen und Schriftsteller, die in deutscher Sprache schreiben. Die Preisträger müssen "durch ihre Arbeiten und Werke in besonderem Maße hervortreten" und "an der Gestaltung des gegenwärtigen deutschen Kulturlebens wesentlichen Anteil haben". Namensgeber ist der Dramatiker und Revolutionär Georg Büchner (Woyzeck). Er wurde 1813 im Großherzogtum Hessen geboren und starb 1837 in Zürich. (APA, 18.7.2023)