Video: Suche nach Löwin in Berlin geht mit Drohnen und Wärmebildkameras weiter
AFP

Berlin – Die Polizei sucht im Süden von Berlin nach einem entlaufenen Raubtier. Dabei handelt es sich den Angaben zufolge höchstwahrscheinlich um eine Löwin. Gesucht wird in der Gegend um die brandenburgische Kleinstadt Kleinmachnow am südlichen Rand der Hauptstadt – dort, wo sonst eher Wildschweine durch die Wälder flitzen. Derzeit soll auch ein gepanzertes Fahrzeug des Spezialeinsatzkommandos im Einsatz sein.

Die Bevölkerung wurde mithilfe von Warn-Apps auf die mögliche Gefahr hingewiesen. Die Polizei hat auch mit Lautsprecherdurchsagen vor dem entlaufenen Raubtier gewarnt. Die Bevölkerung sei gebeten worden, von Spaziergängen in Wäldern abzusehen, sagte ein Sprecher der Polizeidirektion West. Eine Ausgangssperre gebe es aber nicht, hieß es. Die Behörden gehen davon, dass sich das Tier – höchstwahrscheinlich eine Löwin – im Bereich Teltow, Kleinmachnow und Stahnsdorf aufhält. Wer das Tier sehe, solle zur Sicherheit umgehend ins Haus oder Auto gehen und die Polizei informieren.

Die Warnmeldung des Bundesamts für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe bezieht auch den Süden Berlins, etwa Steglitz, Marienfelde und Neukölln, mit ein. Das Bundesamt empfiehlt, Haustiere nicht ins Freie zu lassen und sich über den Verlauf der Suchaktion in den Medien zu informieren.

Lage in Kleinmachnow

In Kleinmachnow waren bereits in der Nacht Hubschrauber im Einsatz. Im Laufe des Donnerstags kam es zu einem weiteren Flug, auch Wärmebildkameras und Drohnen sind im Einsatz. "Wir sind mit massiven Kräften vor Ort zum Schutz der Bevölkerung", sagte eine Sprecherin der Polizeidirektion West am Vormittag. Wie der deutsche "Tagesspiegel" berichtet, habe die Brandenburger Polizei bestätigt, dass ein "Survivor" im Einsatz ist – ein gepanzertes, geländegängiges Fahrzeug des Spezialeinsatzkommandos.

Eine Sprecherin des Landkreises Potsdam-Mittelmark sagte, es seien eine Tierärztin und zwei Jäger mit Waffen mit vor Ort. Wenn man das Tier finde, werde entschieden, ob man mit Betäubung arbeite oder es erschießen müsse. Die Suche nach dem Raubtier sei eine große Herausforderung.

Video: Bei einem in der Nacht entlaufenen Wildtier im Süden von Berlin könnte es sich nach Angaben der Polizei um eine Löwin handeln
APA/Kha

Am Donnerstagmorgen wirkte in der Kleinstadt laut einem dpa-Reporter alles völlig normal. Von der Suche nach einem gefährlichen Raubtier war kaum etwas zu merken. Radfahrer waren unterwegs, Spaziergänger mit Hunden, Menschen auf dem Weg zur Arbeit oder zum Einkaufen. Auf Baustellen wurde gearbeitet. Eine Sprecherin der Gemeinde sagte am Morgen, die Kitas in Kleinmachnow seien geöffnet, die Kinder dürften aber nicht hinaus in den Garten. Auch das Rathaus bleibe geöffnet. Den Händlern am Markt sei empfohlen worden, keine Stände aufzubauen. "Es sind kaum Leute da", sagte die Sprecherin.

Unklar, woher das Tier stammt

Die Polizei hat nach eigenen Angaben durch Zeugen von dem Wildtier erfahren. Diese hätten Videos aufgenommen, die dokumentieren, wie die Raubkatze ein Wildschwein gejagt und erlegt habe. Die Aufnahme wurde von der Exekutive als glaubwürdig eingestuft. In einer Pressekonferenz der Brandenburger Polizei am Donnerstagmittag hieß es, zwei Polizisten hätten das Tier in der Nacht ebenfalls gesehen. Es sei jedoch nicht davon auszugehen, dass es andere Tiere gerissen habe, sagte eine Sprecherin später.

