Wien – Die Begutachtungsfrist für die geplanten Änderungen bei der Elternkarenz geht am Mittwoch zu Ende. Darin vorgesehen ist unter anderem, dass die volle Bezugszeit von 24 Monaten nur dann genutzt werden kann, wenn der zweite Elternteil zumindest zwei Monate in Karenz geht. Häufiger Kritikpunkt in den Stellungnahmen ist, dass der Entwurf zu wenig weit gehe. Befürchtet wird auch eine Lücke in der Kinderbetreuung.

Kritiker fordern mehr Kindergartenplätze

Der ÖGB gibt in seiner Stellungnahme etwa zu bedenken, dass die Verkürzung "sicherlich nicht" zu einer besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf beitragen, sondern die Betreuungsprobleme wegen mangelnder Kinderbildungseinrichtungen, insbesondere im ländlichen Raum, noch verschärfen werde. Eine sinnvollere Maßnahme wäre demnach ein Rechtsanspruch auf einen leistbaren Kinderbildungsplatz ab dem ersten Geburtstag oder ein Anspruch auf Elternteilzeit.

Ähnlich sieht es die Arbeiterkammer (AK): Zum einen werde die vorgeschlagene Änderung voraussichtlich "keine signifikante Erhöhung der Väterbeteiligung bewirken", zum anderen ortet auch die AK einen Mangel an Kinderbetreuungsplätzen für unter Zweijährige. Während sich der Städtebund der Kritik am "sehr gering" gehaltenen verpflichtenden Väteranteil anschließt, gibt der Gemeindebund darüber hinaus zu bedenken, dass sich überall dort eine Lücke in der Kinderbetreuung auftun werde, wo Kinder erst mit zwei Jahren in den Kindergarten gehen können – vor allem dann, wenn der Vater "schlicht" nicht die Möglichkeit habe, in Karenz zu gehen.

Vater und KInd
Für Kinder unter zwei Jahren gibt es vor allem im ländlichen Bereich nicht immer ausreichend Betreuungsmöglichkeiten.
Getty Images

Das Netzwerk österreichischer Frauen- und Mädchenberatungsstellen wiederum sieht zwar "einen Schritt in die richtige Richtung", fordert jedoch Begleitmaßnahmen wie den "sofortigen Ausbau von leistbaren, qualitativ hochwertigen, flexiblen" Kinderbetreuungsplätzen in ganz Österreich. Ferner sieht man die zwei Monate zu kurz für einen "langfristigen Effekt". Stattdessen würde man eine verpflichtende Aufteilung im Umfang von mindestens fünf Monaten bevorzugen. Ähnlich fällt auch die Stellungnahme des Dachverbands Familienberatung aus. Ebenfalls ablehnend zeigt man sich beim Dachverband der österreichischen Frauenvereine. Schließlich würden durch die Novelle bestehende Karenzregelungen, von denen in erster Linie Mütter betroffen sind, gekürzt beziehungsweise "bestehende und erkämpfte Errungenschaften" ausgehebelt.

Die wirtschaftsliberale Agenda Austria begrüßt "grundsätzlich" die Neuregelung, plädiert jedoch für eine weitergehende Neuordnung der Karenzzeiten auf maximal ein Jahr für jeden Partner. Einverstanden mit der Neugestaltung der Karenzreglung zeigt sich auch die Industriellenvereinigung.

GÖD: Keine Frauenförderungsmaßnahme

Bedenken hinsichtlich der praktischen Umsetzung äußert dagegen der Dachverband der Sozialversicherungsträger. So scheine etwa die Definition der Alleinerzieher über den gemeinsamen Haushalt schwierig. Aus dem Gesetzeswortlaut gehe nicht klar hervor, mit wem der andere Elternteil nicht im gemeinsamen Haushalt leben dürfe, ob mit dem Kind oder mit dem anderen Elternteil. Außerdem setze die Definition einen Anreiz zu Hauptwohnsitzmeldungen, die von der tatsächlichen Wohnsituation abweichen und schwer prüfbar seien, so die Befürchtung.

Entschieden abgelehnt werden die Änderungen im Mutterschutz- und Väter-Karenz-Gesetz von der Gewerkschaft öffentlicher Dienst (GÖD). Die Verkürzung der Karenzzeit in den Erläuterungen noch als Frauenförderungsmaßnahme darzustellen sei "schärfstens zurückzuweisen", heißt es in der Stellungnahme: "Eine solche Formulierung beruht auf einem völlig antiquierten Frauenbild, das davon ausgeht, Frauen müssten per Gesetz vor ihren eigenen Entscheidungen bewahrt werden." Wenig Freude mit der Kürzung lässt in seiner Stellungnahme auch der Österreichische Landarbeiterkammertag erkennen.

Inakzeptabel ist die Verkürzung auch für den katholischen Familienverband, wiewohl man grundsätzlich eine gerechtere Verteilung der Betreuungsaufgaben zwischen Frauen und Männer begrüße. Und auch der Familienbund steht dem Vorhaben missbilligend gegenüber. Stattdessen würde man ein Modell "24 + 2" bevorzugen.

Positive Bewertung für Verdoppelung des Familienbonus

Überwiegend positiv bewertet wird in den Stellungnahmen hingegen der in der Novelle enthaltene Wegfall der Voraussetzung des gemeinsamen Haushalts bei der Pflegefreistellung für Angehörige. Und auch die darin ebenfalls vorgesehene Verdoppelung des Familienzeitbonus wird begrüßt.

Wie viele Väter in Karenz gehen ist übrigens nicht bekannt. Zu solchen arbeitsrechtlichen Ansprüchen gebe es keine Statistiken, heißt es bei Frauenministerin Susanne Raab (ÖVP). Bekannt ist demnach nur, wie viele Männer Kindergeld beziehen (was nicht zwangsläufig mit Karenz gleichzusetzen ist) oder den Familienzeitbonus in Anspruch nehmen. Für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer wird das jährlich von der Arbeiterkammer erhoben. Demnach schwankt der Anteil nach Bundesländern stark: Während im Burgenland, in Kärnten, in Vorarlberg und Tirol weniger als ein Zehntel der Väter Kindergeld bezieht, sind es in der Steiermark fast 16 und in Wien 20 Prozent. Höher ist der Anteil laut Frauenministerium beim einkommensabhängigen Kindergeld (bis zu 30 Prozent). Die Bezieher des Familienzeitbonus haben sich seit 2017 von 4.144 auf 9.121 (2022) verdoppelt. (APA, 2.8.2023)