Wien – Die Bawag hat im ersten Halbjahr 2023 knapp ein Drittel mehr Gewinn gemacht. Unterm Strich blieben 320,3 Millionen Euro, das sind 30,9 Prozent mehr als in der Vorjahresperiode. Dazu beitragen konnte der Nettozinsertrag, der um 22,1 Prozent auf 600,2 Millionen Euro zulegte. Der Provisionsüberschuss ging dagegen um 4,0 Prozent auf 152,9 Millionen Euro zurück, teilte die Bank am Mittwoch mit. Die Ziele für das Gesamtjahr hat die Bawag zum Teil angehoben.

Eine Bawag-PSK-Filiale in Wien.
Das Kreditinstitut mit Sitz in Wien wächst.
imago images/Viennareport

Im zweiten Quartal allein betrug der Nettogewinn 180,8 Millionen Euro, das ist ein Plus von 29,5 Prozent zum Vorjahresquartal. Das Management sprach von einem "starken Ergebnis". "Diese Ergebnisse waren dank unserer strategischen Transformation und der erheblichen Investitionen möglich, die wir in den vergangenen zehn Jahren getätigt haben", sagte Bankchef Anas Abuzaakouk laut Aussendung.

Vorwürfe der Bereicherung zurückgewiesen

Die Bank war zuletzt heftiger Kritik ausgesetzt. Investor Klaus Umek vom Hedgefonds Petrus Advisors hatte sich über die Aktivitäten der Bank via Brief bei der Europäischen  Bankenaufsicht EBA beschwert. Umek warf dem Management der Bank Anfang Juli vor, sich auf dem Rücken der Anleger zu bereichern. Außerdem nehme das Unternehmen am Markt zu viel Risiko und vernachlässige das klassische Bankengeschäft. Das Institut hatte die Vorwürfe als "inkonsistent, aus dem Zusammenhang gerissen und irreführend" zurückgewiesen.

Fakt ist, dass die Vergütungspolitik im Hause Bawag recht ordentlich ist. Die Arbeiterkammer berechnet jährlich, wie lange die Manager der ATX-notierten Unternehmen arbeiten müssen, bis sie das  jährliche Einkommen (Median) ihrer Beschäftigten verdient haben. Dieser Tag wird auch Fat Cat Day genannt. Heuer fiel dieser Tag in Österreich auf den 5. Jänner. Das heißt: Die Chefs der ATX-Unternehmen müssen nicht einmal eine ganze Woche arbeiten, bis sie das österreichische Medianeinkommen von 34.776 Euro verdient haben. Noch schneller ging es für Bawag-Chef Abuzaakouk. Bei einer Jahresvergütung von 10,5 Millionen Euro für 2021 muss der Bankenchef nur 1,1 Arbeitstage bis zum Medianeinkommen schaffen. 2022 verdiente Abuzaakouk 9,4 Millionen Euro.

Weniger Immo-Kredite

Im zweiten Quartal sind die Kundeneinlagen der Bawag um ein Prozent gestiegen, die Kundenkredite dagegen um drei Prozent zurückgegangen. Dies sei geringeren Volumina bei Wohnbaukrediten und im gewerblichen Immobiliensegment geschuldet. Das Kundenkreditvolumen der Bank bestehe zu drei Vierteln (75 Prozent) aus Krediten in der DACH/NL-Region (Deutschland, Österreich, Schweiz, Niederlande) und zu rund 25 Prozent aus Krediten in Westeuropa und den USA. Die Quote notleidender Kredite (non performing loans / NPL) lag bei 0,9 Prozent.

Auch das ist ein Punkt, den Investor Umek zuletzt kritisierte. Die Bank habe ihre Kreditvergabekapazitäten und damit ihre Möglichkeit, organisch zu wachsen, zuletzt drastisch abgebaut. "Man kann mit der Bawag in Wahrheit nicht mehr über Kommerzkredite, nicht mehr über Klein- und Mittelbetriebskredite, nicht mehr über Hypothekarkredite sprechen", hielt der Investor fest. Parallel dazu habe sie ihr Engagement im Kreditgeschäft am Immobilienmarkt in den USA aber deutlich ausgeweitet und sei dort Risiken ausgesetzt.

Rückstellungen bleiben

Die Risikokosten lagen im zweiten Quartal bei 20,5 Millionen Euro, für das erste Halbjahr beliefen sie sich auf 41,0 Millionen Euro. Weiters wurde ein Management-Overlay, also Rückstellungen in Höhe von 100 Millionen Euro, beibehalten. Dies sei nötig, "um angesichts des ungewissen makroökonomischen Ausblicks eine angemessene Vorsorge zu treffen", so die Bank.

Die harte Kernkapitalquote (CET1) lag per Ende Juni bei 14,8 Prozent – unter Berücksichtigung des Dividendenabzugs von 176 Millionen Euro. Für die Ausschüttung ist ein Aktienrückkauf im Wert von 175 Millionen Euro geplant, die Bawag rechnet damit, diesen im zweiten Halbjahr durchführen zu können. Weiters halte die Bank ein Überschusskapital von 330 Millionen Euro – verwendet werden könnte dies für mögliche Zukäufe, außerdem sollen bei Gesamtjahresergebnissen zusätzliche Kapitalausschüttungen evaluiert werden.

Für das Gesamtjahr 2023 hat die Bank ihre Erwartungen teilweise nach oben geschraubt. So erwartet sie nun ein Ergebnis vor Steuern von 875 Millionen Euro, nach einer Prognose von 825 Millionen Euro zuvor. Im Halbjahr 2023 lag das Ergebnis vor Steuern bei 431,5 Millionen Euro.

Wachstum von 14 Prozent

Die Dividende für 2023 soll bei 4,50 Euro je Aktie liegen. Davor wurden 4,10 Euro je Titel veranschlagt. Für die operativen Kernerträge wird weiters ein Wachstum von mindestens 14 Prozent gegenüber dem Vorjahr erwartet, zuvor wurde ein Plus von mindestens zwölf Prozent gesehen. Im ersten Halbjahr stiegen die operativen Kernerträge um 15,7 Prozent auf 753,1 Millionen Euro.

Unverändert blieb die Erwartung für den Nettozinsertrag, dieser soll im Gesamtjahr bei mindestens 1,2 Milliarden Euro liegen. Der Return on tangible Common equity (RoTCE) – die Rendite auf das materielle Eigenkapital – soll bei 20 Prozent zu liegen kommen, im Halbjahr stand die Kennzahl bei 23,2 Prozent.

Den Halbjahresfinanzbericht wird die Bank am 28. Juli veröffentlichen. Ebenso will die Bank Ende Juli die Ergebnisse des heurigen Stresstests der Europäischen Zentralbank (EZB) bekanntmachen. (APA, bpf, 19.7.2023)