Rom/Ottawa/Kabul– 14 Personen sind in der Nacht auf Sonntag bei schweren Unwettern in der norditalienischen Adria-Provinz Ravenna verletzt worden. Zwei Personen saßen in einem Auto, das von einem umfallenden Baum getroffen wurde. Sie wurden mit Verletzungen ins Krankenhaus eingeliefert, berichteten italienische Medien.

Feuerwehrteams aus der ganzen Region waren am Sonntagfrüh bei der Beseitigung umgestürzter Bäume im Einsatz. In einigen Teilen der Provinz Ravenna kam es wegen den Unwettern zu Stromausfällen.

Hagelkörner wie Tennisbälle

Hagelkörner von der Größe von Tennisbällen trafen die Ernten in der Region Emilia Romagna, insbesondere in den Provinzen Parma, Modena, Ferrara, und Bologna, wobei die Felder schwere Schäden erlitten. In Seregno folgten auf den Sturm Bilder von Eismassen, die durch die Straßen flossen. Verwüstet wurden Obstplantagen im Gebiet von Ravenna, wo die Windböen Gewächshäuser abrissen, Bäume entwurzelten und Dutzende von Rebzeilen umknickten. Die Region war bereits im Mai von schweren Unwettern getroffen worden, die Schäden in Höhe von 12 Milliarden Euro verursacht hatten.

Bereits am Freitag hatten heftige Unwetter den Norden Italiens heimgesucht. Betroffen war vor allem die lombardische Provinz Cremona.

Dauereinsatz in Kalabrien

Die süditalienische Region Kalabrien kämpft gegen Brände. Feuerwehrleute waren am Sonntag im Dauereinsatz, um die Flammen zu löschen. In verschiedenen Teilen der Region, dem südlichsten Teil Italiens, brannten Wälder, nachdem die Temperaturen in der vergangenen Woche auf über 40 Grad Celsius gestiegen waren, berichteten italienische Medien. Zusätzliche Feuerwehrteams wurden aus den Regionen Kampanien und Latium sowie aus der sizilianischen Stadt Messina angefordert.

Auch Flugzeuge waren im Einsatz, um die circa 70 Brände zu löschen, die in der Region ausgebrochen sind. Es wurden keine Verletzten gemeldet, bestätigten die Behörden. Aufgrund der gehäuften Ausbrüche gingen die Einsatzkräfte von gezielter Brandstiftung aus.

Nur fünf Prozent der Brände werden laut Experten von tatsächlichen Pyromanen gelegt, die aus purer Zerstörungslust die Feuer anzünden. Meist stecken wirtschaftliche Interessen hinter den Sommerbränden in Italien. Auch die Gluthitze dieser Tage nährt die Brände. In fast allen italienischen Städten wurden in den vergangenen Tagen Rekordtemperaturen gemeldet.

Liegen im Wasser

In Syrakus im Südosten Siziliens wurden am Samstag laut Zeitungsberichten 46,4 Grad gemessen. Für die neue Woche erwarten die Meteorologen eine Hitzewelle mit Rekordtemperaturen von 47 bis 48 Grad zwischen Sardinien und Sizilien. Zwischen Mittwoch und Donnerstag sollen die Temperaturen landesweit etwas zurückgehen.

Eine böse Überraschung erlebten am Samstag viele Badegäste an der Adria. Videos zeigten Sommerfrischler, die in Lido di Classe vor Ravenna fluchtartig den Strand verließen. Etwas weiter südlich wurde ein Strandabschnitt nördlich Anconas von einer ebenso plötzlichen wie heftigen Sturmflut überrascht. Während der Strand noch voller Menschen war, habe sich binnen Minuten der Himmel verfinstert, meldete die Zeitung "La Repubblica". Heftige Windböen hätten Dutzende Sonnenschirme weggerissen. Die Wellen seien bis zur sechsten Strandreihe vorgedrungen, Liegen trieben im Wasser.

Hitzerekorde in USA

Unterdessen haben die USA mit einer lang anhaltenden extremen Hitzeperiode zu kämpfen haben. Der US-Wetterdienst warnte rund 80 Millionen Einwohner für dieses Wochenende vor Temperaturen von 41 Grad und mehr. Für Phoenix im US-Bundesstaat Arizona, das derzeit die längste Hitzewelle seit Beginn der Wetteraufzeichnungen erleidet, wurden mehr als 46 Grad vorausgesagt.

