Unbeschrankter Bahnübergang, vor dem Auto steht und durch den gerade ein Cityjet der ÖBB fährt.
2022 gab es 53 Unfälle an Kreuzungen von Bahn und Straße, 48 davon auf unbeschrankten Bahnübergängen. Fast die Hälfte aller Bahnkreuzungen in Österreich ist technisch gar nicht gesichert, hat also weder einen Schranken noch eine Ampel.
Guido Gluschitsch

Als Meilenstein bezeichnete Eisenstadts Bürgermeister Thomas Steiner (ÖVP) die Errichtung der vierteiligen Schrankenanlage in der Eisbachstraße, "denn damit ist der letzte der insgesamt fünf Bahnübergänge im Stadtgebiet beschrankt".

Im Jahr 2020 gab es an dieser Stelle zwei Unfälle. Im September 2020 starben zwei Personen. Umgehend hatte Verkehrslandesrat Heinrich Dorner (SPÖ) eine Verkehrssicherheitsprüfung angekündigt, die dann auch zum Ausbau der letzten unbeschrankten Eisenbahnkreuzung in Eisenstadt führte.

Politisches Geplänkel

Bis zur Fertigstellung im Sommer 2023 blieb noch ausreichend Zeit für politisches Geplänkel zwischen der schwarzen Landeshauptstadt und dem roten Land. So wollte der Bürgermeister erst, dass die ÖBB den Schranken zur Gänze bezahlt, dann sollte das Land mitfinanzieren. Grund dafür war, dass die Gemeinde eine 2018 errichtete Schrankenanlage vollständig selbst bezahlen musste. Im Land verweist man darauf, dass die Finanzierung solcher Projekte klar geregelt ist.

Damit zum Regelwerk: "Die Art der Sicherung an einer Eisenbahnkreuzung wird im Wesentlichen durch die Eisenbahnkreuzungsverordnung vorgegeben", heißt es aus dem Klimaschutzministerium. Die Verordnung sieht auch vor, dass sämtliche bestehenden Eisenbahnkreuzungen durch die jeweils zuständigen Behörden – Klimaschutzministerium oder Land – zu überprüfen sind.

Ein technisch nicht gesicherter Bahnübergang, vor dem nur ein Andreaskreuz steht.
Die technisch nicht gesicherte Bahnkreuzung in Müllendorf im Burgenland ist eine von 1417 in Österreich. Weil bekannt ist, dass hier für gewöhnlich kein Zug durchfährt, wird kaum ein Anrainer vor der Überquerung mit dem Pkw überhaupt langsamer.
Guido Gluschitsch

Will das Land oder eine Gemeinde einen Schranken, muss sie einen solchen beantragen. Wird dieser genehmigt, werden die Kosten zwischen dem Straßenbetreiber – also dem Land oder der Gemeinde – und der ÖBB geteilt. In der Regel übernimmt jeder die Hälfte, aber es gibt auch Ausnahmen, wie man in Eisenstadt gesehen hat.

Die Kosten für eine Schrankenanlage betragen "je nach Bauvorhaben 300.000 bis 500.000 Euro", erklärt ein Sprecher der ÖBB Infra. Möglichkeiten, weitere Anträge zu stellen, gibt es noch ausreichend. Von den 2984 Bahnübergängen der ÖBB im österreichischen Schienennetz sind nur 978 mit einem Schranken gesichert. Das sind 32,8 Prozent aller Bahnübergänge. Von den 2006 Kreuzungen ohne Schranken haben 1417 Bahnübergänge (47,5 Prozent) gar keine technische Sicherung, sondern nur ein Andreaskreuz, dazu manche eine Stopptafel oder eine Temporeduktion.

Nebenstrecken

Die ÖBB verweist darauf, dass die meisten der nicht technisch gesicherten Übergänge auf Nebenstrecken liegen. Die Gefahr eines Unfalls ist dort also geringer – was auch ein Blick in die Unfallstatistik bestätigt.

