Washington – Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hat die von seiner rechtsreligiösen Regierung vorangetriebene und von massiven Protesten begleitete Justizreform als "kleine Korrektur" bezeichnet. Er habe die Reform auf den Weg gebracht, um "das Pendel" zwischen gewählten Volksvertretern und Richtern des Obersten Gerichts "wieder in die Mitte zu bringen", sagte Netanjahu am Donnerstag gegenüber dem US-Sender ABC. "Wir müssen es korrigieren, und das haben wir gerade getan. Es ist eine kleine Korrektur", sagte er und wiederholte die Äußerung später in einem weiteren Interview mit dem Sender CNN.

Video: Ministerpräsident Benjamin Netanjahu bezeichnete die von seiner rechts-religiösen Regierung vorangetriebene Reform als "kleine Korrektur". Die Proteste dagegen reißen nicht ab
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Das Vorhaben werde als "das Ende der israelischen Demokratie beschrieben", sagte Netanjahu weiter. Er selbst halte dies "für lächerlich". Jeder werde "es merken, wenn sich der Staub gelegt hat", sagte Netanjahu.

Angemessenheitsklausel verabschiedet

Am Montag hatte das israelische Parlament mit den Stimmen aller 64 Abgeordneten der rechtsreligiösen Regierungsmehrheit die sogenannte Angemessenheitsklausel verabschiedet. Sie nimmt dem Obersten Gericht fortan die Möglichkeit, Regierungsentscheidungen als "unangemessen" einzustufen und sie außer Kraft zu setzen.

Die Angemessenheitsklausel ist einer der umstrittensten Bestandteile der Justizreform. Diese zielt darauf ab, die Befugnisse der Justiz und des Obersten Gerichts einzuschränken und die Stellung des Parlaments und des Ministerpräsidenten zu stärken. Kritiker fürchten infolge der Schwächung der Justiz um die Demokratie in Israel. Befürworter argumentieren hingegen mit einer Wiederherstellung des Gleichgewichts bei der Gewaltenteilung.

Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu
"Es ist eine kleine Korrektur", sagt Netanjahu (Archivbild).
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Die Justizreform spaltet die israelische Bevölkerung. Seit mehr als einem halben Jahr protestieren Menschen aus dem gesamten gesellschaftlichen Spektrum landesweit massiv gegen das Vorhaben. (APA, 28.7.2023)