Alfred Riedl, Bürgermeister von Grafenwörth und Gemeindebundpräsident ist aufgrund von Grundstücksgeschäften mittels Umwidmungen in die Kritik geraten.
Alfred Riedl war durch das Projekt "Sonnweiher" - 200 Häuser um einen Foliensee in Grafenwörth - in den Fokus geraten. Er steht aufgrund von Grundstücksgeschäften mittels Umwidmungen in der Kritik. Das Amt als Gemeindebundpräsident hat er ruhend gestellt.
APA/EXPA/JOHANN GRODER

Mehr als eine Million Euro soll der Alfred Riedl (ÖVP), Bürgermeister der niederösterreichischen Gemeinde Grafenwörth, bereits mit Umwidmungsgeschäften verdient haben. Auf weiteren Flächen sollen im Zuge des Projekts "Sonnenweiher" 200 Häusern rund um einen angelegten See entstehen. Riedl hat die Grundstücke, auf denen gebaut wird, teils besessen, teils geerbt oder gekauft. Nach der Umwidmung für den Bau im Gemeinderat – dem Riedl vorsteht – stieg der Wert schlagartig.

70 Mal im Grundbuch

Die "Wiener Zeitung" hat nun von dutzenden weiteren Grundstücksgeschäften berichtet: "Auf mehr als 70 historischen und aktuellen Auszügen aus der Gemeinde Grafenwörth steht der Name Alfred Riedl", hieß es zu Recherchen im Grundbuch. Riedl und seine Firma Realitas Grawoe GmbH - deren Miteigentümerinnen seit 2022 auch seine drei Töchter sind - haben demnach zahlreiche Grundstücke in der Gemeinde erworben. Die meisten Flächen habe der ÖVP-Politiker gekauft und an seine Töchter und Enkelkinder verschenkt.

Im Dezember 2020 soll Riedl etwa ein 4.779 Quadratmeter großes Areal, das als Grünland und Eignungszone für die Gewinnung von Sand und Kies gewidmet ist, für 630 Euro vom Bauunternehmen Swietelsky AG gekauft haben. Am 18. März 2023 schenkte Riedl den Grund seinen Kindern und Enkeln, der Wert der Liegenschaft sei im dazugehörigen Vertrag auf 190.000 Euro geschätzt worden. Auf Anfrage bestätigte der Bürgermeister den Kauf, aber nicht die Summe. In der Schottergrube neben dem Grundstück soll der Kiesabbau laut Kaufvertrag Ende 2027 eingestellt werden.

Riedl habe ein vertraglich abgesichertes Vorkaufsrecht für die restlichen Flächen - insgesamt 52.239 Quadratmeter, berichtete die "WZ". Er könne die Gründe um elf Cent pro Quadratmeter kaufen, sollte sie Swietelsky veräußern. Weitere Flächen in Grafenwörth wurden dem Bericht zufolge beispielsweise in Verbindung mit Verlassenschaften erworben.

Rücktrittsforderungen

Riedl ist Chef des Gemeindebundes, derzeit hat er sein Amt ruhend gestellt. Die Opposition kritisiert ihn scharf – und fordert seinen Rücktritt. Die neuesten Enthüllungen hätten das Bild verdichtet, hieß es von der Grünen Generalsekretärin Olga Voglauer in einer Aussendung. "Herr Riedl ist sich selbst am nächsten. An das Wohl der Bürger:innen denkt er - wenn überhaupt - erst an zweiter Stelle“, kritisiert Voglauer. Das sei eines Bürgermeisters "unwürdig" und ebenso für den Gemeindebund. "Es entsteht der Eindruck, als hätte Alfred Riedl nur die eigene Profitmaximierung vor Augen", so die Grüne. Damit schade er dem Ansehen der Bürgermeister über alle Parteigrenzen hinweg.

"Jetzt ist klar, dass Riedl sein Insiderwissen als Bürgermeister und das Vertrauen der Menschen über Jahre missbraucht hat", hieß es von Indra Collini, Landessprecherin der Neos in Niederösterreich, in einer Aussendung. Das Ausmaß der Immobilienspekulation von Riedl zeichne "ein Sittenbild der ÖVP-Landespolitik, das unmoralisch und erschreckend ist". Die Pinke verlangte den sofortigen Rücktritt Riedls. Collini forderte weiters die Landesregierung auf, "für maximale Transparenz zu sorgen und alle Dokumente und Gutachten in der Causa Riedl offen zu legen".

Umweltorganisationen fordern Aufklärung

Kritik gab es auch von Umweltorganisationen. Greenpeace hatte zuvor jene Gutachten des Landes verlangt, die den Bau des Projekts "Sonnenweiher" mit mehr als 200 geplanten Häusern um einen Foliensee in Grafenwörth ermöglicht haben. Verwiesen wurde in dem Schreiben an das Amt der NÖ Landesregierung vom Freitag auf das Umweltinformationsgesetz. "Mega-Bauprojekte, wie das 'Mini-Dubai' in Grafenwörth, befeuern die Bodenzerstörung und damit auch die Klimakrise", sagte Bodenschutzexpertin Olivia Herzog. "Das Land Niederösterreich schreibt die Raumordnungsgesetze und muss Projekte etwa hinsichtlich Bodenverbrauch, Klimawandelanpassung und Wassermanagement prüfen." Herzog bezeichnete es als "schleierhaft, wie ein Projekt, dass aus raumplanerischer und ökologischer Sicht aus dem letzten Jahrhundert stammt, einfach durchgewunken wurde".

Gefordert wurde auch Aufklärung rund um mutmaßlich verschobene Siedlungsgrenzen für das Projekt "Sonnenweiher". "Wenn hier mutwillig wichtige Bodenschutzmaßnahmen ausgehebelt wurden, um Lokalfürsten einen Gefallen zu tun, dann sollten wir ernsthaft über die Raumordnungs-Kompetenzen der Länder reden", meinte Herzog.

Beantragt wird in dem Schreiben, "alle Berichte, Analysen, Gutachten, Informationen, Bescheide und raumordnungsrechtliche Instrumentarien (Rechtsakte), die im Zusammenhang mit den Umwidmungen und dem Bauprojekt des Sonnenweihers in Grafenwörth stehen, vollständig und in elektronisch durchsuchbarer Form zu übermitteln". In Zusammenhang mit weiteren Deals von Riedl wurde außerdem eine Liste aller Grundstücksankäufe sowie Immobilienverkäufe der WET-Gruppe im Zeitraum von Jänner 2017 bis Juni 2023 beantragt.

"Die Liste an Ungereimtheiten und augenscheinlichen Unvereinbarkeiten wird immer länger. Das Land Niederösterreich als Aufsichtsbehörde muss eine unabhängige Untersuchungskommission einsetzen und volle Transparenz herstellen", forderte WWF-Bodenschutzsprecher Simon Pories in einer Aussendung. Darüber hinaus plädierte die Umweltschutzorganisation für strengere Regeln in der Raumordnung auf Bundes- und Landesebene, um den Flächenfraß einzudämmen: "Solange Gemeinden allein über Flächenwidmungspläne entscheiden, wird sich das Problem nicht lösen." (muz, APA, 29.7.2023)