Bild zeigt eine Frau, die verzweifelt vor einem Laptop am Schreibtisch sitzt.
Wer bei der Onlinebuchung seines Urlaubs nicht aufpasst, kann nachher länger vor dem Computer sitzen, als ihm lieb ist.
Getty Images

Frau R. und ihre Mutter haben sich schon lange auf den wohlverdienten Urlaub gefreut. Es sollte eine Flugreise auf eine europäische Insel werden, die schon Monate im Voraus über die Onlineplattform Booking.com gebucht und auch bestätigt worden war. Kurz vor Reisebeginn kündigten sich erste Probleme an, als der Online-Check-in für den Hinflug den Dienst verweigerte. Auf Rückfrage versicherte die Onlineplattform jedoch, dass alles in Ordnung sei, man solle vor Ort einchecken.

Am Abreisetag folgte dann das böse Erwachen am Check-in-Schalter in Wien-Schwechat: Da keine Buchung vorliege, könne die Fluggesellschaft die Reisenden auch nicht einchecken. Viele Diskussionen vor Ort blieben ergebnislos, und die eigentliche Reise endete vor ihrem Antritt – um eine Odyssee der Rückerstattung zu beginnen.

Ein Einzelfall ist das nicht. "Fälle wie dieser erreichen uns mehrmals pro Woche über unsere Hotline und per E-Mail. Das passiert leider wirklich häufig", sagt Maria Semrad, Juristin beim Europäischen Verbraucherzentrum Österreich, auf Nachfrage des STANDARD. Auch könne es vorkommen, dass nicht der Flug abgesagt wird, sondern dass das Hotel vor Ort unerwartet vermeldet, dass es ausgebucht sei – trotz Bestätigung seitens des Vermittlers. Dann hatte der Kunde zwar einen Flug, aber kein Hotel – und die Plattform, über die die Reise gebucht worden ist, verweigert in der Regel die Kooperation.

Zwei Vermittler, die dem Europäischen Verbraucherzentrum in diesem Zusammenhang besonders negativ auffallen, sind Opodo und eben Booking.com. Diese Unternehmen vertreten häufig die Position, dass sie nur Vermittler seien und Kundinnen und Kunden in Problemfällen wie dem Fallbeispiel direkt mit den Dienstleistern in Kontakt treten müssten. "Das stimmt aber einfach nicht", sagt Semrad. "Es ist für Verbraucherinnen und Verbraucher wichtig zu wissen, dass bei einer gemeinsamen Buchung ein Pauschalreisevertrag abgeschlossen wurde."

Besonderer Schutz

Wenn man als Kunde auf Vermittlungsplattformen wie Booking.com mindestens zwei verschiedene Reiseleistungen wie etwa Hotelzimmer und Flug oder Taxi innerhalb von 24 Stunden für ein und denselben Urlaub bucht, dann gilt das als Pauschalreise. Und bei solchen Pauschalreisen oder verbundenen Reiseleistungen sind Verbraucher per Gesetz in Österreich ganz besonders geschützt. Hier sind die unterschiedlichen Reiseleistungen als einziges Paket zu verstehen, und der Vermittler der einzelnen Komponenten gilt als Reiseveranstalter. Als solcher hat er Gewähr dafür zu leisten, dass die Reise so abläuft, wie sie gebucht wurde.

Geht wie im Fall von Frau R. mit dem Flug etwas schief, dann muss sich der Reiseveranstalter darum kümmern, dass der Vertrag, den er mit dem Reisenden geschlossen hat, tatsächlich auch eingehalten wird. Es kann also gar nicht das Problem der Konsumentinnen und Konsumenten sein, dass sie sich um eine Rückerstattung der Flugkosten bei der Fluggesellschaft kümmern müssen. Eigentlich hätte sich also Booking.com darum kümmern müssen, dass der Flug stattfindet, und wenn das nicht möglich war, eine Rückerstattung der Kosten in die Wege zu leiten.

