Ausgerechnet der ASKÖ-Verband, diese alte Institution der Arbeitersportbewegung. ASKÖ, das steht für: "Arbeitsgemeinschaft für Sport und Körperkultur in Österreich". Der ehrwürdige "Hacklerverein" also gönnt sich am Traunsee einen elitären Segelklub mit exklusivem Seezugang.

Bild nicht mehr verfügbar.

Über die exklusiven Seezugänge für Segelyachtbesitzer wie hier am Wörthersee ist eine Diskussion entbrannt.
Robert Newald

Davon wusste bisher kaum jemand, bis SPÖ-Vorsitzender Andreas Babler in einem Posting erwähnt hatte: Gut, dass der dortige ASKÖ-Verein "die Nutzung des Traunsees auch für unsere Leute, die nicht mit goldenem Löffel im Mund geboren wurden, ermöglicht". Der See also auch für jene offenstehe, die es nicht so dick haben in der Brieftasche – wie die üblichen Segelyachtbesitzer.

Neos-Abgeordnete Henrike Brandstötter monierte daraufhin, dass der rote Platz am Wasser kein öffentlicher Zugang für alle sei, sondern ein "ASKÖ-Privatstrand nur für Mitglieder – inklusive Marina mit Bootsliegeplätzen für einige wenige Genossen". Es gebe also durchaus Gleichere unter den Gleichen in der SPÖ. "Dazu muss man schon sagen, dass man hier am Traunsee von einem elitären Klub meilenweit entfernt ist. Das ist ein ganz normaler Verein wie andere auch, zu dem jeder und jede einen Zutritt hat", entgegnet ASKÖ-Generalsekretär Michael Maurer.

Betuchte Genossen

Nun mag schon sein, dass sich hier in Gmunden am Traunsee vorwiegend ein kleiner, intimer Kreis an mittlerweile betuchteren Genossen seine Liebe zum Segelsport ausleben kann, aber die Bootgenossen sind nicht die Einzigen, die sich in der Vergangenheit einen exklusiven Zugang zu Österreichs Seen gesichert haben. Es existieren hunderte nicht mit dem ASKÖ verbundene Segelklubs in ganz Österreich. Allein im Österreichische Segelverband, der 1946 gegründet wurde, sind 100 Vereine mit 17.000 Seglern und Seglerinnen registriert.

Neben dem SPÖ-nahen ASKÖ haben aber auch die ÖVP-Sportunion und der überparteiliche Allgemeine Sportverein (ASVÖ) eine Menge Segelvereine unter ihrer Obhut.

Die diversen Segel-, Yacht- oder auch Rudervereine haben an heimischen Seen oder Flüssen Grundstücke gepachtet oder Flächen am Wasser erworben. Überdies halten sich auch andere österreichische Institutionen mit tausenden Mitgliedern wie der Eisenbahnersportverein eigene Segelclubs an heimischen Seen. Ebenso der Polizeisportverein oder der Postsportverein

Die drei großen Bundessportdachverbände ASVÖ, Sportunion und ASKÖ verwalten weit mehr als zwei Millionen Mitgliedschaften. Allein der ASKÖ vereint 4400 eigenständige Vereine unter sich, die Sportunion in etwa 4500, und der ASVÖ als größte Organisation fungiert als Klammer für rund 5400 Vereine.

Wobei die "Seevereine" natürlich nur einen kleinen Aspekt des beinah uferlosen Spektrums an Sportangeboten darstellt, das vom Fallschirmspringen über Capoeira (brasilianische Kampfkunst mit Musik), E-Foilen, Kunstradfahren, Pit-Pat (eine Kombi aus Billard und Minigolf), Segelfliegen bis zum Fischen mit dem Arbeiterfischerverein reicht, der viele Kilometer fließendes Gewässer in ganz Österreich gepachtet hat.

Im Fokus der Verbände stehen natürlich neben der Förderung des Breitensports der Sommer- und Winterspitzensport.

Historisch gewachsene Strukturen

"Man darf nicht vergessen: Die Strukturen der Vereine sind historisch gewachsen", sagt Stefan Grubhofer, Generalsekretär bei der Sportunion, die 1945 gegründet wurde. "Die eigentlichen Wurzeln liegen in der christlich-bürgerlichen Sportbewegung."

