Ein aktueller Lebensmitteltest im Auftrag von Foodwatch Österreich bringt pikante Resultate zutage. Die unabhängige Organisation ließ Proben von zehn bekannten Speisesalzprodukten durch das Umweltbundesamt auf Mikroplastik untersuchen. Das Ergebnis: Sieben von zehn Produkten waren mit Mikroplastik verunreinigt. Mit Abstand am stärksten mit Kunststoffpartikeln belastet war das Meersalz aus der Einwegmühle von Kotányi, allerdings erst nach dem Mahlen.

Foodwatch stellte bei dem ­Pro­dukt von Kotányi einen enormen Unterschied zwischen dem Mikroplastikgehalt vor und nach dem Mahlen fest. Davor waren es 240 Mikroteilchen pro Kilogramm, danach 66.000 je Kilo. Unter Mikroplastik versteht man winzige Kunststoffteilchen, kleiner als fünf Millimeter.

Meersalz-Einwegmühle von Kotányi
Das Meersalz aus der Mühle von Kotányi enthielt im Foodwatch-Test nach dem Mahlen deutlich mehr Mikroplastik als davor. Die Firma betont, es gebe kein toxikologisches Risiko.
Lukas Kapeller

Mahlen hat wohl Nebeneffekt

Bei Kotányi betont man auf Anfrage des STANDARD, dass das Mahlwerk der Meersalzmühle "aus einem besonders widerstandsfähigen lebensmittelechten Kunststoff" bestehe. "Unsere Mühle wurde mehrfach von unterschiedlichen externen Gutachtern und Behörden geprüft und aus warenkundlicher und lebensmittelrechtlicher Sicht als verkehrsfähig eingestuft", heißt es aus dem niederösterreichischen Traditionsunternehmen. Insbesondere auch das Mahlwerk entspreche allen rechtlichen Anforderungen. Ein Abrieb, "der mit bloßem Auge nicht wahrnehmbar ist", sei dennoch "nicht gänzlich auszuschließen".

Bei Foodwatch sieht man klare Hinweise, dass dies so sei. Der si­gnifikant höhere Mikroplastik­anteil bei der Kotányi-Mühle im Vergleich zu Konkurrenzsalzen entstehe gerade durch das Mahlen, hätten die Laborergebnisse des Umweltbundesamtes nahegelegt. "Man kann wirklich davon ausgehen, dass der Eintrag durch die Mühle erfolgt ist", sagt Foodwatch-Leiterin Lisa Kernegger zum STANDARD.

Es lasse sich aber vermuten, "dass das ein allgemeines Problem von Mühlen ist". Von Einwegsalzmühlen sei Kundinnen und Kunden daher abzuraten. Getestet wurde von Foodwatch nur jene von Kotányi.

STANDARD-Grafik zu Mikroplastik in Salzen
Diese zehn Speisesalzmarken ließ Foodwatch Österreich testen. Drei davon enthielten kein Mikroplastik – allesamt Steinsalze.
DER STANDARD

Eine Prise Plastik

Das Umweltministerium ließ Salzprodukte im Jahr 2021 allerdings schon einmal auf Mikroplastik unter­suchen. 19 von 20 untersuchten Salzen enthielten solche Teilchen. Und: Salz aus Plastikmühlen wies höhere Werte auf, was wahrscheinlich auf den Abrieb beim Mahlen zurückzuführen sei, hieß es aus dem damals ebenfalls beauftragten Umweltbundesamt. Die Er­gebnisse wurden aber anonymisiert, was Foodwatch kritisiert. Das bringe den Konsumentinnen und Konsumenten nichts.

Bei Kotányi ist man mit dem Testprozedere von Foodwatch nicht glücklich. "Es ist uns wichtig zu betonen, dass bei dem von Foodwatch beauftragten Test unsere Mühle als einziges Produkt mit Produkten, die nicht vermahlen wurden, verglichen wurde. Vielmehr wäre ein direkter Vergleich unterschiedlicher Salzmühlen sowie eine Gegenüberstellung mit anderen Eintragsquellen interessant gewesen", heißt es.

Foodwatch-Chefin Kernegger sagt dazu, dass man keinen Vergleich von Salzen beabsichtigt habe, sondern "beliebte Salzprodukte aus dem Supermarkt" gekauft und getestet habe. "Wir haben nichts verglichen, sondern wir haben gemessen und dann den Leuten transparent kommuniziert, wie viel Mikroplastik jeweils drinnen ist", sagt sie.

Kunststoffteilchen im Meer

Welche Produkte nach dem Kotányi-Meersalz aus der Mühle die höchsten Mikroplastikmengen enthielten: "Sal de Ibiza Fleur de Sel" hatte 5400 Partikel, "Bad Ischler Kristallsalz Streuer Fein & Jodiert" enthielt 290 Partikel, und "Schenkel’s Griechisches Meersalz Fein Gemahlen" wies 250 Partikel auf – jeweils aufs Kilogramm gerechnet. Damit lagen deren Anteile höher als beim getesteten Kotányi-Salz, aber nur vor dem Mahlen.

Drei Produkte waren hingegen frei von Mikroplastik: "Bad Ischler – Tafelsalz", "Salinen Gold – Speisesalz" sowie "Pink Yeti – Himalaya Salz". Alle drei sind Steinsalze. Diese schnitten in Bezug auf Mikroplastik damit deutlich besser ab als Meersalze.

Kotányi: Kein toxikologisches Risiko

Die Frage des STANDARD, ob ­Kotányi plane, an seinen Einweg­mühlen etwas zu verändern, wurde indirekt beantwortet. "Im Vergleich zu Keramik, die auch in Hinblick auf die entstehenden Nanopartikel nicht unumstritten ist, wurden das von uns eingesetzte Mahlwerk und der verwendete Kunststoff speziell für diesen Anwendungsbereich entwickelt und von einem externen, gerichtlich beeideten Gutachter in toxikologischer Hinsicht untersucht." Fazit: Es bestehe kein toxikologisches Risiko für den Menschen. Nach einem geplanten Aus der Einwegmühlen klingt das nicht.

Meersalz enthält häufiger Mikroplastik als Steinsalz
In allen fünf von Foodwatch Österreich getesteten Meersalzen wurde Mikroplastik nachgewiesen.
IMAGO/Zoonar

Auswirkungen noch unklar

In Österreich gibt es keine Grenzwerte für Mikroplastik. Ob oder wie sehr die Teilchen schädlich sein können, sei wissenschaftlich nicht geklärt, sagt Foodwatch-Leiterin Kernegger. Die Med-Uni Wien warnte im Vorjahr: Ein gesunder Darm könne das Gesundheitsrisiko durch Mikroplastik eher abwehren, aber lokale Veränderungen im Magen-Darm-Trakt, etwa bei chronischen Krankheiten oder negativem Stress, könnten für dessen schädliche Auswirkungen anfällig machen. Laut Med-Uni gelangen im Schnitt fünf Gramm winzige Plastikteilchen pro Woche in den Magen-Darm-Trakt. Das entspricht etwa dem Gewicht einer Kreditkarte.

Kerneggers Appell an die Lebensmittelindustrie: "Wenn man noch nicht genau weiß, welche Auswirkungen das Mikroplastik hat, muss das Vorsorgeprinzip gelten." (Lukas Kapeller, 29.7.2023)