Frauen-WM
Die irische Mannschaft bereitet sich schon für die WM und ihr Spiel am ersten Spieltag gegen Australien vor.
AFP/DAVID GRAY

In der Szene des Sammelns ist man schon weiter als im Fußball. Der italienische Verlag Panini hat für die Weltmeisterschaft der Frauen, die heute in Australien und Neuseeland beginnt, wieder ein Sammelheft aufgelegt. Mit 580 Stickern ist es das größte der Geschichte. Die Pickerln sind in Trafiken oder an Supermarktkassen erhältlich. Ein Packerl mit fünf Stickern kostet einen Euro – genauso wie beim Heft zur WM der Männer im vergangenen Winter. Man könnte sagen: Für Panini herrscht schon Equal Pay.

Auf dem Fußballfeld sieht das anders aus. Die gute Nachricht: Der Weltverband Fifa schüttet ein Rekordpreisgeld für eine Frauen-WM aus. Rund 138 Millionen Euro, dreimal mehr als bei der vergangenen WM 2019. Erstmals sollen auch Prämien für die Spielerinnen ausgezahlt werden. Jede Teilnehmerin erhält knapp 27.000 Euro, je nach Abschneiden bei der WM steigt der Betrag. Im Falle eines WM-Siegs warten pro Frau mehr als 250.000 Euro.

Die Fifa feiert sich dafür, verschweigt aber die schlechte Nachricht: Bei der WM der Männer im vergangenen Winter waren die Preisgelder höher, und zwar deutlich. In Katar wurden 400 Millionen Euro ausgeschüttet, dreimal mehr als nun bei den Frauen.

Vertane Chance

Das ist eine vertane Chance der Fifa. Die Verbandskonten in Zürich hätten eine Angleichung der Preisgelder locker hergegeben. Die Fifa sollte das Turnier der Frauen mit den Einnahmen der Megaevents bei den Männern querfinanzieren. Denn mit höheren Prämien steigt automatisch das Niveau, das war in der Geschichte des Sports immer so. Die Teams arbeiten professioneller. Wenn Geld vorhanden ist, werden Grenzen ausgelotet. Fifa-Präsident Gianni Infantino gab das Ziel aus, die Preisgelder bis 2027 anzugleichen. Das aktuelle Turnier interpretiert er als Zwischenschritt, ganz nach dem Motto: Was du heute kannst besorgen, das verschieb getrost auf morgen.

Infantino nahm in den vergangenen Monaten TV-Anstalten in die Pflicht. Er forderte mehr Geld für Übertragungsrechte. Die Idee war gut, doch die Moralpredigt lief in der westlichen Welt ins Leere, denn sie kam ausgerechnet vom höchsten Fußballfunktionär, dem Profitgier nachgesagt wird. Am Ende schauen sie bei der Fifa doch am meisten auf sich selbst.

Die Fifa nimmt gerne neue Märkte ins Visier, die sie erschließen will, zuletzt etwa in Katar, eine WM für die gesamte arabische Welt. Nur denkt in Zürich offenbar niemand daran, dass bei einem Produkt, das Frauen anspricht, die halbe Weltbevölkerung in die Zielgruppe fiele. Die Fifa sollte die Geschichten der Fußballerinnen erzählen, sie in Szene setzen, wie sie das bei den Männern mit Kylian Mbappé oder Lionel Messi macht.

Die Fifa hat in den nächsten vier Wochen die Chance, der Welt eine große Show zu liefern und sie zu unterhalten. Die Fifa verspricht die beste WM aller Zeiten. Das tut sie aber immer. Man muss genau hinschauen, ob sie es ernst meint. Ob es ein Großereignis auf Augenhöhe mit jenem der Männer ist, mit denselben Standards in der TV-Übertragung.

Das Turnier in Australien und Neuseeland wird auch zeigen, wie wichtig der Fifa die Förderung und Entwicklung des Frauenfußballs ist. Olympische Spiele oder Grand Slams im Tennis führten Equal Pay ein. Wenn die Fußball-WM der Frauen folgt, entsteht ein weiteres echtes Sportgroßereignis. (Lukas Zahrer, 20.7.2023)