Natürlich hätten Vereine des Verbands auch Grundstücke an Österreichs Seen in Pacht, seien dort eingemietet oder Eigentümer, sagt Grubhofer. Ein Gutteil der Vereinskosten werde über Mitgliedsbeiträge gedeckt, vieles laufe über Sponsorengelder, die Basis bilden die Bundessubventionen. "Nicht zu unterschätzen ist die Freiwilligenarbeit der Mitglieder", sagt Grubhofer. "Es sind zum Teil natürlich wunderbare Anlagen, nicht nur am Wasser, die erhalten werden müssen. Die könnte sich der Staat allein nie leisten."

Die Seegrundstücke seien aber ausschließlich zur Ausübung diverser Sportarten vorgesehen: Tauchen, Segeln, Kajak, Rudern, Angeln. "Da geht es nicht um goldene Löffel", sagt Grubhofer. Alles laufe auf einer Vereinsstruktur, der Verein habe auch die Haftung. Das sei mit ein Grund dafür, dass "kein breiter Zugang" möglich sei. Natürlich gebe es auch elitäre Golf- Ski- oder Segelvereine. "Aber es sind grundsätzlich alle eingeladen, Mitglied der Vereine auch an den Seen zu werden", sagt der Sportunion-Manager.

Apropos Historie – da möchte ASKÖ-Generalsekretär Michael Maurer noch etwas hinzufügen: Maurer erinnert daran, dass sich vor weit mehr als 100 Jahren Arbeiter und Arbeiterinnen zu Sportgruppen organisiert hatten, um gemeinsam zu wandern, zu schwimmen, Fußball zu spielen oder Radausfahrten zu machen. Die "Radsektion" war denn auch die Ausgangsbasis für den heutigen Autoklub ARBÖ. "Man wollte damals einfach den Arbeitern die Möglichkeit schaffen, sich sportlich zu betätigen." Vor rund hundert Jahren habe es jedenfalls so etwas wie eine Zweiteilung gegeben: die Arbeitersportvereine und die bürgerlichen Sport- und Kulturvereine. Tennis versus Fußball. Selbst beim Wandern teilte sich die Welt: Die Roten gingen als Naturfreunde in die Berge, die Schwarzen als Alpenverein. Das gilt bis heute.

Ferienimmobilien

Der Vorstandschef des steirischen Landeskonzerns Energie Steiermark und Präsident des mitgliederstärksten Sportverbands ASVÖ, Christian Purrer, will die "Seediskussion" etwas relativieren. Selbstverständlich habe auch sein Dachverband beziehungsweise seine Vereine Liegenschaften, etwa am Attersee, Neusiedler See oder Wolfgangsee. "Dass auch der ASKÖ ein Segelgrundstück hat, hat mich aber schon ein wenig verwundert, weil der Segelsport schon von der Geschichte her ziemlich bürgerlich ist. Das kann sich ja nicht jeder leisten. Es sind eher Gutsituierte, die diesen Sport ausüben. Das ist eher etwas für die Klientel der Union oder auch des ASVÖ", sagt Purrer. Für seinen Verband spiele der Spitzensport, die sportlichen Wettbewerbe, im Gegensatz vielleicht zum ASKÖ und vor allem der Sportunion, weniger eine Rolle. "Uns geht es um Prophylaxe und darum, dass die Leute sich bewegen", sagt Purrer.

Sein Konzern habe für seine Mitarbeiterinne und Mitarbeiter in der Vergangenheit auch eigene Ferienimmobilien geführt – damit die Belegschaft zu günstigen Konditionen Urlaub in den Bergen machen könne. "Da dieses Angebot aber zunehmend von den gleichen Leuten, die keine Unterstützung brauchen, genützt wurde, wurden die Immobilien verkauft", sagt Purrer.

Nun aber komme man in der Energie Steiermark wieder langsam zur Ursprungsidee zurück. Es werde überlegt, Ferienobjekte anzumieten, "um junge Mitarbeiter zu unterstützen, im Betrieb zu halten und mit dieser Geste vielleicht auch neue Fachkräfte zu gewinnen", sagt Purrer. (Walter Müller, 1.8.2023)