Gebänderte Prachtlibelle am Ufer der Pinka
Eine Gebänderte Prachtlibelle am Ufer der Pinka im Burgenland. (Belichtungszeit 1/250 Sek., Blende 6.7, Lichtempfindlichkeit ISO 360, Brennweite 300 mm + 1,4 Telekonverter)
Michael Simoner

Zur Rushhour mit der U-Bahn zu fahren kostet Überwindung. All die wildfremden Menschen, die näher herankommen, als einem lieb ist. Keine soziale Distanz. Warten Sie auch manchmal auf den nächsten Zug? Wenn der dann wieder so voll ist, kann es vorkommen, dass ich umdrehe und mal ein Stück zu Fuß gehe. So ähnlich ist es auch bei Insekten. Kommen wir ihnen zu nahe, nehmen sie Reißaus. Die Wahrung der Fluchtdistanz ist das Um und Auf bei Fotosafaris in der Natur.

Aus Libellen werde ich aber nicht ganz schlau. Manchmal sind sie schon auf und davon, wenn ich mich beim Anschleichen in gefühlten zehn Kilometern Entfernung befinde. Manchmal bleiben sie sitzen und lassen sich geduldig aus nächster Nähe beobachten (am frühen Morgen sowieso, wenn der Flugmotor noch nicht warmgezittert ist). Das Schöne an Libellen ist, dass sie immer wieder zu ihren Ansitzen auf Blumen, Blättern oder Gräsern zurückkommen. Man braucht nur ein wenig Geduld.

Zwei verschiedene Arten

Prachtlibellen (Calopterygidae) standen schon länger auf meiner Wunschliste. Und unlängst war es so weit. An den Ufern der Pinka bei Oberwart und der Raab in der Nähe von Jennersdorf flogen sie in großer Zahl umher. Was soll ich sagen, sie tragen völlig zu Recht ihren Namen. Ich hab noch nie prächtigere Libellen gesehen. Die Männchen schillern metallisch blau oder blaugrün, die Weibchen glänzen grün bis bronzefarben. Die Flügel sind mit einem dichten Adernetz durchzogen.

In Mitteleuropa sind nur zwei Arten verbreitet: die Gebänderte Prachtlibelle (Calopteryx splendens) und die Blauflügel-Prachtlibelle (Calopteryx virgo). Sie gehören zu den Kleinlibellen, zählen in dieser Kategorie aber mit einer Flügelspannweite von bis zu sieben Zentimeter zu den Großen.

Flattern wie Schmetterlinge

Wir konnten beide Arten in beiden Habitaten beobachten, aber die große Mehrzahl waren Gebänderte Prachtlibellen. Die Flügel der Männchen sind nicht wie bei den Blauflügel-Prachtlibellen durchgehend blau gefärbt, sondern nur in einem breiten Band in der Mitte; Flügelbasis und Flügelspitze sind durchscheinend. Weibchen haben transparente, grüne bis bräunliche Flügel mit weißen Punkten am Ende aller vier Flügel.

Überrascht war ich vom Flugstil der Prachtlibellen. Während andere Libellen an Hubschrauber erinnern (manche können sogar rückwärts fliegen), flattern die Prachtlibellen eher wie Schmetterlinge umher. Schnell sind sie aber auch.

Starke lokale Rückgänge

Die grazilen Schönheiten bevorzugen Gräser und Pflanzen, die vom Ufer aus schräg übers Wasser reichen. Derartige Ufer wurden in den vergangenen Jahrzehnten immer seltener, weil Bäche und Flüsse häufig mit Pflastersteinen reguliert wurden. Das hat zu starken lokalen Rückgängen der Prachtlibellen (und vieler anderer Insekten) geführt. Doch dort, wo langsam fließende Gewässer renaturiert und Uferböschungen nur selten gemäht werden, gibt es prachtvolle Comebacks.

Beim Fotografieren verwende ich in derartigen Fällen gern Teleobjektive mit einer möglichst geringen Naheinstellungsgrenze. Damit kommt man zwar nicht so nahe ran wie mit Makroobjektiven, aber erstens bleibt eine Fluchtdistanz von rund zwei Metern gewahrt. Zweitens minimiere ich am Ufer das Risiko, dass ich – patschert wie ich bin – ein unfreiwilliges Bad nehme.

Sichtungen melden

Noch ein Tipp: Prachtlibellen sind wichtige Bioindikatoren. Der Naturschutzbund hat ein Citizen-Science-Projekt gestartet, um das Vorkommen im Tullnerfeld zu erforschen. Sichtungen können auf der Plattform naturbeobachtung.at gemeldet werden. Die global aktive US-Initiative inaturalist.org sammelt Meldungen aller Tierarten für wissenschaftliche Zwecke, hier sind bereits mehr als 6,7 Millionen Menschen weltweit vernetzt. (Michael Simoner, 9.8.2023)

Prachtlibelle spreizt Flügel
Die Männchen sind strahlend blau. Das Spreizen der Flügel soll während der Paarungszeit Eindruck machen. (1/500 Sek., f 6.7, ISO 400, 300 mm + 1,4 Telekonverter)
Michael Simoner
Weibliche Prachtlibelle auf einem Blatt
Die Körper der Prachtlibellen sind sehr biegsam. Weibchen sind grünlich bis kupferfarben und haben weiße Punkte an den Flügelenden. (1/500 Sek., f 6.7, ISO 360, 300 mm + 1,4 Telekonverter)
Michael Simoner
Zwei Prachtlibellen nebeneinander
Zwei Prachtlibellen beim Synchronposen – zehn von zehn Punkten! (1/500 Sek., f 5.6, ISO 360, 500 mm)
Michael Simoner
Vergleich zwischen Prachtlibellen, Männchen und Weibchen
Zum Vergleich: oben die männliche Gebänderte Prachtlibelle, unten die weibliche. (1/1000 Sek., f 5.6. ISO 640, 500 mm)
Michael Simoner
Eine Prachtlibelle von oben
Rhapsodie in Blau. Wie bei allen Kleinlibellen liegen die Augen weit auseinander. (1/500 Sek., f 6.7, ISO 400, 300 mm + 1,4 Telekonverter, Crop)
Michael Simoner
Blaue Prachtlibelle auf einem Blatt
Das dürfte eine seltenere Blauflügel-Prachtlibelle sein. Die Flügel haben keine transparenten Bereiche. (1/500 Sek., f 6.7, ISO 125, 300 mm + 1,4 Telekonverter)
Michael Simoner
Eine Prachtlibelle auf einer Brennnessel
Und hier nochmal ein Prachtexemplar der Gebänderten Prachtlibelle auf einer Brennnessel an der Raab. (1/1000 Sek., f 5.6, ISO 900, 500 mm)
Michael Simoner