Viktor Orbán liebt die Zuspitzung. In der EU tobe ein Kampf zwischen "Souveränisten" und "Föderalisten", erklärte Ungarns Premier am Samstag bei seiner alljährlichen Rede vor Angehörigen der ungarischen Minderheit in Rumänien. Sich selbst sieht er im Kampf für die Souveränität der EU-Staaten – also gegen all jene, die lieber mehr gemeinsames Gewicht auf die geopolitische Waage bringen wollen.

Ungarn Premier Viktor Orbán
Ungarns Premierminister Viktor Orbán.
AP

Orbáns Auftritt aber war weniger der eines Souveränisten, sondern der eines völkischen Nationalisten. Einmal mehr stichelte er gegen die rumänische Regierung und schürte nationale Emotionen – übrigens auf beiden Seiten, denn auch rumänische Protestkundgebungen vor Ort blieben nicht aus.

Wenig Verständnis

Wenig Verständnis zeigte Orbán auch für die Souveränität Tschechiens, wo die rechtsliberale Regierung von Petr Fiala den penetranten Anti-Brüssel-Kurs Orbáns nicht mehr mitträgt: Die Tschechen hätten die Seiten gewechselt, jammerte er, die Slowaken würden wanken. Von den vier Visegrád-Ländern halte außer Ungarn also nur noch Polen Kurs.

Es stimmt, auch Warschau liegt mit Brüssel im Clinch. Aber während Orbán mit seiner Nähe zu Russlands Präsident Wladimir Putin kokettiert, ist Polen bei der Unterstützung der Ukraine ganz vorn dabei. Auch die Achse Budapest–Warschau ist also brüchig geworden, das kann Orbán nicht ausklammern. Umso hellhöriger sollte man in Ländern werden, die Orbán als Zukunftshoffnung nannte. Zum Beispiel Österreich. (Gerald Schubert, 23.7.2023)