Ein Pingpong der Zuständigkeiten

Immerhin konnten Frau R. und ihre Mutter den Hotelaufenthalt und den Taxitransfer im Zielland noch am Abreisetag rechtzeitig stornieren. Dennoch bleiben sie vorerst auf den restlichen Kosten für eine Reise sitzen, die sie nie antreten konnten. Die Versuche, eine Rückerstattung für die Flüge und die verbleibenden Taxikosten zu erwirken, sind bislang ergebnislos verlaufen. "Es ist eine bodenlose Frechheit. Alle Beteiligten schicken uns permanent im Kreis und stellen uns als blöd hin. Die Verantwortung für den Buchungsfehler will aber niemand übernehmen", beklagt sich Frau R. Dabei handelt es sich um eine Schadenssumme von mehreren Hundert Euro.

Booking.com lehnte nach tagelanger Bearbeitungszeit eine Rückerstattung ab und verwies nicht nur auf die direkt betroffene Fluggesellschaft, sondern auch auf die Austrian Airlines. Die offenbar mitinvolvierte Lufthansa-Tochter wiederum erklärte, dass die Flugtickets bestätigt waren und das Problem am Check-in-System der betroffenen Fluggesellschaft lag.

Frau R. hat sich bereits an die Agentur für Passagier- und Fluggastrechte (APF) gewandt, die den Fall prüft, sowie an Anwälte, womit sie allerdings vor weiteren Kosten und Unklarheiten stehen würde. Eine vorhandene Rechtsschutzversicherung ist in diesem Fall wenig hilfreich, weil sie solche Fälle nicht zur Gänze abdeckt. Die leidtragende Kundin will und kann kein zusätzliches Geld in die Hand nehmen und befürchtet daher, dass sie auf der Schadenssumme sitzenbleiben könnte.

Was im Schadensfall zu tun ist

Grundsätzlich hat Frau R. richtig gehandelt, indem sie sich an Booking.com gewandt hat. Die Onlineplattform ist in diesem Fall zu kontaktieren, weil sie aus dem zustandegekommenen Vertrag heraus verpflichtet ist, die genannte Reiseleistung zu erbringen. Wird diese nicht erbracht, steht Kundinnen und Kunden die Rückerstattung des gesamten Preises zu – unabhängig davon, woher Booking.com das Geld bezieht.

Falls eine Rückerstattung abgelehnt wird, kann man sich an das Netzwerk der europäischen Verbraucherzentren wenden, da es grenzüberschreitend aktiv wird. Der konkrete Beschwerdefall wird von der Vertretung in Österreich an die Kollegen in den Niederlanden weitergeleitet, weil das betroffene Unternehmen seinen Firmensitz dort eingetragen hat. Da solche Fälle häufig auftreten, dauert es in etwa sechs Wochen, bis der Fall vom Verbraucherzentrum bearbeitet werden kann. Rund zehn Wochen sollte man als Betroffener für eine Abwicklung insgesamt einkalkulieren – eine Erfolgsgarantie kann es freilich nicht geben.

Präventive Maßnahmen

Um generelle Probleme mit dem Urlaub im Vorfeld zu minimieren, sollte man bereits bei der Buchung darauf achten, ob es sich um eine Pauschalreise handelt oder nicht. Solange man keine Buchung abschließen möchte, empfiehlt es sich, die eigenen Daten noch nicht anzugeben, rät Juristin Semrad. Nicht alle Reiseveranstalter halten sich an die Buttonlösung, wonach eine Buchung erst dann verbindlich ist, wenn man auf eine Schaltfläche mit der Aufschrift "Zahlungspflichtig buchen" oder Ähnliches geklickt hat, die eindeutig auf die Kostenpflicht hinweist. So mancher Verbraucher steht dann mit einer Buchung da, die er gar nicht wollte. Hier kann eine Dokumentation des Buchungsvorgangs mittels Screenshot oder Video helfen, einen Nachweis bereithalten zu können.

