Athen/Palermo/Algier/Tunis/Istanbul/Rom – Nicht nur die griechische Insel Rhodos steht in Flammen, Hitzewellen und Waldbrände haben am Dienstag auch andere Teile Südeuropas und das nördliche Afrika fest im Griff. In Algerien kamen bis Montagabend 34 Menschen durch andauernde Waldbrände ums Leben, Feuer wüten auch im benachbarten Tunesien. Im sizilianischen Palermo sind der Flughafen und ein Krankenhaus bedroht.

Video: Kampf gegen Waldbrände auf Sizilien - 47,6 Grad in Catania gemessen
DER STANDARD

Flughafen von Palermo vorläufig gesperrt

Ein großes Feuer, das in den Bergen um den Flughafen von Palermo ausgebrochen ist, hat am Montag das Gelände des Flughafens erreicht, der bis 11 Uhr für den Verkehr gesperrt wurde. Acht Flüge wurden gestrichen. Auch die Autobahn A29 war von den Bränden betroffen. Drei Auffahrten wurden geschlossen. Die Brände bedrohten auch das Krankenhaus Cervello, berichteten lokale Medien.

Feuerwehrteams waren mit einem Hubschrauber und Löschflugzeugen in den von den Bränden betroffenen Gebieten seit Montagabend im Einsatz. Auch in weiteren Provinzen wüteten die Feuer. Eine 88-jährige Frau in prekärem Gesundheitszustand starb, weil die Rettungsteams wegen der Brände nicht rechtzeitig Hilfe leisten konnten. Insgesamt wurden auf Sizilien 55 Brände gemeldet. Wegen des starken Schirokko-Windes konnten die Löschflugzeuge in einigen Fällen nicht zum Einsatz kommen.

120 Familien mussten in der Provinz Palermo ihre Häuser verlassen, weil sie von den Flammen bedroht wurden. Auch in der Provinz Trapani wurden einige Häuser wegen der Flammen evakuiert. Feuerwehrmannschaften aus ganz Italien trafen auf Sizilien ein, um Unterstützung zu leisten.

Der Flugverkehr in Sizilien leidet bereits seit Tagen unter den Bränden. Seit vergangener Woche ist bereits der ganze Betrieb am Flughafen Catania eingestellt. Catanias Flughafen ist der fünftgrößte Flughafen Italiens – nach Angaben von Assaeroporti, des italienischen Flughafenverbands, wurden dort im Mai mehr als eine Million Passagiere abgefertigt. Die Ostküste Siziliens mit den Städten Taormina, Syrakus sowie vielen Standorten ist bei Touristen und Urlaubern äußerst beliebt.

Feuer vor dem Flughafen in Palermo
Das Feuer auf Sizilien nähert sich dem Flughafen in Palermo.
EPA/ANSA

Nur fünf Prozent der Brände werden laut Experten von sogenannten Pyromanen gelegt, die aus purer Zerstörungslust die Feuer anzünden. Meist stecken hinter den Sommerbränden in Italien wirtschaftliche Interessen. Auch die Gluthitze dieser Tage nährt die Brände. In fast allen italienischen Städten wurden in den vergangenen Tagen Rekordtemperaturen gemeldet.

Ein 55-jähriger Forstarbeiter, der bei der Brandbekämpfung auf Sardinien mitwirkte, starb in seinem Haus in Baunei in der Provinz Nuoro am Ende eines anstrengendes Arbeitstages. Er erlitt einen Herzinfarkt. Auf Sardinien wurde am Dienstag eine Rekordtemperatur von 48 Grad gemeldet. Wie andere italienische Regionen hat auch Sardinien mit mehreren Bränden in seinem Gebiet zu kämpfen.

Ein 98-jähriger Mann ist in Cardeto in der süditalienischen Region Kalabrien an den Folgen eines schweren Brandes gestorben. Der bettlägerige Mann starb in den Flammen, die das Landhaus, in dem er lebte, erfasst hatten. Seine Tochter und sein Schwiegersohn wurden leicht verletzt, konnten aber gerettet werden, berichteten italienische Medien.