Im 500 Kilometer entfernten Death Valley in Kalifornien, dem heißesten Ort der Erde, machen Touristen seit Tagen Selfies mit der Temperaturanzeige vor dem Besucherzentrum. Viele hoffen, dass der globale Hitzerekord aus dem Juli 2013 von 56,7 Grad Celsius gebrochen wird - der nach Ansicht vieler Experten allerdings auf eine fehlerhafte Messung zurückgeht. Der Katastrophentourismus im Death Valley birgt Risiken für Leib und Leben: In dem Nationalpark war erst vor wenigen Tagen ein 71-jähriger Mann aus Los Angeles vor der Toilette eines Wanderwegs zusammengebrochen und gestorben.

Death Valley Touristen
Viele Touristen hoffen auf besonders hohe Temperaturen im Death Valley in Kalifornien.
AFP/RONDA CHURCHILL

Im Bundesstaat Washington zerstörte am Wochenende ein Waldbrand binnen eines Tages mehr als 12.000 Hektar Land. Im benachbarten Kanada wüten insgesamt noch fast tausend Waldbrände. In der diesjährigen besonders heftigen Waldbrandsaison in Kanada brannten bereits 11,3 Millionen Hektar Land nieder. Wissenschaftern zufolge nehmen Wetterextreme wie Hitzewellen als Folge des Klimawandels an Intensität und Häufigkeit zu.

Überschwemmungen und Waldbrände in Kanada

Auch Kanada leidet unter extremen Wetterbedingungen. Während in weiten Teilen des Landes noch immer heftige Waldbrände wüten, haben ungewöhnlich starke Regenfälle im Südosten des Landes nun Überschwemmungen ausgelöst. Vier Menschen, darunter zwei Kinder, galten am Samstag (Ortszeit) als vermisst, wie kanadische Medien unter Berufung auf die Polizei berichteten. "Wir haben die Regenmenge von drei Monaten in weniger als 24 Stunden bekommen", zitierten örtliche Medien den Premier der betroffenen Provinz Novia Scotia, Tim Houston.

"Unser Klima verändert sich, das ist um uns herum offensichtlich", fügte er demnach hinzu. Im Mai und Juni hatten auch in der südöstlichen Provinz Novia Scotia noch heftige Waldbrände gewütet. Der starke Regen hatte nun am Freitag begonnen. Die beiden vermissten Kinder saßen den Berichten zufolge in einem Auto, das von den Fluten erfasst wurde. Drei weitere Insassen konnten sich in Sicherheit bringen, hieß es. Bei den anderen Vermissten handle es sich um eine jugendliche Person und einen Mann. Auch ihr Auto sei vom Wasser erfasst worden. Genauere Angaben lagen demnach zunächst nicht vor.

Fluten in Kanada - Auto umgeben von Wassermassen
In Kanada wurden am Samstag Straßen und Häuser geflutet.
AP/Darren Calabrese

Schlimmste Waldbrände der Geschichte

Häuser, Brücken und Straßen seien von den Fluten beschädigt worden, berichteten örtliche Medien weiter. Zwischenzeitlich seien rund 70.000 Menschen in der Region ohne Strom gewesen, Hunderte seien aufgefordert worden, ihre Häuser zu verlassen. Am Samstag war für die gesamte Provinz Nova Scotia der Notstand ausgerufen worden.

Zeitgleich wüten in Kanada noch immer hunderte Waldbrände. Das Land leidet unter der schlimmsten Waldbrand-Saison in seiner Geschichte. Es herrschen extreme Hitze und Trockenheit in Teilen des Landes. Den Behörden zufolge sind bereits mehr als 100.000 Quadratkilometer Wald und andere Landschaften abgebrannt. Die Brände sorgten auch für apokalyptische Bilder: So versank etwa New York zeitweise in einem dichten gelblichen Schleier des nach Süden ziehenden Rauches.

Dutzende Vermisste in Afghanistan

Indes sind bei Sturzfluten in Afghanistan mehr als 30 Menschen in den Tod gerissen worden. Innerhalb der vergangenen 72 Stunden seien landesweit mindestens 31 Menschen ums Leben gekommen, bestätigte der Katastrophenschutz am Sonntag. Insgesamt waren demnach acht Provinzen betroffen.

Viele Todesopfer wurden in der Provinz Maidan Wardak beklagt. Dort wurden zahlreiche Bewohner im Schlaf von Wassermassen getötet. Laut der Katastrophenschutzbehörde werden Dutzende weitere Menschen vermisst. Hunderte Häuser sollen beschädigt oder zerstört worden sein.

Auch in der pakistanischen Provinz Khyber-Pakhtunkhwa kam es am Wochenende zu heftigen Regenfällen mit starken Winden und Gewittern, wie die Zeitung "Dawn" berichtete. Erdrutsche beschädigten Straßen und Gebäude. Seit Beginn des Monsunregens Ende Juni kamen in dem südasiatischen Land mehr als 100 Menschen ums Leben.

