E-Biker fährt mit seinem Fahrrad den Berg hinunter.
Pedelecs prägen längst das Bild auf den Bergen, trotzdem sind die Vorbehalte gegenüber motorunterstütztem Radeln immer noch groß, wie im aktuellen Alpenverein-Podcast diskutiert wurde.
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Innsbruck – Unter dem Titel Basecamp produziert der Österreichische Alpenverein (ÖAV) einen Podcast rund um alpine Themen. In der neuesten Folge dreht sich alles um das E-Mountainbike, das gerade in der Bergsportszene noch immer für emotionale Diskussionen sorgt. Doch was ist dran an diesen Vorbehalten? Worauf beruhen sie, und inwiefern sind sie gerechtfertigt oder eben nicht? Um dem auf den Grund zu gehen, lud Gastgeber und Moderator Florian Rudig den Mountainbike-Koordinator des ÖAV, René Sendlhofer-Schag, Mountainbike-Pionier und Trailbauer Christian Piccolruaz sowie den Autor dieser Kolumne, Steffen Kanduth, zum Gespräch. Und so viel vorweg: Keiner der genannten kann die Ressentiments gegenüber E-Mountainbikes wirklich nachvollziehen.

Auch auf Verbraucherseite sprechen die Verkaufszahlen eine deutliche Sprache pro E-MTB. 49 Prozent aller in Österreich verkauften Fahrräder sind heute E-Bikes. Und wer regelmäßig mit dem Mountainbike unterwegs ist, weiß, dass viele dieser Pedelecs Mountainbikes sind. Mit dem Analograd ist man heute oft schon der Exot auf der Alm. Was aber mitunter positive Nebeneffekte hat, wie im Podcast erklärt wird. Denn die Vorbehalte gegenüber E-Mountainbikes führen dazu, dass klassische Mountainbiker mittlerweile als "die wahren Biker" beklatscht werden, wenn sie sich schwitzend den Berg hochquälen. Ein Zuspruch, der früher seltener war, ist sich die Runde einig.

"Nicht aus eigener Kraft"

Doch woher rührt nun die oft gehörte Ablehnung gegenüber elektrisch unterstützten Rädern? Sendlhofer-Schag zieht den Vergleich zu anderen Sportarten: "Beim E-Mountainbiken ist Bergsport aus eigener Kraft nicht erfüllt. Anders als bei anderen Bergsportarten, die Aufstiegshilfen nutzen, wie etwa dem Skifahren oder beim Wandern, wenn dazu ein Lift benützt wird, findet die Unterstützung beim E-Mountainbike direkt bei der Bewegung statt." Er denkt, dass dieser kleine, aber feine Unterschied die Pedelecs in den Augen mancher zu Feindbildern werden lässt.

Der Mountainbike-Pionier und mittlerweile begeisterte E-Biker Piccolruaz glaubt wiederum an tiefer sitzende Gefühle als Ursache für die Ablehnung: "Ich denke, dass es vor allem Menschen sind, die anderen oder sich selbst etwas beweisen müssen. Erst wenn man da drübersteht und einfach nur Spaß an der Sache an sich hat, dann funktioniert das E-Mountainbike für einen." Die Gelassenheit habe er heute, sagt Piccolruaz, wobei sich manche in seinem Freundeskreis aus ebendiesem Leistungsgedanken heraus wieder vom Pedelec abgewendet hätten.

Die Frage der Nachhaltigkeit

Natürlich durften auch Themen wie Nachhaltigkeit, Preisgestaltung und Fahrsicherheit nicht fehlen. Wobei gerade in diesen Zusammenhängen manch Vorbehalt als Mythos enttarnt werden konnte. Denn es gibt heute Pedelecs in allen möglichen Preissegmenten, und manch analoges Fahrrad ohne E-Motor ist heute teurer als ein solides E-Mountainbike. Was die Umweltbelastung angeht, wurden diverse Argumente eingebracht, die den nicht zu leugnenden Fußabdruck, den ein solches Elektrofahrrad hinterlässt, dann doch ein wenig relativieren. Ob diese Argumente überzeugend sind, muss jeder und jede für sich selbst beurteilen.

Einig war sich die Runde darin, dass die technische Entwicklung in Sachen E-Mountainbikes voranschreitet und nicht mehr aufzuhalten oder gar umzukehren ist. Die Angst, dass E-Motoren Menschen an Orte in den Bergen bringen, wo sie sonst nicht fahren würden, hielten die Diskussionsteilnehmer aber für übertrieben. Denn die überwiegende Mehrheit nutzt das Pedelec ganz einfach dafür, um über einen Forstweg ein Ausflugsziel zu erreichen. Das mag an Hotspots eine Lenkung der Besucherströme nahelegen, mit Verboten sei dieser Entwicklung aber nicht mehr beizukommen.

Und so lautete das Fazit nach fast einer Stunde Diskussion rund ums E-Mountainbike, dass die Aufgeregtheit fehl am Platz sei und man gut daran täte, die Pedelecs als willkommene Erweiterung des Mountainbikesports zu erachten und zu behandeln. Denn letztlich sind die Erholung und der Spaß in der Natur etwas, das allen Bergliebhabern gemein ist. Egal ob zu Fuß, am Analog- oder E-Mountainbike. (Steffen Kanduth, 28.7.2023)