Wien – Gendern in Gesetzen, Verordnungen oder Kundmachungen: Unlängst sorgte das in Niederösterreich für eine breite Diskussion. Diese erreichte nun auch den Bund. Justizministerin Alma Zadić (Grüne) präsentierte einen Gesetzesentwurf in rein weiblicher Form, Männer seien mitgemeint. Sie wolle damit einen Beitrag zu "mehr Geschlechtergerechtigkeit" leisten. Konkret geht es um ein Bundesgesetz zu "flexiblen Kapitalgesellschaften", in denen von Gesellschafterinnen, Mitarbeiterinnen und Geschäftsführerinnen die Rede ist. Am Donnerstag sorgte der Gesetzesentwurf für eine Debatte unter Juristen dahingehend, inwiefern dieser verfassungskonform ist.

Beim Koalitionspartner ÖVP kommt der Gesetzestext in rein weiblicher Form jedenfalls nicht gut an. Das Ministerium betonte zwar, dass das Vorgehen mit der ÖVP abgesprochen gewesen sei. Generalsekretär Christian Stocker (ÖVP) betonte aber nun im Ö1-"Morgenjournal": "Ich wüsste nicht, welchen Beitrag das zu einer geschlechtergerechten Sprache leisten soll. Ich halte das für keine Verbesserung." Es sei bloß der Versuch, "ein Sommerloch" zu füllen, wie Stocker es bezeichnet. Seiner Ansicht nach wäre es besser, beide Geschlechter im Gesetzestext anzuführen.

Generalsekretär Christian Stocker (ÖVP) spricht bei einer Pressekonferenz der Volkspartei.
Generalsekretär Christian Stocker (ÖVP) sieht in dem Gesetzestext von Justizministerin Alma Zadić (Grüne) keinen qualitativen Beitrag.
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Aus dem Justizministerium zeigt man sich überrascht über Stockers Kritik, habe man doch das Gesetz in der jetzigen Form schon im Mai mit Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) vorgestellt. Wie üblich sei das Gesetz mit der ÖVP koordiniert und der Gesetzestext vom Koalitionspartner auch freigegeben worden, heißt es aus dem Büro von Zadić. Die weibliche Form wolle man jedenfalls beibehalten. Ob die ÖVP dem Gesetz so zustimmt, bleibt noch offen. Das sei Teil von weiteren Gesprächen, sagt ein Sprecher auf Nachfrage des STANDARD.

Auch die FPÖ lehnt das Vorgehen der grünen Justizministerin ab. Verfassungssprecherin Susanne Fürst (FPÖ) hält es für "anmaßend, die deutsche Sprache derart zu verunstalten". Es sei laut Fürst allgemein bekannt, dass die männliche Form auch Frauen inkludiere. Mit der rein weiblichen Form würde man aber die Männer ausgrenzen, betont Fürst.

SPÖ lobt Gesetzestext

Begrüßt wird der Gesetzestext hingegen von der SPÖ. Sprache schaffe Realität, und "es macht Sinn, Frauen sichtbar zu machen", sagt Klubobmann-Stellvertreterin Eva-Maria Holzleitner (SPÖ) ebenfalls im "Morgenjournal". Sie fordert von der Bundesregierung aber "echte Maßnahmen" in der Frauenpolitik, darunter ein Lohntransparenzgesetz und eine gerechte Karenzzeitverteilung auf Frau und Mann. Auch die Neos sehen die Vorgehensweise von Zadić grundsätzlich positiv, man bevorzuge aber die neutrale Form oder Doppelnennungen, sagt Justizsprecher Johannes Margreiter (Neos).

Die Grünen versuchen zu beruhigen. "Fürchtet euch nicht vor inklusiver Sprache", betont Frauensprecherin Meri Disoski (Grüne). In der Vergangenheit seien Gesetzestexte in rein männlicher Form geschrieben worden, "jetzt regt es auf, wenn ein Gesetz in weiblicher Form verfasst wird", meint Disoski. Sie hofft auf weitere Gesetzestexte in rein weiblicher Form.

Gesetz mit weiblicher Form in Kärnten

Bei dem Gesetzestext des Justizministeriums handelt es sich nicht um den ersten in weiblicher Form verfassten, worauf Andreas Schäfermeier, Pressesprecher von Kärntens Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ), auf Twitter hinwies. Er verwies auf das im Dezember 2011 kundgemachte Kärntner Gemeindemitarbeiterinnengesetz. In diesem Gesetz wird ausschließlich die weibliche Form angewandt und festgehalten, dass beide Geschlechter gleichermaßen gemeint sind. Es entstand unter dem damaligen Landeshauptmann Gerhard Dörfler (FPK), Landesrat Josef Martinz (ÖVP), Landesrätin Beate Prettner (SPÖ) und Landesrat Christian Ragger (FPK). (Max Stepan, 28.7.2023)