Immer wieder kommt es in Afghanistan und Pakistan zu schweren Wetterextremen. Beide Länder leiden stark unter den Folgen des Klimawandels. Nach mehreren Jahrzehnten Krieg und Konflikt herrscht in Afghanistan eine humanitäre Katastrophe. Seit fast zwei Jahren wird Afghanistan wieder von den militant-islamistischen Taliban beherrscht. Rekordfluten in der Monsunzeit setzten 2022 zeitweilig ein Drittel Pakistans unter Wasser, rund 1700 Menschen kamen ums Leben.

Unwetter und neue Hitzewellen in Italien und Bulgarien

Vor einer neuen Hitzewelle ist auch Bulgarien von Unwettern heimgesucht worden. Heftige Winde, Regenstürme und Hagelgewitter wüteten in der Nacht zum Sonntag im Nordwesten des Balkanlandes, wie bulgarische Medien berichteten. In mehreren Orten wurden Dächer beschädigt. Herabgestürzte Bäume versperrten Straßen oder beschädigten geparkte Autos. Feuerwehrleute und Freiwillige räumten die Landstraße zum Grenzübergang Wraschka Tschuka (Vrška Cuka) nach Serbien.

Nach mehreren heißen Tagen mit Höchsttemperaturen um 40 Grad brachten die Stürme etwas Abkühlung im Norden Bulgariens. Doch für die südlichen Regionen galt am Sonntag die Alarmstufe Gelb. In den Grenzgebieten zu Griechenland wurden Temperaturen bis 38 Grad erwartet. In den kommenden Tagen wird es bulgarischen Meteorologen zufolge eine neue Hitzewelle geben. Dann sollen die Temperaturen in dem südosteuropäischen Land auch über 40 Grad steigen.

Totes Kind in Serbien, Schäden in kroatischen Urlaubsorten

Unwetter Kroatien Pula
In Novigrad rissen die Sturmböen Bäume aus, die in der Folge auf Wohnwagen, Zelte und Autos stürzten.
IMAGO/Srecko Niketic/PIXSELL

Neuerliche Unwetter haben am Freitagnachmittag und -abend in Kroatien und Serbien gewütet. Die heftigen Stürme richteten auf der kroatischen Halbinsel Istrien, einem stark frequentierten Urlaubsziel, beträchtliche Schäden an. In Novigrad rissen die Sturmböen Bäume aus, die in der Folge auf Wohnwagen, Zelte und Autos stürzten, berichtete die Regionalzeitung "Glas Istre" aus der Kreishauptstadt Pula unter Berufung auf die Behörden.

Besonders betroffen sei ein Campingplatz am Meer gewesen. Personen kamen nicht zu Schaden. In der nordserbischen Stadt Novi Sad starb ein zwölfjähriges Kind, das sich zum Zeitpunkt des Unwetters im Freien aufgehalten hatte. Der Bub war vor dem Haus seiner Tante bewusstlos aufgefunden worden. Rettungskräfte konnten ihn nicht mehr wiederbeleben. Die genaue Todesursache würde noch untersucht, berichtete das staatliche Fernsehen RTS.

Bereits am Mittwoch hatten schwere Unwetter in der Balkanregion Menschen getötet und enorme Schäden verursacht. In Kroatien waren vier Männer, in Slowenien und Bosnien-Herzegowina je eine Frau ums Leben gekommen.

Heftiger Regen während Monsun in Indien

Heftiger Regen hat seit Beginn der Monsunzeit auch in Indien Anfang Juni zu einer Reihe von Überschwemmungen und Erdrutschen geführt, bei denen zahlreiche Menschen ums Leben kamen. Tage nach einem verheerenden Erdrutsch in einem Dorf des indischen Bundesstaats Maharashtra steigt die Zahl der Todesopfer weiter an. Bis Sonntag seien 27 Leichen aus den Erd- und Schuttmassen geborgen worden, zwischen 50 und 60 Dorfbewohner würden aber noch vermisst, sagte ein Vertreter des Bezirks Raigad der Nachrichtenagentur AFP.

Erdrutsch in Indien, Juli 2023
Anhaltender Starkregen behindert im indischen Maharashtra laut dem Bezirksvertreter die Bergungsarbeiten.
AFP PHOTO / Indias National Disaster Response Force

Heftiger Monsunregen hatte in der Nacht zum Donnerstag den Erdrutsch in dem kleinen Dorf ausgelöst, örtlichen Medienberichten zufolge wurden ganze Familien unter den Schlamm- und Schuttmassen begraben. Anhaltender Starkregen behindert laut dem Bezirksvertreter die Bergungsarbeiten. Wissenschafter machen neben der zunehmenden Abholzung und ausufernden Bauprojekten in Indien vor allem den Klimawandel für die immer tödlicheren Monsunregen verantwortlich. (APA, red, 23.7.2023)