Herr Stepanek war sein Leben lang begeisterter Autofahrer, pendelte ständig zwischen Bregenz, Wien und Prag und brachte es so auf über zwei Millionen Kilometer, sagt er. Inzwischen macht der heute 74 Jahre alte Mann die meisten dieser Reisen, dank Klimaticket Senior, mit dem Zug.

Ein Mann sitzt im Zug und schaut aus dem Fenster.
Das Klimaticket macht ältere Menschen mobiler. Manche haben schon zumindest eines ihrer Autos verkauft und sind heute mehr unterwegs als in der Zeit vor dem Klimaticket. Neben dem Umweltgedanken zählt vor allem, dass es praktisch ist, keine Fahrscheine mehr kaufen zu müssen.
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Angefangen hat alles, als in Vorarlberg das Regionalticket eingeführt wurde: "Ich fahre gerne Ski und bin draufgekommen, wie gut die Verbindung zwischen Bregenz und Schruns ist." Inzwischen ist Stepanek Klimaticketbesitzer und begeistert vom Fahren mit den Öffis. Außer wenn die Züge einmal überfüllt oder die Verspätungen wegen Baustellen zu arg sind.

Er führt über seine Reisen akribisch Buch, um sich auszurechnen, wie sehr sich das Klimaticket für ihn nun rentiert. "Seit ein paar Tagen fahre ich bis Ende Jänner gratis", kam dabei raus.

Hauptsache, praktisch

Ganz anders tickt da Frau W., die im Burgenland wohnt. Sie hat sich das Klimaticket vorwiegend aus Bequemlichkeit gekauft. "Mir gefällt es, dass ich mich beim Einsteigen in den Bus oder Zug nicht vorher um einen Fahrschein kümmern muss. Da ist es mir auch egal, wenn sich das Klimaticket für mich unterm Strich vermutlich nicht rentiert – aber das leiste ich mir gerne."

Aktuell besitzen rund 240.000 Menschen ein Klimaticket (1.095 Euro), davon rund zwölf Prozent ein Klimaticket Senior um 821 Euro. Generell werden 85 Prozent der Klimatickets verlängert, heißt es aus dem Umweltministerium. Bei einer Kundenbefragung 2022 unter 24.000 Klimaticket-Besitzerinnen und -Besitzern gaben 98 Prozent an, mit dem Klimaticket zufrieden oder sehr zufrieden zu sein. 40 Prozent gaben an, dass das Klimaticket ihr Mobilitätsverhalten weg vom Auto hin zu den Öffis verändert habe. Aus der Befragung geht aber auch hervor, dass es Verbesserungsbedarf gibt, was die Pünktlichkeit und das Verkehrsangebot betrifft.

Eine Frau mit Kopfhörern schaut aus dem Zugfenster
Die Fahrt dauert im Zug zwar oft länger als im Auto, man kann die Zeit aber besser nutzen – etwa zum Lesen oder um die STANDARD-Podcasts zu hören.
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"Es wird von den Eisenbahnverkehrsunternehmen stetig daran gearbeitet, das Angebot zu erweitern und auszubauen, etwa durch die Verdichtung von Fahrplänen und neuen Zügen. Auch sind an Starklastwochenenden Verstärkerzüge vorgesehen, und es werden Maßnahmen zur Erhöhung der Reservierungsquote gesetzt", heißt es dazu aus dem Umweltministerium.

Einen Sitzplatz hat Frau Taschwer noch nie reserviert – und es war auch nie notwendig. Sie hat ihr Klimaticket seit Februar 2022, "weil ich Oma geworden bin. Ich lebe in Judenburg, und da war es eine Selbstverständlichkeit, dass ich öfter nach Wien zum Enkerl fahren werde." Sie genießt die Direktverbindung zwischen den beiden Städten, fährt aber auch gern einmal nach Pörtschach zum Baden oder macht Tagesausflüge.

Das Auto hat sie fast nur noch dafür, um zum Bahnhof zu fahren. "Da hätte ich aber auch einen Bus", sagt sie. Und sie überlegt inzwischen, das Auto zu verkaufen.