Von den 53 Unfällen auf Kreuzungen der Straße mit Eisenbahnschienen 2022 passierten 92 Prozent auf unbeschrankten Übergängen, hat der Verkehrsclub Österreich (VCÖ) berechnet. Von den 48 Unfällen auf unbeschrankten Übergängen fanden 18 auf nicht technisch gesicherten Kreuzungen statt, 30 an Übergängen mit einer Lichtzeichenanlage. 2022 starben 17 Menschen bei einem Unfall auf einer Bahnkreuzung, drei auf einer Kreuzung mit Vollschranken, keine Person auf einem Übergang mit Halbschranken, neun bei einer Kreuzung mit Lichtanlage, fünf bei einem nicht technisch gesicherten Übergang. Zwei Drittel der Todesopfer waren Pkw-Insassen.

Zum Vergleich: Im Straßenverkehr registriert die Statistik Austria für 2022 insgesamt 34.869 Unfälle und 370 Personen, die dabei getötet wurden.

Ein unbeschrankter Bahnübergang, dem sich gerade ein Bus nähert
Einen unbeschrankten Übergang mit Schranken zu sichern kostet je nach Bauvorhaben zwischen 300.000 bis 500.000 Euro.
Guido Gluschitsch

Die meisten Unfälle auf Eisenbahnkreuzungen passierten 2022 in Oberösterreich (15), Niederösterreich (14) und der Steiermark (zwölf), kein einziger in Vorarlberg. Während in Oberösterreich laut einer Statistik der ÖBB Infra mit Stand Ende 2021 auf 294 technisch gesicherte Übergänge 447 nicht technisch gesicherte Übergänge kommen, gibt es in Vorarlberg überhaupt nur 29 Übergänge. In Niederösterreich und der Steiermark gibt es ebenfalls mehr Eisenbahnkreuzungen als im Bundesschnitt, was die dort höheren Unfallzahlen erklärt.

In Österreich gibt es mehr Eisenbahnkreuzungen pro Schienenkilometer als im Rest von Europa, allerdings ist die Dichte im Ergänzungsnetz viel höher als im Kernnetz. "Das heißt, es gibt viele Querungen auf Nebenstrecken", erklärt die ÖBB.

Kreuzungen reduzieren

"Erklärtes Ziel ist jedenfalls, die Anzahl der Eisenbahnkreuzungen generell zu reduzieren", heißt es aus dem Klimaschutzministerium. Denn das trage dazu bei, dass die Sicherheit auf der Schiene steige und gleichzeitig die Kapazität erhöht werde, da etwa auf kreuzungsfreien Strecken für Züge höhere Fahrgeschwindigkeiten möglich werden können. "Allein im Zeitraum 2017 bis 2021 konnte die Anzahl der Eisenbahnkreuzungen um insgesamt rund sieben Prozent reduziert werden."

Die ÖBB schaut bei ihrer Berechnung weiter zurück: "Ganz allgemein wurde die Gesamtzahl an niveaugleichen Bahnübergängen seit dem Jahr 2000 nahezu halbiert." Die Anzahl der unbeschrankten Bahnübergänge hat sich von rund 4600 im Jahr 2007 bis heute mehr als halbiert.

Die ÖBB investiert außerdem in die Bewusstseinsbildung. Denn "Hauptunfallverursacher ist stets die Fußgängerin, der Fußgänger, die Lenkerin oder der Lenker und niemals die Eisenbahn, da diese immer Vorrang hat", erklärt das Kuratorium für Verkehrssicherheit (KFV). Das sei auch an den Unfallursachen ablesbar, die mit 87 Prozent Vorrangverletzungen und Rotlichtmissachtungen ausmachen – weit mehr also als Alkohol und Unachtsamkeit.

Und sollte man einmal doch versehentlich zwischen zwei geschlossenen Schranken feststecken, gilt die Empfehlung, einfach mit dem Auto aus der Eisenbahnkreuzung herauszufahren. Für diesen Fall haben die Schranken Sollknickstellen. (Guido Gluschitsch, 3.8.2023)