Tierärztin mit Narkosegewehr
Tierärztin mit Narkosegewehr
REUTERS/ANNEGRET HILSE

Wie die "Märkische Allgemeine" online berichtet, hat der 19-jährige Nico M. aus Kleinmachnow am Nachhauseweg am späten Mittwochabend die mutmaßliche Löwin gefilmt, da ihm zunächst eine Horde Wildschweine aufgefallen ist. Die Wildschweine seien weggelaufen – die Löwin zurückgeblieben. M. zeigte das Video der Polizei und fuhr mit dieser am Donnerstagmorgen auch zur angeblichen Fundstelle.

Ein privates Video von Nico M. soll die Löwin in Kleinmachnow zeigen.

Die Polizei Berlin berichtete am Donnerstagnachmittag auf Twitter von einer "möglichen Sichtung" des Tieres im Süden Berlins nahe zur Stadtgrenze zu Brandenburg beziehungsweise in Zehlendorf. "Es fanden sich keine Hinweise oder Spuren, dass das Tier sich dort tatsächlich befunden hat", hieß es am Donnerstagabend seitens der Polizei Berlin.

Nach bisherigen Erkenntnissen liegen keine Informationen vor, woher das entlaufene Raubtier stammt. "Wo es herkommt, wissen wir nicht", sagte ein Sprecher der zuständigen Polizeidirektion am Donnerstagmorgen. Es seien Zoos, Tierparks, Zirkusse und Tierschutzeinrichtungen überprüft worden. "Es wird keine Löwin vermisst." Es gebe keinen Hinweis, dass solch ein Tier in der Region gemeldet sei, sagte der Bürgermeister von Kleinmachnow, Michael Grubert (SPD), bei der Pressekonferenz. "Uns ist in der Region Kleinmachnow/Teltow/Stahnsdorf von keinem Privatbesitz solch eines Tiers bekannt." Sollte es gefunden werden, soll es nach Möglichkeit betäubt und dem Tierschutz übergeben werden.

Zweifel daran, dass es sich bei dem Tier überhaupt um eine Löwin handelt, hegt Michel Roman Rogall – Zirkusdirektor in Teltow. "Wenn das ein Löwe ist, fresse ich einen Besen", wird Rogall von mehren deutschen Medien zitiert. Der Zirkus-Chef hegt den Verdacht, dass es sich bei der angeblichen Löwin um einen kaukasischen Schäferhund handeln könnte.

Ein Mann mit einem Gewehr bei der Suchaktion nach einem freilaufenden Wildtier im Bereich der südlichen Landesgrenze von Berlin.
Ein Mann mit einem Gewehr bei der Suchaktion nach einem freilaufenden Wildtier im Bereich der südlichen Landesgrenze von Berlin.
APA/TNN/Sven Käuler

Tierschutzorganisationen fordern strengere Haltungsgesetze

Da noch kein Zoo oder Zirkus das Tier als vermisst meldete, geht die Tierschutzorganisation Vier Pfoten davon aus, dass es aus privater Haltung stammt. Die Organisation nahm dies zum Anlass, um strengere Haltungsgesetze zu fordern. "Vorfälle wie diese ließen sich vermeiden, wenn es endlich bundesweit einheitliche Regelungen in Bezug auf die Privathaltung und den Handel von exotischen Tierarten geben würde", erklärte Nadine Ronco Alarcón. Es gebe schlicht Arten, die nicht für die private Haltung geeignet seien.

Jährlich werden der Organisation Pro Wildlife zufolge hierzulande hunderttausende Wildtiere als exotische Haustiere zum Verkauf angeboten. Damit gehöre Deutschland zu einem der größten Absatzmärkte. Die Folge seien "weitreichende Tier- und Artenschutzprobleme, aber auch hohe Risiken für die öffentliche Sicherheit und Gesundheit". Die Organisation forderte deshalb ebenfalls strengere Haltungsgesetze.

Bereits in der Vergangenheit hatte es immer wieder Fälle entlaufener exotischer Tiere gegeben. Erst vor wenigen Wochen büxte im rheinland-pfälzischen Bad Kreuznach ein Serval aus – eine afrikanische Raubkatze. Im März war im schweizerischen Basel eine Gepardin entlaufen, 2016 in Nordrhein-Westfalen ein Schneeleopard. (mae, rroi, APA, 20.7.2023)