Mehr als 30 Tote in Algerien

Im nordafrikanischen Algerien ist die Zahl der Todesopfer durch Waldbrände unterdessen auf 34 gestiegen. Nach Angaben des algerischen Innenministeriums vom späten Montagabend sind unter den Toten 24 Zivilisten und zehn Mitarbeiter des Militärs. Rund 8.000 Retter seien im Einsatz gewesen, um die Brände zu löschen. Sie wüteten am Montag unter anderem in der algerischen Region Beni Ksila östlich der Hauptstadt Algier. Rund 1.500 Menschen wurden in Dörfern in Sicherheit gebracht. Die Flammen breiteten sich angesichts starker Winde schnell auch auf andere Regionen des Landes aus.

Video: In Algerien lodern derzeit fast hundert Brände, dutzende Menschen kamen infolge der Feuer ums Leben.
AFP

Auch das benachbarte Tunesien kämpfte am Montag mit Bränden und einer Hitzewelle, die weite Teile des Landes erfasste. In der Hauptstadt Tunis herrschten 48 Grad Celsius. In Wäldern nahe der algerischen Grenze kämpften Feuerwehrleute gegen Brände, die dort seit mehreren Tagen wüteten. Rund 2.500 Menschen wurden Medienberichten zufolge in Sicherheit gebracht. Mehrere Menschen erlitten einen Hitzeschlag und kamen in Krankenhäuser.

Evakuierungen im südtürkischen Antalya

In der südtürkischen Urlaubsregion Antalya wurden aufgrund eines Waldbrandes zehn Häuser im Bezirk Kemer evakuiert, meldete die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu Ajansi am Dienstag. Touristen seien zunächst nicht betroffen gewesen. Tourismusminister Mehmet Nuri Ersoy sei an Ort und Stelle, um sich ein Bild von der Lage zu machen. Elf Flugzeuge und 22 Helikopter sind nach offiziellen Angaben im Löscheinsatz.

Der Agentur zufolge war der Brand am Montagabend aus noch ungeklärten Gründen ausgebrochen. Starke Winde erschwerten demnach das Löschen. Die Türkei kämpft zurzeit wie andere südeuropäische Länder mit einer Hitzewelle. Meteorologen der betroffenen Länder weisen immer wieder auch auf den Klimawandel als Ursache hin. Waldbrände können sich in der trockenen Vegetation schneller ausbreiten. Der türkische Wetterdienst erwartet für Antalya am Dienstag und Mittwoch Temperaturen von mehr als 40 Grad.

150 Quadratkilometer Wald auf Rhodos zerstört

Video: Der Kampf gegen die Flammen auf Rhodos geht weiter
AFP

Bei den schweren Waldbränden auf der Ferieninsel Rhodos sind nach ersten Schätzungen von Experten etwa 150 Quadratkilometer Wald und landwirtschaftlich genutzte Fläche zerstört worden. Zudem seien nach Schätzungen von Tierschützern zahlreiche Rehe, Schildkröten und andere Wild- und Nutztiere verbrannt.

Von den Feuern bedroht ist auch eine seltene Damwildart, die Dama-Dama genannt wird. Viele dieser Tiere verendeten während der Waldbrände. Tiere, die überlebt haben, suchten nun nach Nahrung und Wasser in bewohnten Regionen, berichtete das Staatsfernsehen weiter. Tierschützer riefen im Rundfunk die Menschen auf Rhodos auf, Essen und Trinkwasser in ihren Gärten zu lassen, damit die Rehe überleben. Die Dama-Dama-Rehe leben auch in Mesopotamien. Es ist unklar, wann und wie sie nach Rhodos kamen.

Unterdessen begannen die Untersuchungen und Ermittlungen über die Ursachen, die zu den Bränden auf Rhodos geführt hatten. Zudem untersucht die Staatsanwaltschaft, ob die Führung der Feuerwehr – als der Brand noch kleine Dimensionen hatte – richtig gehandelt habe, berichtete das griechische Staatsfernsehen weiter. (APA, red, 25.7.2023)