13-Monate-Ticket

Die Stadt Judenburg fördert jeden Kauf eines Klimatickets mit einem Einkaufsgutschein in der Stadt in Höhe von 80 Euro. Ein Bonus, den Frau Taschwer gerne annimmt, wie auch die Tatsache, dass das Klimaticket nun 13 Monate gilt. Wenn es abläuft, wird sie es jedenfalls verlängern. Wie das auch Familie Scheuchenegger aus dem Mühlviertel machen wird, die ihre Klimatickets schon seit Oktober 2021 hat.

"Von da an hat sich unsere Mobilität sehr geändert", sagt Frau Scheuchenegger, "denn wir fahren, wenn immer es möglich ist, mit Öffis." Von zu Hause sind es in die eine Richtung 700 Meter bis zur Busstation, in die andere 1300 Meter. Der Bus zum Bahnhof Linz fährt von dort jede Stunde weg – außer am Wochenende.

Die Familie schätzt das Klimaticket, weil es – neben dem Umweltgedanken – bequem ist, einfach mit jedem öffentlichen Verkehrsmittel in Österreich fahren zu können. Dass diese Fahrten manchmal länger dauern als mit dem Auto, stört Frau Scheuchenegger nicht. "Wenn wir zur Tochter nach Graz fahren, brauchen wir mit den Öffis etwa doppelt so lange wie mit dem Auto. Aber ich genieße das, denn da kann ich hin und retour ein Buch lesen. Wir sind in Pension, wir haben Zeit."

Zwei ältere Damen am Bahnsteig, lachend und mit Fahrplänen beschäftigt.
85 Prozent aller Menschen, die ein Klimaticket besitzen, verlängern dieses nach Ablauf der Gültigkeit, 65 Prozent der Besitzerinnen und Besitzer bewerben das Klimaticket sogar aktiv.
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Ein Auto hat die Familie bereits verkauft, weil sie es nicht mehr braucht, gleichzeitig "sind wir heute mobiler als vor dem Klimaticket". In Wien hat das Ehepaar neue Grätzel entdeckt, weil es Ausflüge mit der U-Bahn oder Straßenbahn gemacht hat. Sogar nach Linz fahren die beiden kaum noch mit dem Auto. "Ich lege mir meine Termine bei der Friseurin oder Ärztin so, dass ich mit den Öffis hinkomme und keine langen Wartezeiten habe. Damit erspare ich mir die Suche nach einem Parkplatz."

Nur ein Problem machen Frau und Herr Scheuchenegger aus: Ein Fahrrad mitzunehmen ist in den Öffis unnötig kompliziert. Aus einem übervollen Zug wurden die beiden noch nie gebeten. Auf längeren Strecken oder wenn sie mit den Enkerln unterwegs sind, reservieren die beiden stets ihre Sitzplätze, auch wenn das oft gar nicht nötig wäre.

Darum reserviert Christa Fuchs nie einen Sitzplatz, obwohl sie etwa 25-mal im Jahr zwischen Wien und Vöcklabruck hin und her reist. Auch sie kennt das Problem, dass die Kombination aus Menschen mit Klimaticket und Pendlern für übervolle Züge sorgen, nicht. Nur freitags, auf dem Weg nach Wien, schoppt es sich manchmal ab St. Pölten.

Steigende Nachfrage im Fernverkehr

Doch es stimmt, die Anzahl der mit dem Zug reisenden Personen hat seit der Einführung des Klimatickets zugenommen. Heute fahren rund 20 Prozent mehr Menschen als im Rekordjahr 2019 im Fernverkehr, heißt es von der ÖBB. Besonders betroffen davon seien aber weniger die typischen Pendlerzüge als viel mehr die Verbindungen von und nach Deutschland wie auch die Nachtzüge.

Lieber als mit der ÖBB fährt Frau Fuchs aber mit der Westbahn, "Ich bin vor dem Klimaticket immer mit der Westbahn gefahren, weil sie günstiger war", erklärt sie und erinnert sich, dass "am ersten Tag der Haselsteiner selbst präsent war".

In Wien nutzt sie das Auto nur, wenn etwas zu transportieren ist, das Auto in Vöcklabruck braucht sie schon eher – weil eben Land. Und für den Weg ins Kremstal, wo nur dreimal am Tag ein Bus hinfährt. Aber das Klimaticket wird auch sie verlängern, wenn es ausläuft. Auch deshalb, weil so ja schon die Jahreskarte für ganz Wien mit dabei ist. (Guido Gluschitsch, 27.7.2023)