Zudem empfiehlt es sich, die getätigten Angaben genauestens zu prüfen, bevor man einen Vertrag abschließt. Ist die Mailadresse nicht korrekt, erhält man keine Buchungsbestätigung, muss aber dennoch zahlen. Ist der Buchungszeitraum falsch oder entspricht der Name einer reisenden Person nicht den Passdaten, können Änderungen kostspielig werden. Ein Rücktrittsrecht gibt es bei der Buchung von Pauschalreisen nicht.

Bei Pauschalreisen und insbesondere auch bei Hotels ist es empfehlenswert, sich Bewertungen der Angebote im Internet anzusehen. Hier darf man sich nicht von Landeskategorien täuschen lassen: "Eine Fünf-Sterne-Kategorie in Tunesien entspricht einfach nicht einer Fünf-Sterne-Kategorie in Europa, das sollte einem klar sein", gibt Semrad zu bedenken. Darüber hinaus sollte man auch im Vorfeld klarstellen, dass die Dinge, die einem wichtig sind, zum Beispiel eine Klimaanlage im Hotelzimmer, unabhängig von der Hotelkategorie auch wirklich vorhanden sind. Im Zweifelsfall gibt eine direkte Anfrage an das Unternehmen nicht nur Aufschluss über die gewünschte Information, sondern gibt auch ein Bild über Art und Geschwindigkeit seiner Kommunikation ab. Weitere nützliche Tipps zu Pauschalreisen finden Sie im Ratgeber des Europäischen Verbraucherzentrums Österreich.

Nur Flug besser direkt buchen

Frau R. hat die Hoffnung jedenfalls nicht aufgegeben, dass ihr die Kosten noch zurückerstattet werden. Was zukünftige Urlaube betrifft, ist ihr die Lust auf Flugreisen vorerst vergangen. "Es geht nicht nur ums Geld. Es ist einfach menschlich gesehen schäbig, wie mit langjährigen Kundinnen und Kunden umgegangen wird", gibt sie sich zu Recht enttäuscht. Sollte sie das Fernweh aber wieder packen, will sie Flüge nur noch direkt bei den Fluggesellschaften buchen. Dazu rät im Übrigen auch das Europäische Verbraucherzentrum, wenn es sich um keine Pauschalreise handelt. Zwar sind die Ticketpreise bei der Fluglinie in der Regel ein wenig höher, dafür ersparen sich Konsumenten laut Semrad ein "unsäglich schwieriges Dreiecksverhältnis" mit Vermittler und Fluggesellschaft, sollte es beim Flug zu Problemen kommen.

Das geht so weit, dass Onlineplattformen die Identität der Kunden vor der Fluglinie verschleiern, um damit eine direkte Kontaktaufnahme der anderen beiden Parteien zu verhindern. Kommt es zu Kundenansprüchen aufgrund nicht erbrachter Leistungen, kann es zudem passieren, dass die zwischengeschalteten Flugvermittler Bearbeitungsgebühren abziehen. "Hier laufen völlig intransparente Vorgänge ab. Gebühren sind oft nicht klar in den Geschäftsbedingungen ausgewiesen", kritisiert Juristin Semrad.

DER STANDARD hat Frau R. jedenfalls an das Europäische Verbraucherzentrum zur Schlichtung ihres Falles vermittelt. Die Fragen des STANDARD an Booking.com blieben unbeantwortet, das Unternehmen ließ als Reaktion auf die Anfrage aber über die Pressestelle ausrichten: "Es tut uns immer leid, wenn wir von negativen Erfahrungen unserer Kunden hören, und wir tun unser Bestes, um sicherzustellen, dass wir einen guten Service und ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis bieten. Damit wir den Fall dieser Kundin vollständig untersuchen können und herausfinden können, welche Richtlinien unserer Partner in diesem Fall gelten, benötigen wir die Buchungsnummer des Flugs." (Benjamin Brandtner, 27.7.2023)