Ramallah / Jerusalem / Tel Aviv – Israelische Soldaten haben nach palästinensischen Angaben bei Konfrontationen einen 14-Jährigen im besetzten Westjordanland erschossen. Der Jugendliche sei durch einen Schuss in den Kopf tödlich verletzt worden, teilte das palästinensische Gesundheitsministerium in der Nacht auf Donnerstag mit. Nach Angaben des israelischen Militärs war es während einer Razzia zu Ausschreitungen gekommen.

Scheibe mit Schusslöchern.
Bei israelischen Militäreinsätzen wurden dieses Jahr bereits 165 Palästinenser getötet.
IMAGO/Mohammed Nasser \ apaimage

Es seien Steine und Molotowcocktails auf die Einsatzkräfte geworfen worden, hieß es in einer Mitteilung. Daraufhin sei mit Schüssen reagiert worden. Der Vorfall wird demnach untersucht.

Die Lage in Israel und den besetzten palästinensischen Gebieten ist seit langem extrem angespannt. Regelmäßig kommt es im Westjordanland zu tödlichen Zusammenstößen zwischen dem israelischen Militär und Palästinensern. Zudem gibt es vermehrt Berichte über Gewalt israelischer Siedler gegen Palästinenser und israelische Aktivisten.

165 Palästinenser bei israelischen Einsätzen getötet

Insgesamt kamen in diesem Jahr bereits 165 Palästinenser bei israelischen Militäreinsätzen, Konfrontationen oder nach eigenen Anschlägen ums Leben. Bei einem Großteil handelt es sich um bewaffnete Kämpfer, unter den Toten bei Militäreinsätzen sind jedoch auch unbeteiligte Zivilistinnen und Zivilisten. Im gleichen Zeitraum wurden 25 Menschen bei Anschlägen getötet.

Israel hatte 1967 das Westjordanland und Ostjerusalem erobert. Völkerrechtswidrig leben dort heute mehr als 600.000 israelische Siedlerinnen und Siedler. Die Palästinenserinnen und Palästinenser beanspruchen die Gebiete für einen unabhängigen Staat Palästina mit dem arabisch geprägten Ostteil Jerusalems als Hauptstadt.

Tempelberg-Besuch "gefährliche Provokation"

Israels rechtsextremer Minister für Nationale Sicherheit, Itamar Ben-Gvir, besuchte unterdessen erneut den Tempelberg in Jerusalem und sorgte damit für Kritik. Das jordanische Außenministerium und die Palästinenserbehörde verurteilten den Besuch am Donnerstag als gefährliche Provokation. Auch aus der Türkei kam Kritik.

Israelischen Medienberichten zufolge kam Ben-Gvir Donnerstagfrüh anlässlich des jüdischen Fasten- und Trauertags Tisha Beav zu der heiligen Stätte in der Altstadt. Es ist bereits der dritte Besuch des Polizeiministers, seit er im Amt ist. Seine vorherigen Besuche hatten international heftige Kritik ausgelöst. Von palästinensischer Seite werden sie als gezielte Provokation gesehen.

Tempelberg für beide Religionen heilig

Der Tempelberg (Al-Haram al-Sharif) mit dem Felsendom und der Al-Aksa-Moschee ist die drittheiligste Stätte im Islam. Sie ist aber auch Juden heilig, weil dort früher zwei jüdische Tempel standen. Der Tempelberg steht unter muslimischer Verwaltung, während Israel für die Sicherheit zuständig ist. Laut einer Vereinbarung mit den muslimischen Behörden dürfen Juden die Anlage besuchen, dort aber nicht beten. Dagegen gibt es jedoch immer wieder Verstöße.

Ben-Gvir hatte diese Vereinbarung in der Vergangenheit als "rassistisch" und Diskriminierung gegen Juden kritisiert. Die Palästinenser befürchten, Israel wolle seine Kontrolle der heiligen Stätte ausweiten. Ben-Gvir sagte laut Medienberichten am Donnerstag: "Dies ist der wichtigste Ort für das Volk Israel, an den wir zurückkehren müssen, um zu zeigen, dass wir regieren." Zu Tisha Beav betrauern religiöse Juden die Zerstörung der beiden antiken Tempel in Jerusalem. (APA, 27.7.2023)