Nehammer warnt auf Salzburg Summit vor Deindustrialisierung Europas
Industrie, Forschung und Innovation müssten weiter möglich sein, damit Österreich wettbewerbs- und konkurrenzfähig bleibe, so Nehammer.
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Salzburg – ÖVP-Bundeskanzler Karl Nehammer hat sich am Donnerstag beunruhigt gezeigt, dass Österreich und die EU in einer globalisierten Welt in Wettbewerbsnachteil geraten könnten. In einer Rede am Salzburg-Summit, einer von der Industriellenvereinigung getragenen Wirtschaftskonferenz im Zuge der Salzburger Festspiele, warnte er am Nachmittag vor Überregulierung und der Gefahr der Deindustrialisierung Europas. Zugleich stellte er sich erneut gegen die Idee einer Arbeitszeitverkürzung.

"Was passiert, wenn der IRA der USA für Unternehmen interessanter ist als die Förderprogramme der europäischen Industrie?", fragte Nehammer. Die EU fürchtet, dass der 2022 von den Vereinigten Staaten verabschiedete Inflation Reduction Act (IRA) angesichts günstigerer Energiepreise und attraktiver Subventionen zu einer Abwanderung von zukunftsorientierten Investitionen führen könnte. "Wenn wir über Deindustrialisierung sprechen, dann geht das nicht abrupt, sondern schleichend und unauffällig. Produktionsstandorte verlagern sich, Schließungen erfolgen, und auf einmal sind wir zwar immer noch ein schönes Land, aber eines, das auf viele Besucher hoffen muss", betonte der Bundeskanzler.

Arbeit und Leistung im Zentrum

"Industrie, Forschung und Innovation müssen weiter möglich sein, damit man wettbewerbs- und konkurrenzfähig bleibt. Wir müssen raus aus der Defensive." Das hieße zuallererst, dass es keine Denkverbote und Dogmen geben dürfe. Dabei stellte sich Nehammer etwa klar gegen eine Arbeitszeitverkürzung. "Viele, die das fordern und aus dem sozialdemokratischen Milieu kommen, sollten das überdenken. Wenn ich weniger arbeite, gibt es auch weniger solidarischen Ausgleich", sagte der Bundeskanzler. "Life-Work-Balance, Work-Life-Balance, Life-Life-Balance und trotzdem Balance wird nicht gehen." Der Wohlstand Europas basiere auf Arbeit, es gelte Arbeit und Leistung für die Identifikation mit der EU wieder ins Zentrum der Diskussion zu stellen.

Darüber hinaus sei es ein Fehler, den Klimawandel und seine Folgen zu negieren. "Wer aber hierzulande aufs Elektroauto umsteigt, sorgt nicht für weniger Hagel in Österreich. Diesen Unsinn müssen wir aufklären." Klima sei global, nicht national. Die EU müsse darum auch auf Nordamerika, China oder Indien schauen. "Wenn wir in einer globalisierten Welt als Europäer Marktrelevanz beweisen wollen, müssen wir uns mit dem Tun der anderen beschäftigen." Dies sei keine Entschuldigung, Maßnahmen gegen den Klimawandel verspätet umzusetzen. "Die Frage ist, wenn wir uns im Wettbewerb beschränken, ermutigen wir dann andere auch, sich zu beschränken?", so Nehammer vor den Wirtschaftsvertretern. Wolle man den Klimawandel durch Taten verhindern, müsse man europäische Technologie in die Welt exportieren. (APA, 27.7.2023)